SBB: «Bei Entgleisung wurden gewaltige Kräfte freigesetzt»
Bei der Entgleisung eines Güterzugwagens im Gotthard-Basistunnel sind am Donnerstag laut Angaben der SBB-Verantwortlichen gewaltige Kräfte freigesetzt worden. Der Güterzug sei mit rund 100 km/h gefahren, sagte Rudolf Büchi, stv. Leiter Infrastruktur.
11.08.2023
Der im Gotthard-Basistunnel verunfallte Güterzug dürfte wegen eines Radscheibenbruchs entgleist sein. Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) hat einige Kilometer vor dem Unfallort Fragmente eines Rads und Entgleisungsspuren gefunden.
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- Seit Donnerstag ist der Gotthard-Basistunnel gesperrt, weil ein Güterzug entgleist war.
- Gemäss der Schweizerischen Untersuchungsstelle (Sust) dürfte ein Radscheibenbruch für die Entgleisung verantwortlich sein.
- Wenige Kilometer von der Unfallstelle entfernt, habe man Fragmente eines Rads sowie Entgleisungsspuren gefunden, meldet die Sust.
Der Güterzug war am frühen Donnerstagnachmittag bei der Multifunktionsstelle Faido verunglückt. Seither seien ein bis zwei Fachleute vor Ort, um die Spuren zu sichern und zu dokumentieren, sagte Christoph Kupper am Sonntag gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Kupper leitet bei der Sust den Bereich Bahnen und Schiffe.
Die Sust hat die Aufgabe, die Ursachen von Unfällen herauszufinden mit dem Ziel, die Sicherheit zu gewährleisten oder zu erhöhen. Alleiniger Zweck der Untersuchung ist somit die Verhütung von Eisenbahn-, Seilbahn- oder Schiffsunfällen, nicht aber die Feststellung von Schuld oder Haftung.
Die Fachleute der Sust näherten sich zu Fuss vom Südportal her mit Taschenlampen bewaffnet dem Unfallort. Einige Kilometer vor diesem hätten sie Fragmente eines Rades und an den Gleisanlagen Entgleisungsspuren gefunden, sagte Kupper. Bei der Multifunktionsstelle seien sie dann auf ungeordnete Güterwagen gestossen.
«Gesund» in den Tunnel gefahren
Die Züge, die von Süden her in den Basistunnel fahren, werden bei Claro TI automatisch durch Zugkontrolleinrichtungen geprüft. Gemäss den vorliegenden Daten sei der Güterzug «gesund» in den Tunnel eingefahren, sagte Kupper.
Die Sust geht deswegen davon aus, dass die Radscheibe des Güterwagens im Tunnel gebrochen ist. Es seien alle Fragmente des Rades sichergestellt worden, sagte Kupper. Es handle sich um mehrere grössere Teile.
Wie es zum Radscheibenbruch kam, sei noch offen, erklärte Kupper. Möglich seien ein äusserer Einfluss oder ein Ermüdungsbruch. Um Klarheit zu schaffen, würden die Radteile metallurgisch untersucht.
Trotz des gebrochenen Rades konnte der Wagen gemäss Kupper noch über mehrere Kilometer vom Zug mitgeführt werden. Bei der Weiche in der Multifunktionsstelle, wo die Züge von der einen in die andere Tunnelröhre wechseln können, driftete der Wagen ab. In der Folge entgleisten alle nach ihm kommenden Wagen, insgesamt über 20 Stück.
Seltener Vorfall
Räder seien «sicherheitsrelevante Teile», sagte Kupper. Sowohl bei der Herstellung wie auch beim Unterhalt gebe es deswegen besondere Vorschriften. Solche Radscheibenbrüche seien «nicht häufig». Einen Fall habe es 2014 bei den Appenzeller Bahnen gegeben.
Zur Arbeit der Sust gehört es auch, vom Wagenhalter die Dokumentationen zur Instandhaltung zu prüfen. Gleiches gilt für die Instandhaltung der Bahninfrastruktur. Es gehe dabei auch darum, gewisse Szenarien ausschliessen zu können, sagte Kupper. Angesichts der Schadenhöhe dürfte der Unfall auch ein Haftungsthema werden, was jedoch nicht Aufgabe der Sust sei.
Untersuchung bei hohen Temperaturen
Die Arbeit im Tunnel bezeichnete Kupper als «speziell». Die Temperatur liege bei 40 Grad, Tageslicht gebe es nicht, die Unfallstelle sei nur über einen längeren Fussmarsch erreichbar.
Vor Ort war auch die Polizei und die Staatsanwaltschaft. Die Arbeiten im Tunnel müssten gut koordiniert werden, sagte Kupper.
Nicht beschädigt wurden bei der Entgleisung die Lokomotive und die vorderen Wagen. Die Sust möchte diesen Teil des Zuges nach Norden verschieben und in Erstfeld UR bei Tageslicht untersuchen.
Die entgleisten Güterwagen hatten in der Multifunktionsstelle das geschlossene Spurwechseltor zerstört. Dieses trennt die beiden Tunnelröhren und wird nur geöffnet, wenn ein Zug das Gleis und damit die Tunnelröhre wechseln muss. Bis der Durchgang zwischen den Tunnels wieder dicht ist, können aus Sicherheitsgründen keine Züge durch den Basistunnel fahren.
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