Fedpol bestätigt Die «Reichsbürger»-Szene reicht bis in die Schweiz

Von Andreas Fischer

13.1.2023

Demonstration von «Reichsbürgern» in Potsdam: Das Fedpol weiss um Verbindungen einzelner Exponenten von Schweizer «staatsverweigernden Gruppierungen» zu dieser Szene.
Demonstration von «Reichsbürgern» in Potsdam: Das Fedpol weiss um Verbindungen einzelner Exponenten von Schweizer «staatsverweigernden Gruppierungen» zu dieser Szene.
Christophe Gateau/dpa

Wie viele Staatsleugner es in der Schweiz gibt, weiss auch das Fedpol nicht. Allerdings hat das Bundesamt für Polizei bereits Erkenntnisse über Kontakte zur Reichsbürger-Szene in Deutschland und rät zur Wachsamkeit. 

Von Andreas Fischer

Ihre Anhänger sollten auf keinen Fall als «Spinner» abgetan werden, warnen Extremismus-Forscher: Staatsablehnende Ideologien fassen auch in der Schweiz zunehmend Fuss. Querulanten und Staatsleugner machen Ämtern das Leben schwer und stellen die Behörden vor Probleme. Dennoch fliegen sie,  anders als die Reichsbürger in Deutschland, noch weitgehend unter dem Radar.

Es gibt noch nicht einmal eine allgemeine Definition für das Phänomen, sagt Patrick Jean, Mediensprecher der Bundespolizei fedpol, gegenüber blue News und spricht recht allgemein von «staatsverweigernden Gruppierungen». Den Behörden sei das Problem bekannt, auch dass «einzelne Exponenten seit der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Protesten lauter und wahrnehmbarer geworden sind».

Wie relevant die Szene in der Schweiz ist, und welche Verbindungen es insbesondere zu den deutschen Reichsbürgern gibt, die unlängst viel zu reden gaben, darüber gibt es bislang wenig Erkenntnisse. So hält sich der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) auf Anfrage betont zurück, und will sich «weder zu Einzelfällen, Gruppierungen noch zur Situation in Deutschland oder in einzelnen Städten oder Kantonen» äussern.

Schweiz arbeitet mit deutschen Behörden zusammen

Patrick Jean allerdings lässt aufhorchen. «Einzelne Exponenten der staatsverweigernden Gruppierungen», sagt der Fedpol-Sprecher zu blue News, «haben oder hatten Verbindungen zu deutschen Reichsbürgern».

Informationen über Schweizer Staatsleugner und ihre Verbindungen werden unter den Behörden ausgetauscht. Das Fedpol stehe diesbezüglich in Kontakt mit Behörden der Kantone und des Bundes, aber auch mit dem Ausland. So habe es im Vorfeld der Verhaftung einer grösseren Gruppe von Reichsbürgern Anfang Dezember in Deutschland auch in der Schweiz polizeiliche Abklärungen gegeben, sagt Patrick Jean. Die Verschwörer um einen Adligen hatten einen Staatsstreich geplant.

Allerdings liegen dem «Fedpol keine Erkenntnisse zu Strafverfahren in der Schweiz mit klar erkennbarem Bezug zur Reichsbürger-Ideologie» vor, so Jean. Für eine solche Verbindung müsste bei allfälligen Straftaten die Ideologie Motiv oder Auslöser sein. Dies sei bislang nicht zu erkennen gewesen.

Wachsamkeit ist wichtig

Eine quantitative Einschätzung der Szene ist für Fedpol hingegen aktuell nicht möglich: «Anders als in Deutschland wird die Zahl in der Schweiz nicht erfasst. Der Fokus liegt auf möglichen, auffälligen Exponenten der Szene.» Ob und wie die Szene untereinander vernetzt ist, sei ebenfalls schwierig zu sagen, räumt der Fedpol-Sprecher ein. «Sie ist einerseits nicht sehr homogen, und es ist auch schwierig, klare Abgrenzungen zu ziehen, ob zum Beispiel die ganze Familie zur Szene gehört, wenn etwa der Mann auffällig geworden ist.»

Daher sei es wichtig, ergänzt Jean, «wachsam zu bleiben und mit den zur Verfügung stehenden Instrumenten wie beispielsweise den Gewaltschutzstellen und dem Bedrohungsmanagement der Kantone sowie dem Fedpol frühzeitig Gefahren zu erkennen und damit koordinierte Massnahmen bei Einzelfällen zu prüfen». Dazu gehöre auch, dass die Kantone untereinander und mit den Behörden des Bundes Informationen und Erkenntnisse austauschen.

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