Oft ist von einer Spaltung des Landes die Rede. Was hinter dieser Formulierung steckt, zeigte sich heute in Luzern besonders deutlich: Dem Bundesrat schlugen grosse Sympathien, aber auch lautstarke Ablehnung entgegen.
Egal, wie man zum Krisenmanagement der Landesregierung steht: In Luzern hoffen am Mittwoch alle darauf, mit den Bundesrätinnen und Bundesräten ins Gespräch zu kommen. Mehrere Dutzend Massnahmengegner*innen warten zur Mittagszeit vor dem Verkehrshaus auf die Ankunft der sechs Regierungsmitglieder – Finanzminister Ueli Maurer fehlt, weil er in Washington weilt –, doch umsonst: Der Bundesrat gelangt diskret durch den Hintereingang ins Gebäude.
Wer von draussen nach drinnen wechselt, wähnt sich in einem komplett anderen Film. Vor dem Verkehrshaus: Anspannung liegt in der Luft. Massnahmengegner*innen stehen Polizist*innen in Kampfmontur gegenüber, die Situation bleibt aber friedlich. Nicolas A. Rimoldi, Co-Präsident des Vereins «Mass-voll», erntet Applaus, als er skandiert: «Dieser Bundesrat muss weg!»
Drinnen in der Luftfahrthalle des Museums: Apéro, Volksfeststimmung. Auch Bundespräsident Guy Parmelin erntet Applaus für die Beteuerung, er habe sich rüüdig auf diesen Besuch gefreut. Nach wenigen Minuten ist seine Ansprache schon vorbei, eine Kapelle spielt auf und die Bundesräte mischen sich unter die Menge – die Damen und Herren des Sicherheitsdienstes stets an ihrer Seite. Klar: So viel Volksnähe in Zeiten erhitzter Gemüter, da will man kein Risiko eingehen.
Selfie hier, Schwatz da
Es gibt tatsächlich kritische Äusserungen in Luzern, wird Alain Berset später zu Protokoll geben. Doch die meisten der Anwesenden bringen dem Besuch aus Bern Wohlwollen entgegen. Viele der Anwesenden nutzen die Gelegenheit für einen kurzen Wortwechsel mit Berset, ein Selfie mit Ignazio Cassis oder einen Schwatz mit Viola Amherd.
«Ich wollte einfach einmal danke sagen», meint ein Student der Pädagogischen Hochschule Luzern zu blue News, nachdem er kurz mit Berset gesprochen hat. «Danke für das, was er für uns alle macht.» Er verstehe zwar, dass nicht jeder so über die Arbeit des Gesundheitsministers denke, aber: «Ich finde, in der aktuellen Zeit wird nur der Hass kommuniziert.» Dem wolle er etwas entgegensetzen.
Alain Berset danke sagen
13.10.2021
Eine junge Frau, die nach einem Selfie mit Parmelin noch immer strahlt, pflichtet bei: «Die Bundesräte machen es gut», findet sie. «Sie werden von allen Seiten kritisiert und ich bin froh, dass ich nicht Bundesrätin bin.»
Ein Selfie mit dem Bundespräsidenten
«Wann hat man schon die Chance, ein Foto mit einem Bundesrat zu machen?» Eine junge Studentin nutzte diese Chance bei der Bundesrats-Visite im Verkehrshaus Luzern. Sie findet: Die Regierung mache es gut in der Pandemie.
13.10.2021
Ein älterer Herr aus Vitznau zeigt sich beeindruckt, dass man in der Schweiz noch «so unkompliziert mit der Regierung zusammenkommen kann». Er selbst habe zwar mit keinem Bundesratsmitglied gesprochen, habe sich aber auch nicht vorgedrängt. Auf die Demonstrant*innen vor dem Verkehrshaus angesprochen, meint er: «Das gehört wohl dazu heutzutage, oder?»
berset_pianist
13.10.2021
Das Bad in der Menge kommt rasch zu seinem Ende: Die Bundesrätinnen und Bundesräte müssen zurück nach Bern, wo am Nachmittag eine Medienkonferenz zu den neuesten Covid-Beschlüssen ansteht. Die Musik verstummt, die Menge lichtet sich und eine Dame an der Bar ist enttäuscht, dass es nun auch mit Häppchen und Wein vorbei ist.
Währenddessen versammeln sich vor dem Hintereingang Demonstrant*innen: Den Bundesratskonvoi verabschieden sie mit Pfiffen und Buh-Rufen. Nicolas A. Rimoldi von «Mass-voll» kritisiert auf Twitter, der Bundesrat sei dem Dialog «feige» aus dem Weg gegangen, habe «den Lieferanteneingang» benutzt und sich hinter der Polizei versteckt.
Bundespräsident Parmelin twittert fast zeitgleich an die Adresse der Luzernerinnen und Luzerner: «Vielen Dank für den warmherzigen Empfang.»
Luzern an diesem Mittwoch: eine Stadt, zwei Welten.