Augenzeugen erlebten heftige Unwetter«Gegen 0.15 Uhr begann das Haus zu wackeln»
phi
2.7.2024
Tote bei schweren Unwettern in der Schweiz
In den Kantonen Wallis und Tessin lösten Regenfälle und Schneeschmelze Überschwemmungen und Erdrutsche aus. Auch im Nachbarland Italien gab es dramatische Szenen.
02.07.2024
Drei Augenzeugen berichten davon, wie sie im Tessin und Wallis die Unwetter erlebt haben, die die Alpensüdseite heimgesucht haben.
phi
02.07.2024, 12:26
02.07.2024, 12:36
Philipp Dahm
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Gabriele Zeller und Fiorenzo Dadò berichten, wie sich das Unwetter im Val Bavona abgespielt hat.
Daniele Rotanzi und andere haben in Piano di Peccia ein Fussballturnier auf die Beine gestellt, als der Regen ihnen den Spass verdorben hat.
Im Hotel Eden in Saas-Grund wurde ein Deutscher von den Wassermassen überrascht und getötet: Der Besitzer David Burgener erzählt, wie es so weit kommen konnte.
Als sich in der Nacht von Samstag auf Sonntag die Himmelsschleusen öffnen und das Valle Maggia überflutet wird, klingelt das Telefon von Gabriele Zeller. «Ein Freund von mir rief mich an und erzählte mir, dass er mit seinem Auto fast in den Fluss gestürzt wäre», sagt er «Ticinonews».
Zeller hat zu Hause in Sonlerto im Val Bavona gar nicht mitbekommen, wie ernst die Wetterlage geworden ist: «Als ich das Haus verliess, um zu meinem Freund zu gehen, war die Sicht gleich null, und ich sah, wie der Fluss aus den Ufern getreten war.» Zeller musste seinem Kollegen aus dem Wasser helfen.
«Ich sagte, er müsse nah am Berg gehen, damit er der stärkeren Strömung ausweichen kann», erinnert sich Zeller. «Auch nah am Berg war der Bach voll mit Material, aber seine Geschwindigkeit war langsamer. Mein Freund folgte meinen Anweisungen: Er hatte das Wasser bis zu den Knien und die Strömung war schon stark, aber er schaffte es, herauszukommen.»
Im Val Bavona lebt auch Fiorenzo Dadò: «Meiner Familie und mir geht es gut, aber leider können diese Worte nicht von allen gesagt werden», so der Grossrat und Centro-Präsident zu «Ticinonews». Dadò wurde zu Hause vom Unwetter überrascht: «Gegen 00.15 Uhr begann das Haus zu wackeln, das Ganze dauerte etwa zehn Minuten. Wir sahen uns an und es ist unmöglich, dieses Gefühl zu beschreiben.»
Fussballturnier in Piano di Peccia fällt ins Wasser
Daniele Rotanzi hat das Unwetter in Piano di Peccia erlebt, wo er ein Fussballturnier organisiert hat. Anschliessend sollten Konzerte stattfinden, doch zunächst schauten die Kicker den Match zwischen der Schweiz und Italien, das die Nati für sich entschied. «Es gab grosse Begeisterung und den Wunsch, zu feiern. Dann änderte sich alles.»
Die Band Make Plain und Sebalter spielten, doch ein DJ fehlte. Der antwortete auf eine SMS, er sei zwar in Piano di Peccia, komme wegen Wasser auf der Strasse aber nicht durch. «Da wurde mir alles klar», erklärt Rotanzi «tio». Die nächsten drei Stunden schliesst heftiger Regen die Gruppe an Ort und Stelle ein: «Ich habe noch nie so lange eine solche Intensität gesehen.»
Zwischen 1 und 2 Uhr sei es am schlimmsten gewesen: «Nicht weit von uns entfernt stürzte eine Böschung ein. Zum Glück liess die Intensität des Sturms dann nach.» Panik sei nicht ausgebrochen, weil die Gruppe Kontakt zu Feuerwehr und Polizei hatte. Selbst als die Telefone ausgefallen waren, gab es per Funk eine Verbindung zu den Rettern, die aber erst am Sonntag helfen konnten.
«Das ging so schnell»
«Wir hatten Frühstück und Mittagessen vorbereitet, wir hatten genug zu essen», erläutert der Augenzeuge. «Um 17 Uhr kam der erste Helikopter, um uns abzuholen. Um 19.30 Uhr flog der letzte ab.» 300 Personen wurden so evakuiert, doch ein Spieler des Fussballturniers wird noch vermisst. Was für eine «Katastrophe» die Gruppe überstanden hat, sei Rotanzi erst klargeworden, als er wieder zu Hause gewesen sei.
Bei «10vor10» im SRF äussert sich der Besitzer des Hotels in Saas-Grund VS, in dem ein Gast gestorben war. Der 67-Jährige war im Keller von dem Wasser der Rhone überrascht worden. Der Deutsche wollte nur noch schnell seine persönlichen Sachen zusammensammeln.
«Das ging so schnell», sagt David Burgener, der Besitzer des Hotels Eden. «Wir haben probiert, [das Wasser] zurückzuhalten. Dann gab es einen Klatsch und ich wurde bis zum Cheminée zurückgeschleudert. Das ging so schnell, man hat einfach einen Schock.»
Video zeigt Zerstörung im Maggiatal
Heftige Gewitter haben am Wochenende im Maggiatal ein Bild der Zerstörung hinterlassen. Die Tessiner Polizei veröffentlicht ein Video aus dem Rega-Helikopter, welches das gesamte Ausmass zeigt.