Überwachung und schnelles Reagieren – an dieser Corona-Strategie müsse die Schweiz bei weiteren Öffnungsschritten festhalten, sagt Marcel Tanner. Der Epidemiologe über die neue Normalität und Vergleiche mit der Grippe.
Herr Tanner, vier respektive zwei Wochen sind seit den letzten grossen Lockerungsschritten vergangen, die Infektionszahlen sind weiterhin tief: Sind wir über den Berg?
Wir haben gemeinsam sicher vieles erreicht, wie die tiefen Zahlen der neuen Infektionen zeigen. Das weitgehend sehr gute Einhalten der Distanz- und Hygienemassnahmen haben das ermöglicht, und wir dürfen uns darüber freuen. Aber: Wir müssen auch bei weiteren Öffnungsschritten diese Grundmassnahmen beachten und einhalten, damit wir weiter öffnen können. Und wir müssen die neue Normalität leben, das heisst mit dem Virus leben lernen.
Wir sind also sicher über den ersten Berg, doch weitere Berge könnten folgen, falls wir die grundlegenden Massnahmen vergessen und neue Übertragungsherde kreieren und/oder die Überwachung und die zeitnahe Reaktion – die sogenannte Surveillance Response – vernachlässigen.
Zur Person
Foto: STPH
Marcel Tanner ist Präsident der Akademien Schweiz, emeritierter Professor für Parasitologie und Epidemiologie an der Universität Basel und früherer Präsident des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH). Er ist Mitglied der Covid-19 Science Taskforce, – das Expertengremium berät den Bundesrat in der Corona-Krise. Tanner erhielt im April den Ehrendoktor der Uni Zürich.
Ihr Kollege Marcel Salathé meint, im Freien sollte man die Abstandsregeln lockern. Dann wären Konzert- und Badibesuche im Sommer also wieder realistisch?
Ja, mit den weiteren Öffnungsschritten per 8. Juni kann die Abstandsregel sicher überprüft werden. Aber das kann erst Ende Juni der Fall sein, weil wir die Effekte von Öffnungsschritten immer erst mit Verzögerung sehen.
In der aktuellen Phase sei das Contact Tracing ‹matchentscheidend›, hat Bundesrat Alain Berset gesagt. Sehen Sie das gleich?
Sicher, ja. Es geht um Testen, Tracing und Isolation/Quarantäne der positiv getesteten Personen und ihrer Kontakte. Diese sogenannten TTIQ-Punkte bilden das Rückgrat der Strategie aus Überwachen und zeitnaher Reaktion.
Die Erfahrung zeigt aber: Wirte nehmen nur ungern Kontaktdaten ihrer Gäste auf, es gab schon illegale Fussballspiele und eine wilde Partynacht in Basel: So kann doch Contact Tracing nicht funktionieren, oder?
Selbst wenn solche Zwischenfälle geschehen, funktioniert die Strategie. Die Grundmassnahmen und die Surveillance Response helfen, diese Übertragungsnester zu lokalisieren – und das erlaubt uns, sofort zu reagieren. Damit wird es keine flächendeckende zweite Welle mehr geben, sondern allenfalls ein regionales Aufflackern, das man gezielt angehen kann. Damit kommt es zu keinem generellen Lockdown mehr.
«Wir sind sicher über den ersten Berg, doch weitere Berge könnten folgen»
Die Contact-Tracing-App des Bundes startet offiziell erst im Juni – ist das nicht etwas spät?
Es ist gerade noch zeitig, denn dann starten auch die weiteren Öffnungsschritte.
Eine Impfung könnte sogar bis 2021 auf sich warten lassen. Gehören Social Distancing und Schutzmasken bis dahin zwangsläufig zu unserem Alltag?
Ja, die Grundmassnahmen zu Hygiene und Distanz gehören dazu. Das gilt auch für Schutzmasken – nicht im Sinne einer generellen Maskenpflicht, aber selektiv, wo die nötige Distanz nicht eingehalten werden kann. Ich denke da an den Pflegebereich, an Heime oder bestimme Produktionsbetriebe, den Bau oder auch die öffentlichen Verkehrsmittel.
Wie sehen Sie die nun angelaufene Öffnung des Grenzverkehrs zu Deutschland und Österreich: Ist das ein vertretbares Risiko?
