Der Brienzer Hangrutsch im Zeitraffer
Beim Brienzer Rutsch gilt die Sorge der Fachleute der sogenannten «Insel»: ein rund zwei Millionen Kubikmeter grosser Hangteil, der abzubrechen droht. Im Zeitraffer-Video siehst du die Verschiebungen.
10.05.2023
Im von Felsstürzen bedrohten Brienz in Graubünden ist die Evakuierung in vollem Gang. Bis am Freitagabend um 18 Uhr müssen alle 85 Bewohner*innen ihre Häuser verlassen – ein Augenschein vor Ort.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Brienzer*innen nehmen Abschied von ihrem Dorf. Sie müssen ihre Häuser und Wohnungen verlassen, weil zwei Millionen Kubikmeter Felsmassen in den kommenden drei Wochen abzubrechen drohen.
- Bereits während der Begehung durch Medienvertreter*innen donnert es am Mittwoch, alle zehn Minuten gehen Steine und Felsbrocken nieder.
- Nicht nur wann, sondern auch wie genau die erwarteten Felsmassen niedergehen, ist schwer vorherzusagen. Denkbar sind aber drei Szenarien.
«Ich wollte noch einmal hochkommen und Abschied nehmen von meinem Elternhaus. Wir wissen ja nicht, ob es unser Brienz in 14 Tagen noch gibt», sagte Anna Bergamin am Mittwoch im Gespräch mit einer Journalistin der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Die Brienzerin wuchs in dem Bündner Bergdorf auf, wohnt jedoch mittlerweile im Tal. Der Abschied falle ihr sehr schwer, erklärte sie mit Tränen in den Augen. Lange habe sie nicht daran geglaubt, dass man das Dorf wirklich evakuieren muss.
Oberhalb des Siedlungsgebiets lagen am Mittwochnachmittag unzählige Felsbrocken in der Grösse von Gartenhäuschen auf der Wiese verteilt. Während des Rundgangs im Dorf donnerte es deutlich hörbar vom absturzgefährdeten Berg her. Alle zehn Minuten kamen Steine und kleinere Felsbrocken herunter.
Die Blockschläge seien in den letzten Wochen sehr viel intensiver geworden, sagte der Kommunikationsverantwortliche der Gemeinde, Christian Gartmann. Das nasse Wetter beschleunige die Rutschung am Berg weiter.
Die Behörden gehen derzeit davon aus, dass die Bevölkerung mehrere Wochen oder Monate nicht in ihre Wohnungen und Häuser zurückkehren kann. Erst wenn die Geologen Entwarnung geben und sich der Berg «entladen» habe, können die Menschen wieder nach Brienz zurückkehren.
Zwei Millionen Kubikmeter
Rund zwei Millionen Kubikmeter Felsmassen drohen in den kommenden sieben bis 24 Tagen abzubrechen. Wie genau das passieren wird, ist schwer vorauszusagen. Möglich sind drei Szenarien.
Am wahrscheinlichsten seien zahlreiche Felsstürze von einigen Tausend bis mehreren Hunderttausend Kubikmetern, teilte die Gemeinde vergangene Woche mit. Diese wären für das Dorf am harmlosesten.
Der Felssturz kommt – und er kommt mit Ansage. Der «Brienzer Rutsch» bedroht das kleine Bergdorf im Bündner Albulatal.
Weil ein Teil des Hanges zunehmend instabil wird, hat die Gemeinde die Evakuierung angeordnet. Seit 12. Mai ist Brienz offiziell Sperrzone.
Anna Bergamin ist in Brienz aufgewachsen, lebt heute aber im Tal. Mit ihrem Partner Walter Veraguth nimmt sie Abschied vom Dorf und beantwortet Fragen der Journalist*innen.
Roland Bossi und sein Sohn Leandro helfen den im Dorf wohnhaften Eltern beim Abtransport ihres Habseligkeiten.
Seit April hat sich die Geschwindigkeit, mit der ein zwei Millionen Kubikmeter grosser Teil der Felswand abdriftet, massiv beschleunigt.
Geröll und immer wieder auch grosse Brocken lösen sich und gehen nahe dem Siedlungsgebiet.
Sämtliche Zufahrtsstrassen sind gesperrt.
Die 85-Seelen-Gemeinde liegt im Bündner Albulatal.
