Preisspirale nach untenWie die Migros Biobauern unter Preisdruck setzt
tafi
3.3.2020
Schweizer Biobauern sind verärgert: Sie werfen der Migros Preisdrückerei vor. Die Grossverteilerin Migros verlange für immer mehr Gemüsesorten fixe Jahres- oder Saisonpreise.
Von der grünen Welle, die im vergangen Jahr durch die Schweiz schwappte, bekommen Biobauern offenbar nicht viel mit. Der Absatz von Bioprodukten stagniert, berichtet die «Neue Zürcher Zeitung». «Sobald die Menschen in den Supermärkten vor den Regalen stehen, vergessen sie offenbar ihr grünes Gewissen», beklagt Hansueli Müller in der Zeitung. Der Solothurner Landwirt ist Präsident von Bio-Gemüse Schweiz und bemerkt erste Anzeichen für eine Übersättigung des Marktes für Biogemüse.
Das Umfeld sei schwieriger geworden, so Müller. Neue Player würden angestammte Bio-Produzenten unter Druck setzen. Zusätzlich sorgt das Verhalten von Grossverteilerin Migros für Verstimmung, die für immer Gemüsesorten Ausschreibungen für fixe Jahres- oder Saisonpreise durchführen. Darüber hatte zuerst die «Bauernzeitung» berichtet.
Preisspirale nach unten
Lieferanten verpflichteten sich bei dieser Art von Verträgen, das Gemüse über ein Jahr oder eine Saison zu einem festen Preis zu liefern. Das Risiko allfälliger Ernteausfälle liegt dann ausschliesslich bei den Landwirten. Ausschreibungen für fixe Jahrespreise seien nicht illegal, betonte Hansueli Müller in der «Bauernzeitung», im Blick auf die Preise befürchtet er: «Diese Ausschreibungen lösen eine endlose Spirale gegen unten aus.»
Auch Matija Nuic, Direktor des Verbands Schweizer Gemüseproduzenten, warnt vor negativen Folgen. «Mit den Ausschreibungen wird die Marktdynamik ausgehebelt und das unternehmerische Risiko allein auf den Produzenten abgewälzt, der zum tiefsten Preis offeriert.» Ihm zufolge hätten viele Produzenten den Eindruck, dass die Migros mit diesen Ausschreibungen «ihre Kostensenkungsprogramme auf dem Rücken der Lieferanten austragen wolle», wie die «NZZ» schreibt.
Nicht alle Detailhändler machen mit
Die Migros würde, wandte Sprecherin Cristina Maurer ein, bei den Ausschreibungen darauf achten, «dass nur Artikel berücksichtigt werden, die grösstmögliche Planbarkeit zulassen.» Sie verwies darauf, dass fixe Jahres- oder Saisonpreise allen Vertragsparteien Verlässlichkeit und Planungssicherheit brächten.
Anderer Meinung ist man bei Bio Suisse: Nachhaltige Geschäftsbeziehungen würden durch Ausschreibungen unmöglich. «Der Produzent weiss nicht, ob er den Zuschlag für das kommende Jahr bekommt. Das hemmt die Investitionen in die Produktion und führt zu Unsicherheit», sagt Ilona Stoffel.
Während Aldi ebenfalls Ausschreibungen für Biogemüse durchführt, halten andere Detailhändler nichts von dieser Praxis. Lidl hält sie für unüblich und branchenfremd, und bei Coop würden Preise für Biogemüse wöchentlich ausgehandelt und richten sich nach Angebot und Nachfrage.
Die Schweiz hat ein neues Lebensmittel-Label: Am 10. Juli 2019 lancieren Armin Capaul (Bild), der Kopf der gescheiterten Hornkuh-Initiative, und der Verein Hornkuh ein neues Label für Käse, Joghurt und anderen Produkten von Hornkühen.
Bild: Keystone
Über 70 solcher Lebensmittel-Labels gibt es hierzulande bereits, und es werden laufend mehr. Die Webiste Labelinfo.ch gibt einen guten Überblick, wofür die einzelnen Zeichen stehen.
Bild: Keystone
Knospe Bio Suisse - Mindestens 90% der Rohstoffe stammen aus der Schweiz - Besonders artgerechte Nutztierhaltung und -fütterung (vorwiegend Biofutter) - Verzicht auf Gentechnik, chemisch-synthetische Spritzmittel und Kunstdünger - Der Lohn muss mindestens den Grundbedarf der Mitarbeiter decken, lokalen Gesetzen entsprechen und branchenüblich sein
Bild: Bio Suisse
Migros Bio - Bei verarbeiteten Produkten stammen mindestens 95% der Zutaten aus Bio-Produktion - Flugtransporte und Gentechnologie sind verboten - Fleisch, Milch und Eier stammen ausschliesslich von Schweizer Bio-Betrieben - Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und leichtlösliche mineralische Dünger
Bild: Keystone
Coop Naturaplan - Bioproduktion (geschlossener Kreislauf) - Besonders artgerechte Nutztierhaltung und -fütterung (vorwiegend Biofutter) - Verzicht auf den Einsatz von Gentechnik - Verzicht auf chemisch-synthetische Spritzmittel und Kunstdünger - Verzicht auf unnötige Zusätze wie Aroma- und Farbstoffe
Bild: Keystone
Coop Naturafarm - Aufzucht, Mast, Schlachtung und Verarbeitung erfolgen in der Schweiz - Die Tiere haben Platz laut Bestimmungen für besonders tierfreundliche Stallhaltung und regelmässig Auslauf ins Freie - Die Liegeflächen sind mit Stroh eingestreut - Bei verarbeiteten Produkten (Charcuterie) sind Zusatzstoffe, wann immer möglich, zu vermeiden
Bild: Coop
Max Havelaar Kleinbauern und Plantagenarbeiter erhalten einen stabilen Preis und zusätzlich eine Fairtrade-Prämie sowie Beratung vor Ort. Einen Teil des Verkaufserlöses investieren sie in Projekte, die der ganzen Gemeinschaft zugute kommen – wie in den Bau von Brunnen, Schulen und Spitälern. Gentechnisch veränderte Organismen sind verboten.