Dieser Schritt ist sicher richtig und nötig, und wenn die genannte Strategie funktioniert, dann stellt das kein grosses Risiko dar.
Kaum sind die Fallzahlen wieder tief, werden Stimmen laut, das Virus sei nicht schlimmer als eine schwere Grippe. Was sagen Sie dazu aus epidemiologischer Sicht?
Diese Vergleiche wurden oft angestellt, doch es zeigt sich noch immer, dass die Sterblichkeit rund zehnmal höher ist als bei der saisonalen Grippe. Daran hat sich nichts geändert. Die Risikogruppen sind bekannt, und das Risiko nimmt vor allem im Alter zu. Und wir alle haben gesehen, was es bedeutet, wenn der massive Anstieg der Fallzahlen die Gesundheitsdienste an den Anschlag bringt – und damit auch der gesellschaftliche ‹Schaden› bedeutender ist als bei einer Grippewelle. Dafür muss man nur auf die gegenwärtige Situation in Brasilien, Peru oder in den USA blicken, um zu sehen, dass SARS-CoV-2/Covid-19 sicher bedeutender ist als eine Grippe. Und schliesslich wird bei solchen oberflächlichen Vergleichen vergessen, dass wir bei Grippe über eine Impfung verfügen.
Wo stünden wir denn heute ohne Lockdown-Massnahmen?
Sicher nicht dort, wo wir heute stehen – denn mit dem Lockdown gelang es, die Massnahmen zu überdenken und vor allem das Gesundheitssystem funktionsfähig zu halten, um dann eben die Öffnungsschritte gezielt anzugehen. All das erfolgte nicht planlos und es war immer klar, dass früh, aber schrittweise wieder geöffnet werden muss. Aber es brauchte trotz der gewaltigen wirtschaftlichen und sozialen Belastungen in dieser Situation diesen wichtigen Moment des Shutdown, um wieder aufbauend und vorwärtsblickend vorangehen zu können.
Ist das ein Nachteil der Prävention – dass man eben genau nicht sieht, wie viel Schaden verhindert wurde?
Nein, sicher nicht. Man kann die Effekte der Prävention sehr wohl analysieren und ökonomisch wie sozial bewerten – und das wurde und wird getan, dadurch lernen wir auch. Gerade auch jetzt, wenn wir die Schritte der Öffnung, den Ausstieg, schrittweise planen.
Marcel Tanner hat die Fragen schriftlich beantwortet.
Bilder des Tages
Evakuierungsaktion bei der Seilbahn Lungern-Turren in Lungern im Kanton Obwalden: Wegen einer technischen Panne mussten rund 27 Personen mit dem Helikopter gerettet werden.
Zu zweit durch dick und dünn – und durch heiss und eiskalt: Dieses Liebespaar sprang am Valentinstag in Hamburg ins kalte Wasser.
Fasnächtliche und farbenfrohe Puppen zieren das Dorf Seelisberg im Kanton Uri über die Fasnachtstage. Die Fasnacht 2021 ist im Kanton Uri aufgrund der Corona-Ppandemie praktisch verboten, es duerfen maximal nur 5 Personen unterwegs sein, aber als einer der wenigen Kantone ist in Uri das Spielen von Musikinstrumenten erlaubt. (13.02.2021)
Die Pandabären-Geschwister Paule (r) und Pit (l) spielen in ihrem Gehege im Zoo Berlin im Schnee. (13.02.2021)
Halb Euroopa friert. Diese Heidschnucken in Braunschweig jedoch lassen sich von den frostigen Temperaturen nicht beeindrucken. (13.02.2021)
Sahara-Sand färbt Schnee und Himmel orange im Skigebiet Anzère in der Schweiz.
Menschen drängen sich in der Einkaufsstrasse Via del Corso in Rom nachdem die Corona-Massnahmen gelockert wurden.
Irgendwo dort versteckt sich die A7: Nahe Hannover herrscht dichtes Schneetreiben auf der Autobahn.
