Geheimdienst-AffäreBund trägt politische Mitverantwortung für Crypto-Affäre
jeko, sda
10.11.2020 - 14:31
Die Schweizer Behörden und der Bundesrat sind mitverantwortlich, dass der US-Geheimdienst über manipulierte Chiffriergeräte der Crypto AG spionieren konnte. Dies hält die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) fest.
Seit 1993 hatte der Strategische Nachrichtendienst (SND) verlässliche Informationen über die Crypto AG, wie in einem Bericht steht, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Der SND ist eine Vorgängerorganisation des Bundesnachrichtendiensts (BND). Laut den Abklärungen der GPDel hat die Schweiz später auch von den Erkenntnissen der Spionagetätigkeit des amerikanischen Geheimdienstes CIA profitiert – im Einverständnis mit den USA. Die Schweiz spionierte also mit.
«Aus der Tatsache, dass der SND und die amerikanischen Dienste im gegenseitigen Einvernehmen handelten, ergibt sich eine Mitverantwortung der Schweizer Behörden für die Aktivitäten der Crypto AG», hält der Bericht fest.
Bundesrat mitverantwortlich
Rechtlich sei es zwar zulässig gewesen, dass der SND und die CIA eine Firma in der Schweiz gemeinsam nutzten, um Informationen über das Ausland zu beschaffen, heisst es in dem Bericht weiter. «Angesichts der grossen politischen Tragweite dieser Zusammenarbeit», erachtet es die GPDel aber als falsch, dass der Bundesrat bis zur heutigen Vorsteherin des VBS, Viola Amherd, nicht über diese Zusammenarbeit informiert gewesen sein.
Die Tatsache, dass die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz mit der CIA so lange vor dem Bundesrat verborgen lieb, stelle «einen Mangel in der Führung und in der Aufsicht durch den Bundesrat» dar. Infolgedessen «trägt der Bundesrat eine Mitverantwortung für den jahrelangen Export von schwachen Geräten durch die Crypto AG», teilt die GPDel mit.
Reaktion des Bundesrats «widerrechtlich»
Der Bundesrat wurde erst im Herbst 2019 über die Vorgänge informiert. Dass der Bundesrat die Generalausfuhrbewilligungen für die Nachfolge-Firmen der Crypto AG sistierte, ist laut der GPDel widerrechtlich.
«Die Möglichkeit einer Sistierung ist im Recht nicht vorgesehen», teilte die GPDel mit. Da mit diesem Entscheid des Bundesrats die Exporte der betroffenen Firmen faktisch seit Ende 2019 blockiert seien, liege nach Auffassung der GPDel auch ein Verstoss gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vor.