Einfluss von Coop? Darum dürfen Aldi und Lidl das Label von Bio Suisse nicht nutzen

tmxh

11.8.2020

Das Label von Bio Suisse ist begehrt. Doch nicht alle Händler dürfen es nutzen (Symbolbild).
Das Label von Bio Suisse ist begehrt. Doch nicht alle Händler dürfen es nutzen (Symbolbild).
Archiv

Schon lange wollen grosse Discounter wie Aldi und Lidl auch ihre Produkte mit dem Bio-Suisse-Label versehen. Dass sie das nach wie  vor nicht dürfen, könnte mit dem Konkurrenten Coop zu tun haben. 

Das Logo mit der Knospe von Bio Suisse ist begehrt. Es kennzeichnet die Bio-Produkte verschiedener Schweizer Produzenten, die bei Ketten wie Coop und bei grossen Supermärkten wie Aldi und Lidl vertrieben werden. Während das Logo bei Coop zu finden ist, dürfen es die deutschen Discounter nicht benutzen – und das, obwohl sie dies seit Jahren wollen.

Aldi etwa habe laut «Tages-Anzeiger» kurz davor gestanden, einen Vertrag mit Bio Suisse über die Verwendung des Labels abzuschliessen. Über die Markennutzung sowie eine entsprechende Gebührenordung sei man sich im vergangenen Sommer bereits einig gewesen – da wurden die Regeln zur Label-Nutzung prompt geändert. Ein neues Dreistufenmodell verunmöglicht es den grossen Discountern, die Anforderungen zu erfüllen. Brisant: Nach Informationen einer anonymen Quelle des «Tages-Anzeiger» habe dabei der Schweizer Konkurrent Coop seine Hände im Spiel gehabt.

«Faktisch unmöglich»

Das aktuelle Modell sieht vor, dass bei Erfüllung der Anforderungen der ersten Stufe die Bio-Suisse-Produkte zwar vertrieben werden, aber nicht als solche gekennzeichnet werden dürfen. Das Label nutzen dürfen nur jene Anbieter auf Stufe zwei (ohne Knospe) und drei (mit Knospe). Deren Anforderungen sind jedoch hoch: Laut Quelle der Zeitung müssen für die zweite Stufe 400 Bioprodukte im Angebot sein, für die dritte gar 800.



Stufe drei zu erreichen, sei für Aldi Suisse «faktisch unmöglich», zitiert der «Tages-Anzeiger» den Unternehmenssprecher Philippe Vetterli: «Gemäss den aktuellen Anforderungen von Bio Suisse müssten Bio-Produkte nun über die Hälfte unseres gesamten Sortiments ausmachen – das ist schlichtweg unverhältnismässig». 130 von insgesamt 1'600 Produkten sind bei Aldi biologisch produziert.

Mit 300 Bioprodukten erreicht auch Lidl die neuen Anforderungen nicht. Sprecher Mathias Kaufmann sagt gegenüber dem «Tages-Anzeiger»: «Wir stehen seit mehreren Jahren im Austausch mit Bio Suisse und führen regelmässig Gespräche».

Abhängigkeit von Coop?

Im Gegensatz dazu verwendet Coop seit über einem Vierteljahrhundert das Bio-Suisse-Label. Als wichtigster Partner mit über 4'000 Bioprodukten zahlt der Detailhändler Millionen an Lizenzgebühren – allerdings über einen niedrigeren Spezialtarif, wie die aus dem Bio-Suisse-Umfeld stammende Quelle angibt. Man zahle die vereinbarten Gebühren, die von Coop festgelegt werden, sagt das Unternehmen gegenüber dem «Tages-Anzeiger».

Ein der Zeitung vorliegendes Protokoll der Bio-Suisse-Sommerkonferenz vom letzten Jahr sollte belegen, wie abhängig Bio Suisse von Coop ist: In Anwesenheit der Schweizer Geschäftsführer von Aldi und Lidl «kam deutlich zum Ausdruck, dass die bisherige Zusammenarbeit mit Coop insgesamt geschätzt wird und nicht riskiert werden darf», wird das Protokoll zitiert. Doch nehme man die Partnerschaft viel mehr «als Abhängigkeitsverhältnis» wahr.



Auch wenn der Absatz über Coop Sicherheit garantiere, müsse es laut Protokoll «einen Weg für neue Partnerschaften geben, auch mit dem Discount». Zwar will man bei Bio Suisse die Zahl der Verkaufskanäle erhöhen, um den Absatzmarkt zu vergrössern. Doch kommt man dem grössten Partner Coop laut Protokoll sehr entgegen: «Fazit: Coop ist als Partner für Bio Suisse unabdingbar. Das Modell der Gliederung nach drei Stufen wird von keiner Gruppe angefochten», zitiert der «Tages-Anzeiger» das Schreiben von vor einem Jahr.

2020 scheint man das Modell laut «Tages-Anzeiger» jedoch zu überdenken: «Uns ist wichtig, niemanden auszuschliessen», zitiert die Zeitung Bio-Suisse-Sprecher David Herrmann – und: «Wir überarbeiten das Stufenmodell derzeit». Ziel sei demnach «ein Modell, das für alle Marktpartner attraktiv ist und für die verschiedenen Formate im Schweizer Detailhandel funktioniert: Discount, To Go oder kleine Verkaufsstellen.» Schon im Spätsommer plane man erste Markttests.

Zurück zur Startseite