Eine Replik der Saffa-Schnecke fotografiert vor der Schweizer Nationalbank während einer Jubiläumsaktion organisiert von Bern Welcome, zu 50 Jahren Frauenstimm- und -wahlrecht. (06.02.2021)
Ein Porträt von Elisabeth Vischer-Alioth wartet darauf, an eine Hauswand geklebt zu werden, während der Vorbereitungen zur Ausstellung «Hommage 2021: Porträts von mutigen Frauen in der Berner Altstadt». (06.02.2021)
Abgeschirmte Speisekuppel. So geht es auch. Im israelischen Jerusalem speisen Restaurantbesucher abgeschirmt von anderen Gästen in einer Kuppel. Israel plant trotz anhaltend hoher Infektionszahlen erste Lockerungen einleiten. (06.02.2021)
Ein überfluteter Platz beim Flussufer in Saint-Ursanne. Der Fluss Doubs trat nach starken Regenfällen über die Ufer. (31.1.2021)
Während einer Demonstration gegen die Inhaftierung von Kremlkritiker Nawalny führen russische Polizisten einen Mann ab. (31.1.2021)
Imposante Kulisse: In Los Angeles können sich die Menschen unter anderem auf dem Parkplatz des Dodger Stadium gegen Corona impfen lassen. (31.1.2021)
Mehr als zwei Kilometer durch den eiskalten Bodensee: Der Extremschwimmer Paul Bieber hat mit seinem Versuch den deutschen Rekord im Distanz-Eisschwimmen gebrochen. Der 37-Jährige schwamm bei unter fünf Grad Wassertemperatur 2210 Meter weit. 43,03 Minuten brauchte er dafür. (30.1.2021)
Gleich zwei Mal binnen 48 Stunden gab es in Raron im Kanton Wallis infolge der Schlechtwettersituation in den letzten Tagen Felsstürze. (30.1.2021)
Vor einem pittoresken Wolkenhimmel zeigt Max Ross auf einer Slackline im Hillcrest Park im kalifornischen Fullerton sein Können. (30.1.2021)
Ein internationales Forscherteam hat auf Madagaskar eine neue Chamäleonart entdeckt, bei der das Männchen lediglich 13,5 Millimeter lang ist. Obwohl das männliche Tier das kleinste unter rund 11‘050 Reptilienarten ist, verfügt es in Relation zur Körpergrösse über die die grössten Genitalien. Der Grund: Eine erfolgreiche Paarung mit den bedeutend grösseren Weibchen wäre sonst nicht möglich. (28.1.2021)
Und dann hatte Hamburg eine Mülldeponie mehr: Im Stadtteil Norderstedt der Hansestadt türmt sich in einem Gewerbegebiet bis zu sechs Meter Müll wie Bauschutt, Teerpappe, Dämmstoffe, Asbest und anderes. Der Unternehmer, der dort bestimmte Stoffe nur zwischenlagern durfte, ist verschwunden. Die Staatsanwaltschaft sucht nun nach ihm. (27.1.2021)
«Minor Canyon»: Schwere Regenfälle haben im kalifornischen Monterey County zu Schlammlawinen, Überschwemmungen und zu dieser beeindruckenden Mini-Schlucht geführt. (28.1.2021)
Gedenken: Die New Yorker Verkehrsbetriebe ehren 136 Mitarbeiter, die am Coronavirus gestorben sind, mit einer digitalen Gedenkstätte an 107 U-Bahn-Stationen – wie hier in der Moynihan Train Hall im New Yorker Stadtteil Manhattan. (29.1.2021)
Schlange an der Notaufnahme: Rettungssanitäter warten vor dem Santa Maria Krankenhaus in Lissabon, um Covid-19-Patienten zu übergeben. Portugal gehört momentan zu den Ländern mit den weltweit höchsten Neuinfektionszahlen im Verhältnis zur Einwohnerzahl. (28.1.2021)
Feuer an der Tankstelle: Die deutsche Rastanlage Hunsrück Ost an der Autobahn A61 ist einer nur knapp einer Katastrophe entgangen, nachdem hier ein Kleintransporter beim Betanken in Vollbrand geriet. Erst die Feuerwehr konnte das Feuer löschen – zuvor hatte der Kassier allerdings richtig reagiert und per Notschalter die ganze Tankanlage ausser Betrieb genommen. (28.1.2021)
Strand ohne Leben: Ein Bademeister arbeitet am leeren Strand von Palma auf Mallorca. Derzeit gibt es Corona-bedingt kaum Touristen auf der Ferieninsel. (28.1.2021)
