Gefahrenstufe «gelb»Brienz droht ein Felssturz in zwei bis sechs Wochen
SDA, uri
5.5.2023 - 15:14
Ein Dorf rutscht ab: «Da rollt grad ein grösserer Block heran» – «Mir macht das Angst»
Als wäre der instabile Untergrund nicht genug, droht jetzt auch noch ein Bergsturz. Brienz kämpft mit den Naturgewalten. Was hat sich im Bündner Dorf zuletzt getan? Und wie sieht die Zukunft aus? Ein Besuch vor Ort.
06.04.2023
Die Lage oberhalb von Brienz GR hat sich verschärft. Experten rechnen mit einem Abbrechen von bis zu zwei Millionen Kubikmetern Gestein in zwei bis sechs Wochen. Die Bewohner*innen müssen ihre Sachen packen.
05.05.2023, 15:14
05.05.2023, 18:06
SDA, uri
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Das Abrutschen von Felsmassen im Bündner Bergdorf Brienz hat sich beschleunigt.
Neu gilt für den Bündner Ort die Phase Gelb.
Mit einem Abbrechen des Teilbereichs «Insel» muss in zwei bis sechs Wochen gerechnet werden.
Die Bevölkerung muss sich schnellstmöglich auf die Evakuierung vorbereiten.
Seit Freitag gilt die Gefahrenstufe «gelb», wie die Gemeinde am Freitag mitgeteilt hat. Beim Eintreten der nächsten Stufe «orange» wird die Evakuierung eingeleitet. Dann haben die Einwohnerinnen und Einwohner von Brienz noch drei Tage Zeit, das Dorf zu verlassen. Deshalb sollen sie jetzt alle Vorbereitungen dazu so rasch wie möglich abschliessen.
Die Rutschungsgeschwindigkeit beim Teilbereich «Insel» oberhalb des Dorfes sei jetzt so hoch wie noch nie. Ob die 2 Millionen Kubikmeter teilweise oder ganz abbrechen werden, könne aktuell nicht vorhergesagt werden.
Am wahrscheinlichsten seien zahlreiche Felsstürze von einigen Tausend bis mehreren Hunderttausend Kubikmetern. Diese wären für das Dorf am harmlosesten. Halb so wahrscheinlich sei ein langsames, aber lange andauerndes Abrutschen als Schuttstrom, der Brienz erreichen und beschädigen könne. Ein grosser, schneller und weitreichender Bergsturz mit mehr als 500'000 Kubikmetern und verheerenden Folgen sei weniger wahrscheinlich, könne aber nicht ausgeschlossen werden.
Rutschung weiter beschleunigt
Noch vor drei Wochen rechneten die Experten mit einem Ereignis im Frühsommer bis Ende des Jahres. Die Rutschung habe sich jetzt aber weiter beschleunigt. Die Mitglieder des Gemeindeführungsstabs müssten jederzeit einsatzbereit sein, hiess es weiter. Für die Betroffenen wurde eine Hotline eingerichtet, an die sie sich vertraulich und kostenlos wenden können.
«Wir - die Gemeinde und der Kanton sind für Euch da, wir lassen euch nicht alleine», sagte der Gemeindepräsident Daniel Albertin den Brienzerinnen und Brienzern an einer Informationsveranstaltung Mitte April. Es würden verschiedene Projektgruppen eine finanzielle Beteiligung und Hilfe bei Umsiedlungen prüfen. Gemäss einer Umfrage von vor zweieinhalb Jahren hätten 17 Personen keine vorübergehende Lösung.
Bei Gefahrenstufe «rot» darf man Brienz nicht mehr betreten
Für die Evakuierung stellten die Behörden den Betroffenen ein Merkblatt zusammen. Es gilt in erster Linie, ein Notgepäck mitzunehmen: Persönliche Dokumente, Geld, Mobiltelefon und Ladegerät, Medikamente, Kleider, Spielsachen für Kinder, kleine Wertsachen und Toilettenartikel.
Das Dorf würde anschliessend von der Kantonspolizei komplett gesperrt. An den mit Betonelementen versperrten Strassen würden Check-Points eingerichtet, die zudem für Sicherheit und möglichen Plünderungen schützen sollen.
Anwohnerinnen und Anwohner sollen je nach Situation die Möglichkeit erhalten, einmal pro Tag während eines Zeitfensters ihre Wohnungen und Häuser zu betreten. Erst bei der Gefahrenstufe «rot» dürfen die Menschen Brienz nicht mehr betreten. Dann wird auch die im Tal verlaufende Bahnstrecke gesperrt.