Neues Regime ab 1. AugustKantone sehen deutschen Testzwang kritisch, sind aber darauf vorbereitet
Von Andreas Fischer
31.7.2021
Eine strengere Covid-Testpflicht für Einreisende, wie sie in Deutschland ab Sonntag gilt, ist in der Schweiz derzeit nicht geplant. Die Kantone finden das richtig.
Von Andreas Fischer
31.07.2021, 00:00
Andreas Fischer
Ab Sonntag gelten bei der Einreise nach Deutschland strengere Covid-Regeln. Die Bundesregierung hat am Freitag breitere Testpflichten beschlossen, die ab 1. August gelten. Grundsätzlich müssen dann alle Einreisenden ab zwölf Jahren über einen negativen Testnachweis, einen Genesenen-Nachweis oder einen Nachweis einer vollständigen Impfung verfügen – egal, woher und auf welchem Weg sie nach Deutschland kommen.
Generell sind die Nachweise bei der Einreise mitzuführen und bei «stichprobenhaften» Überprüfungen durch die Behörden vorzulegen. Kontrollen aller Einreisenden direkt an den Grenzen sind nicht vorgesehen: An der Schweizer Grenze wird es demnach keine Kontrollstellen geben.
Für Grenzpendler und kürzere Reisen im Grenzverkehr soll es Sonderregelungen geben, die den kleinen Grenzverkehr vereinfachen. Die Testpflicht soll in dem Fall nur bei einer Einreise nach Deutschland aus Gebieten mit hohen Infektionszahlen gelten. Nicht Geimpfte und nicht Genesene müssen zudem nur zweimal pro Woche einen Testnachweis erbringen und nicht bei jeder Einreise, was in den Grenzkantonen für Erleichterung sorgen dürfte.
Berset warnt vor Unsicherheiten durch Ferienrückkehrer
Deutschland verspricht sich von den Massnahmen eine deutliche Verzögerung der vierten Welle. «Es geht darum, die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land zu schützen», sagte Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. «Wir müssen vermeiden, dass es im Herbst wieder zu Situationen kommt wie im letzten Jahr – da hilft uns das Impfen, aber eben auch das Testen.»
Sollte auch die Schweiz die Schrauben anziehen, und Reiserückkehrer stärker in die Testpflicht nehmen? Immerhin hatte sich Alain Berset auf Twitter ob der aktuellen Entwicklung der Corona-Pandemie besorgt gezeigt und eine negative Dynamik in der Pandemie ausgemacht, die unter anderem auf Unsicherheiten durch Ferienrückkehrer beruhe.
📞 zur #COVID19-Lage mit Präsident Lukas Engelberger und weiteren @GDK_CDS-Mitgliedern: Gute Situation, aber negative Dynamik und Unsicherheit (Ferienrückkehrer). Wir verfolgen die Entwicklung sehr eng. Vorerst keine Konsultation zu Massnahmen-Anpassung: https://t.co/T3itHQMU04
Was sagen die Kantone dazu? «Wir sind einverstanden mit der vorsichtigen Lagebeurteilung des Bundes und werden die konkreten Empfehlungen des Bundes im Rahmen der Gesundheitsdirektoren-Konferenz (GDK) diskutieren», antwortet Mediensprecher Valentin Kressler auf eine Anfrage von «blue News».
Aus dem Thurgau tönt es ähnlich: «Wir haben von den Empfehlungen des Bundes Kenntnis genommen. Der Fachstab Pandemie und die Arbeitsgruppe Testen werden diese besprechen», heisst es aus der Staatskanzlei.
Testpflicht würde mehr Aufwand bedeuten
Eine allgemeine Testpflicht für Reiserückkehrer ist für die Schweiz derzeit keine Option, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf Nachfrage von «blue News» knapp mitteilt: «Im Moment sind keine weiteren Massnahmen vorgesehen.»
Man wisse beim BAG auch nicht, wie viele Neu-Infektionen derzeit auf Reiserückkehrer zurückzuführen sind. «Wir verfügen über keine Zahlen dazu», hiess es in der schriftlichen Antwort von Mediensprecher Daniel Dauwalder.
In Basel-Stadt ist man besser informiert und hat in einem Coronavirus-Bulletin über die aktuellen Ansteckungsorte berichtet. Demnach konnten in den vergangenen vier Wochen (29. Juni bis 26. Juli) 27 Prozent der bekannten Ansteckungsquellen im Kanton auf Reisen zurückgeführt werden.
Einer allgemeinen Testpflicht für Reiserückkehrer nach deutschem Vorbild steht das kantonale Gesundheitsdepartement eher skeptisch gegenüber. Vielmehr würde die «Umsetzung einer solchen Testpflicht auch wieder andere Arbeiten erforderlich» machen, so Valentin Kressler.
Als Beispiel nennt Kressler die «Betreuung von positiven Fällen». Kommt hinzu: «ein grosser Aufwand für die Grenzgängerinnen und Grenzgänger, welche nicht geimpft sind, und für die Zollbehörden. Der Effekt in den kleinräumigen Grenzregionen ist eher fraglich.»
Contact Tracing funktioniert
Auch beim Contact Tracing würde das Gesundheitsdepartement im Fall einer Testpflicht keine Entlastung erwarten. Zurzeit sei das Contact Tracing in Basel-Stadt «voll ausgebaut und funktionsfähig», sagt Kressler. «Es bestehen aktuell auch keine Pläne, daran etwas zu ändern.» Mit dem aktuellen Personalbestand könne man «die jetzige Arbeitslast sehr gut bewältigen.»
Im Kanton Thurgau ist das Contact Tracing ebenfalls «sichergestellt». Die «Ressourcen werden entsprechend der Lageentwicklung skaliert», informiert die Staatskanzlei.