Da kann man auch grosse Augen machen: Auf einer österreichischen Landstrasse ist eine Waldohreule mit einem Auto zusammengestossen. Der Vogel überstand den Crash mit dem Bruch eines Flügels und wird derzeit auf einer Greifvogelstation aufgepäppelt. (28.1.2021)
Phantompatienten: An der Universität Leipzig warten Dummys mit einem Metallkopf, in den künstliche Gebisse hineingeschraubt werden können, auf Zahnmedizinstudenten. (28.1.2021)
Winston hat das Coronavirus besiegt: Der Gorilla erholt sich im Zoo von San Diego nach einer umfangreichen medikamentösen Behandlung von einem schweren Verlauf seiner Corona-Infektion. Bei dem 48-jährigen Silberrücken Winston waren im Zuge der Infektion eine Lungenentzündung und Herzprobleme aufgetreten. Er wurde daraufhin mit einer Antikörper-Therapie, Herzmedikamenten und Antibiotika behandelt. (26.1.2021)
Auf glühenden Kohlen: Ein Mann produziert im Gaza-Streifen beim dort grössten Produzenten Holzkohle. Als bestes und teuerstes Holz für diesen Zweck gilt das von Zitrusbäumen, aber auch das von Olivenbäumen wird gerne verwendet. (26.1.2021)
Von Ruhe auf einer Parkbank kann hier nicht die Rede sein: Möwen und Tauben schwirren und fliegen um eine Frau in Tokio umher. (26.1.2021)
Schnack beim Snack: Fischer Willy Rivas scherzt im peruanischen Lima mit einem Freund beim Essen in der Fischerbucht in Chorrillos. (26.1.2021)
Banger Blick zum Horizont: Ein freiwilliger Helfer benutzt sein Walkie-Talkie, während er den Vulkan Mount Merapi während einer Eruption überwacht. Der Vulkan, der als einer der gefährlichsten der Welt gilt, ist erneut ausgebrochen und spukte mehrere Stunden glühende Asche und Gestein. (27.1.2021)
Stausee verkommt zu «fliessenden Müllhalde: Ein Mann geht an Tonnen von Müll vorbei, die am Fusse des Wasserkraftwerks am Potpecko-Stausee in Serbien schwimmen. Vor allem Plastikabfälle gelangen durch Nebenflüsse in den Stausee und sammeln sich hier an. Eine serbische Zeitung schrieb bereits von einer «fliessenden Müllhalde». (26.1.2021)
Dickschädeltest: Stirn an Stirn messen zwei Rinder im deutschen Naturschutzgebiet Boberger Niederung ihre Kräfte. (25.1.2021)
Nasskaltes Ende: Zwischen Frauenfeld und Matzingen ist eine 33-jährige Wagenlenkerin bei Glatteis von der Strasse abgekommen und im Murgkanal gelandet. Die Frau wurde mit leichten Verletzungen ins Spital gebracht. (26.1.2021)
Opfer der Zerstörungswut: Ein Mann räumt in einem Fast-Food-Restaurant in Rotterdam auf. Die Niederlande sind erneut von sogenannten Corona-Krawallen erfasst worden. Hunderte gewaltbereite Jugendliche hatten nach Polizeiangaben in mehreren Städten randaliert und dabei auch die Polizei angegriffen. (25.1.2021)
Auf den Hund gekommen: Vierbeiner der Indian Railway Protection Force zeigen anlässlich des indischen Nationalfeiertags ihre Kunststückchen.
Galionsfigur mit Kettensäge: Im ungarischen Szilvásvárad streckt sich ein Feuerwehrmann auf dem Dach eines Zugs, um einen Ast abzusägen, der unter der Schneelast heruntergebrochen ist und die Bahnstrecke blockiert. (25.1.2021)
Und sie tun es immer noch: In Rio De Janeiro tummeln sich grosse Menschenmengen auf engem Raum am Strand von Ipanema in Rio de Janeiro. Und das obwohl Brasilien nach wie vor sehr hohe Corona-Fallzahlen hat.
Himmlische Hilfe: Feuerwehrfrau Tegan Rayner von der Belair Brigade CFS freut sich über den Regen, während sie nach Löscharbeiten der Buschbrände in Cherry Gardens in der Nähe von Adelaide, Australien, steht. (25.1.2021)
Winterfest: Stammrosen sind im Rosenpark Dräger in Steinfurth, Deutschland, mit Folie kältesicher verpackt. (25.1.2021)
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