Neu gewählter NationalratspräsidentEU-Fan Eric Nussbaumer ist jetzt der «höchste Schweizer»
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04.12.2023
Eric Nussbaumer wurde mit einem glänzendem Ergebnis zum neuen Nationalratspräsidenten gewählt. Der Baselbieter SP-Politiker will die Schweiz näher an die EU bringen. Was ist von ihm zu erwarten?
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04.12.2023, 21:21
05.12.2023, 08:05
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Der Baselbieter Eric Nussbaumer (SP) ist am Montag zum Nationalratspräsidenten gewählt worden.
Der 63-jährige Elektroingenieur politisiert seit 16 Jahren in der grossen Kammer und will die Schweiz näher an die EU bringen.
Auch in der Energiepolitik hat Nussbaumer im Parlament Akzente gesetzt.
Als «Euro-Turbo», wie er genannt wird, steht bei Eric Nussbaumer das Verhältnis zur EU ganz oben auf der politischen Agenda. Die Schweiz, sagte der Baselbieter, liege mitten in Europa und lasse sich nicht verschieben.
Nun ist Nussbaumer «höchster Schweizer». Der Nationalrat wählte ihn am Montag zum Auftakt der neuen Legislatur mit 180 von 192 gültigen Stimmen zum Nationalratspräsidenten. «Schön daran sind die vielen Aussenkontakte, der Austausch mit anderen Parlamenten und Regierungen – eine Erfahrung, die man im normalen politischen Leben nicht hat», sagte Nussbaumer auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Aussenkontakte sind für Nussbaumer wichtig. Er ist Präsident der Europäischen Bewegung Schweiz (Nebs), die sich für einen EU-Beitritt der Schweiz einsetzt: «Und so zu tun, als ob die Schweiz tausend andere Optionen hätte, wie sie sich positionieren könnte, scheint mir aus der Luft gegriffen», wird er bei SRF zitiert. «Die europäische Zusammenarbeit und Integration ist grundsätzlich ein Friedensprojekt – und das hat mich immer interessiert.»
Nussbaumer will kein Zurechtweiser sein
Der SP-Politiker schaffte bei den Nationalratswahlen im Oktober die Wiederwahl problemlos und erzielte mit fast 34'000 Stimmen das beste Resultat im Kanton Baselland. Seit 16 Jahren sitzt der schweizerisch-französische Doppelbürger im Parlament. Für ein Jahr ist er jetzt der Chef im Saal.
«Wichtig ist, das Parlament mit all seinen verschiedenen Charakteren zu schätzen», sagte Nussbaumer. «Man muss ja nicht meinen, man sei hier ein Zurechtweiser – das kommt nicht gut an.» Er sehe sich vielmehr in der Rolle eines Moderators.
Nussbaumer hat bereits angekündigt, dass diese seine letzte Legislatur sein wird. Ob das Amt als Nationalratspräsident für ihn auch einen Abschluss bedeutet, wisse er noch nicht. Doch es sei gewiss ein sehr wichtiger Punkt in seiner politischen Karriere.
Kernanliegen erneuerbare Energien und EU
Neben der Annäherung an die EU ist die Energiepolitik Nussbaumers grosses Thema. Letzteres hat auch seinen beruflichen Werdegang begleitet. Als Geschäftsleiter und Berater war er in mehreren Unternehmen im Energiebereich tätig. Seine Mandate als Verwaltungsratspräsident einer Energie-Genossenschaft und einer Elektronikfirma hat er dieses Jahr abgegeben, um sich ganz der neuen Aufgabe zu widmen.
Ein wichtiger Meilenstein der vergangenen Jahre waren für Nussbaumer die gewonnene Volksabstimmung zum Energiegesetz im Jahr 2017, welches die Förderung erneuerbarer Energien und den Atomausstieg verankerte.
Nach dem gescheiterten Rahmenabkommen mit der EU ist dem Mitglied der Aussenpolitischen Kommission (APK-N) besonders wichtig, dass die Schweiz nicht abgehängt wird. So erreichte Nussbaumer dieses Jahr durch einen Vorstoss, dass der Bundesrat künftig über die Mitwirkungsmöglichkeiten bei EU-Kooperationsprogrammen wie etwa Horizon Europe zu informieren hat. Er plädiert dafür, dass die Schweiz bis spätestens im Sommer 2024 ein Abkommen mit der EU abschliessen solle.
Sportbegeisterter Brückenbauer
Seine politische Karriere startete Nussbaumer im Jahr 1992 in der Gemeindekommission seines damaligen Wohnorts Frenkendorf. Ab 1998 war er im Baselbieter Kantonsparlament, im Jahr 2007 schaffte er die Wahl in den Nationalrat. 2013 wollte er in die Baselbieter Exekutive wechseln, unterlag aber seinem SVP-Kontrahenten.
«Er ist ein Politfuchs – er kann Politik», sagt die Baselbieter Ratskollegin Elisabeth Schneider-Schneiter (Mitte) über Nussbaumer. «Er ist ein SP-Politiker, der Brücken baut und daher bis weit ins bürgerliche Lager hinein geschätzt wird.»
Im Parlament war der sportbegeisterte Nussbaumer auch bekannt als Captain des Parlaments-Fussballteams bis 2022. «So wie er als Captain den FC Nationalrat führte, wird er auch den Nationalrat souverän leiten», sagt SVP-Nationalrat Thomas de Courten über seinen Baselbieter Kollegen.