Läderach-Skandal Erstes Opfer spricht öffentlich von Vergewaltigung in Privatschule

Red.

12.10.2023

Kelly G. macht ihre Geschichte öffentlich, um andere Betroffene zu motivieren, es ihr gleichzutun.
Kelly G. macht ihre Geschichte öffentlich, um andere Betroffene zu motivieren, es ihr gleichzutun.
Screenshot: SRF

Nach den Enthüllungen im Läderach-Skandal über eine religiöse Schule in Kaltbrunn SG meldet sich nun eine Frau, die als Zwölfjährige von einer Lehrperson in der Dusche vergewaltigt worden sein soll.

P. Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der DOK-Film über die christliche Privatschule Hof Oberkirch in Kaltbrunn SG hat Kelly G. ermutigt, an die Öffentlichkeit zu gehen.
  • Sie sei dort in den 90ern im Alter von zwölf Jahren von einer Lehrperson in der Dusche vergewaltigt worden, sagt Kelly G.
  • Die Schulleitung habe sie daraufhin der Lüge bezichtigt und sie rausgeworfen.
  • Jürg Läderach will von dem Fall nichts gewusst haben.

«Sie kennt alle, die im DOK-Film mitgemacht haben», beginnt der Beitrag auf «10 vor 10». «Ein Film, der sie erneut aufgewühlt hat.» Die Rede ist von der Dokumentation «Die evangelikale Welt der Läderachs», die in Kelly G. etwas hervorgebracht hat, was die Schweizerin offenbar verdrängen wollte.

Kelly G. kommt 1995 zur christlichen Privatschule «Domino servite» – also «Dienet dem Herrn». Diese ist die in der christlichen Privatschule In Kaltbrunn SG aufgegangen. Die gebürtige Brasilianerin, die von einem Schweizer Paar adoptiert worden war, ist damals elf Jahre alt.

Sie wird damals nicht nur geschlagen, sagt Kelly, sondern auch von einer Lehrperson vergewaltigt, als sie erst zwölf Jahre alt ist. Die Reaktion der Schulleitung? Sie macht angeblich das Opfer zum Täter. «Dann haben sie mir gesagt, dass ich für die Lüge in der ewigen Verdammnis schmoren werde und dass das nie hätte passieren können» erinnert sie sich.

«An dem Tag bin ich von der Schule geflogen»

«An dem Tag bin ich von der Schule geflogen», fährt Kelly fort. Ihren Eltern sei erzählt worden, dass sie lüge und vom Teufel besessen sei. Nun will sie ihr Gesicht zeigen und ihre Geschichte teilen, um anderen Mut zu machen, die Ähnliches erlebt hätten. Bisher habe sie sich nur anonym im Untersuchungsbericht geäussert.

Kelly ist überzeugt, dass die Schulleitung von ihrem Vorwurf gewusst habe – bis hin zu Jürg Läderach. Die betroffenen Personen betonen, davon erst aus dem Untersuchungsbericht erfahren zu haben. «Der von ihnen geschilderte Hintergrund war Herrn Läderach nicht bekannt», teilt der Mediensprecher des Unternehmers.

Dabei ist das, was Kelly als Zwölfjährige in der Dusche der Schule erlebt haben soll, kein Einzelfall. Ein Erwachsener war laut dem Untersuchungsbericht besonders umtriebig: «Die Schulleitung sei mehrfach auf das sexuell grenzüberschreitende Verhalten der Lehrperson aufmerksam gemacht worden», zitiert «10 vor 10» aus dem Dokument.

«Das penetrante Parfüm, rieche ich heute noch»

Dass nichts passiert ist, nähre den Verdacht, dass das Verhalten «von verschiedenen Leitungspersonen gebilligt, toleriert, mitgetragen und jedenfalls nicht beseitigt wurde». Der mutmassliche Täter lässt über seinen Anwalt ausrichten, dass die Vorwürfe unbegründet seien. Kelly G. sagt: «Das penetrante Parfüm, das er gehabt hat, das rieche ich heute noch. Wenn ich das in einem Laden rieche, bin ich draussen.»

Der mutmassliche Täter lehrt nicht mehr an der Schule, besucht aber regelmässig die Gottesdienste im Hof Oberkirch. Man müsse zwischen den Institutionen unterscheiden, sagt Markus Baumgartner, Mediensprecher der Schule und Freikirche vom Hof Oberkirch. Die Kirche stehe allen offen. Dort werde «das Thema Vergebung, das Thema zweite Chance» gelehrt.