Bild: Keystone
IP-Suisse - Einhaltung des gesamtbetrieblichen ökologischen Leistungsnachweises laut Bundes-Direktzahlungsverordnung - Produktion und Verarbeitung finden ausschliesslich in der Schweiz statt (inkl. Fürstentum Liechtenstein) - Für Nutztiere gelten minimale Haltungsbedingungen - Der Einsatz von chemisch-synthetischen Düngern und Pflanzenschutzmitteln ist eingeschränkt oder verboten
Bild: Keystone
Terrasuisse Gütesiegel der Migros für landwirtschaftliche Produkte aus integrierter Produktion. Es gelten die Richtlinien der IP-Suisse.
Bild: Migros
Spar Natur Pur Schweizer Produkte werden nach den Anforderungen der hiesigen Bio-Verordnung hergestellt. Dazu zählt: Verzicht auf chemisch-synthetische Hilfsstoffe und auf Gentechnologie. Artgerechte Tierhaltung. Für ausländische Produkte gelten Bio-Richtlinien der EU. So müssen die Zutaten zu mindestens 95% aus dem ökologischen Landbau stammen.
Bild: Spar
Migros Aus der Region - Als «Region» gilt in der Regel die jeweilige Migros-Genossenschaft, die meist mehrere Kantone umfasst - Nicht zusammengesetzte Produkte wie Milch, Gemüse und Fleisch stammen zu 100% aus der Region. - Bei zusammengesetzen Produkten stammen der Hauptbestandteil und mindestens 75% der Zutaten aus der Region - Mindestens zwei Drittel der Wertschöpfung werden in der Region generiert
Bild: Keystone
Rainforest Alliance Es gibt zehn Prinzipien, die total 94 Kriterien beinhalten. Dazu zählt etwa, dass die natürlichen Wasser- oder irdischen Ökosysteme auf den Farmen geschützt, konserviert und wiederhergestellt werden müssen. Auch darf das Ökosystem wegen der landwirtschaftlichen Tätigkeit nicht zerstört oder verändert werden. Und: Keine Diskriminierungen wegen politischer, religiöser, sozialer oder kultureller Überzeugungen.
Bild: Rainforest Alliance
Coop Pro Montagna - Die Produkte müssen aus den Bergzonen 1 bis 4 oder aus dem Sömmerungsgebiet stammen - Aufzucht der Tiere, Anbau der Pflanzen sowie Verarbeitung der Rohstoffe müssen im Berggebiet erfolgen. - Bei zusammengesetzten Produkten stammen mindestens deren Hauptrohstoffe aus einem Berggebiet - Teil des Erlöses geht an die Coop-Patenschaft für Berggebiete
3 Aspekte: Was eine zweite Amtszeit Trumps für die Schweiz bedeuten würde
Donald Trump hat gute Chancen, bei der US-Wahl am 5. November das Mandat für eine zweite Amtszeit zu bekommen? Was würde das für die Schweiz bedeuten? Das Video beleuchtet drei Aspekte.
30.10.2024
«Es gibt Armut in der Schweiz, das wollen viele nicht wahrhaben»
Die Armut ist hierzulande kaum sichtbar. Aber es gibt sie. Betroffene haben oft das Gefühl, von einer ansteckenden Krankheit befallen zu sein. «blue News»-Redaktor Bruno Bötschi besuchte eine Abgabestelle der Lebensmittel-Hilfe Tischlein deck dich.
13.09.2021
«Es ist noch etwas von Covid übrig»: Das sagen die Schweizer*innen zum Notvorrat-Plan
Schweizer*innen sollen jetzt einen Notvorrat anlegen. Der Bund hat deshalb eine virtuelle Einkaufsliste lanciert. blue News hat auf den Strassen nachgefragt, was Herr und Frau Schweizer dazu meinen.
10.10.2024
3 Aspekte: Was eine zweite Amtszeit Trumps für die Schweiz bedeuten würde
«Es gibt Armut in der Schweiz, das wollen viele nicht wahrhaben»
«Es ist noch etwas von Covid übrig»: Das sagen die Schweizer*innen zum Notvorrat-Plan