Auch wenn die Evakuierung nur vorübergehend sein soll: Manchen im Dorf bereitet allein der Gedanke daran Sorgen.
Die Brienzer Bevölkerung wird im benachbarten Tiefencastel über die Evakuierung informiert.
«Es sind viele Emotionen im Spiel», sagt Daniel Albertin, Präsident der Gemeinde Albula/Alvra, zu der Brienz gehört. Dennoch sei der Entscheid zur Evakuierung der einzig richtige.
Weil nicht nur der Berg bröckelt, sondern das gesamte Dorf abrutscht, sind Schäden an Gebäuden und im Asphalt keine Seltenheit. Im Bild: Riss in einer Gebäudemauer.
Beide Zufahrtsstrassen zum Dorf sind seit dem 12. Mai gesperrt.
Geologe Stefan Schneider, Geschäftsführer CSD Ingenieuere, links, und Mediensprecher Christian Gartmann, an einer Medienbegehung im Dorf unter dem «Brienzer Rutsch».
Am Dienstag, 6. Juni, dürfen die Landwirte erstmals wieder zum Mähen und Heuen zurück nach Brienz. Bevor er ins Dorf gelassen wird, erhält Bauer Gian Liesch (r.) ein Funkgerät, damit er im Notfall erreichbar ist.
Ein Bauer fährt an einer Panzersperre vorbei auf eine Wiese.
Am Mittwoch, 7. Juni, dürfen auch die übrigen Bewohner*innen erstmals nach Brienz zurückkehren, um wichtige Sachen zu holen. 54 von ihnen nutzen diese Chance.
Am Abend des 7. Juni wird die Bevölkerung an einem öffentlichen Anlass in Tiefencastel über den aktuellen Wissensstand zum Brienzer Rutsch informiert.
Die Fragen, die sich für die Bewohner*innen stellen, sind gross.
Bündner Bergdorf Brienz ist evakuiert
Der Felssturz kommt – und er kommt mit Ansage. Der «Brienzer Rutsch» bedroht das kleine Bergdorf im Bündner Albulatal.
Weil ein Teil des Hanges zunehmend instabil wird, hat die Gemeinde die Evakuierung angeordnet. Seit 12. Mai ist Brienz offiziell Sperrzone.
Anna Bergamin ist in Brienz aufgewachsen, lebt heute aber im Tal. Mit ihrem Partner Walter Veraguth nimmt sie Abschied vom Dorf und beantwortet Fragen der Journalist*innen.
Roland Bossi und sein Sohn Leandro helfen den im Dorf wohnhaften Eltern beim Abtransport ihres Habseligkeiten.
Seit April hat sich die Geschwindigkeit, mit der ein zwei Millionen Kubikmeter grosser Teil der Felswand abdriftet, massiv beschleunigt.
Geröll und immer wieder auch grosse Brocken lösen sich und gehen nahe dem Siedlungsgebiet.
Sämtliche Zufahrtsstrassen sind gesperrt.
Die 85-Seelen-Gemeinde liegt im Bündner Albulatal.
Auch wenn die Evakuierung nur vorübergehend sein soll: Manchen im Dorf bereitet allein der Gedanke daran Sorgen.
Die Brienzer Bevölkerung wird im benachbarten Tiefencastel über die Evakuierung informiert.
«Es sind viele Emotionen im Spiel», sagt Daniel Albertin, Präsident der Gemeinde Albula/Alvra, zu der Brienz gehört. Dennoch sei der Entscheid zur Evakuierung der einzig richtige.
Weil nicht nur der Berg bröckelt, sondern das gesamte Dorf abrutscht, sind Schäden an Gebäuden und im Asphalt keine Seltenheit. Im Bild: Riss in einer Gebäudemauer.
Beide Zufahrtsstrassen zum Dorf sind seit dem 12. Mai gesperrt.
Geologe Stefan Schneider, Geschäftsführer CSD Ingenieuere, links, und Mediensprecher Christian Gartmann, an einer Medienbegehung im Dorf unter dem «Brienzer Rutsch».
Am Dienstag, 6. Juni, dürfen die Landwirte erstmals wieder zum Mähen und Heuen zurück nach Brienz. Bevor er ins Dorf gelassen wird, erhält Bauer Gian Liesch (r.) ein Funkgerät, damit er im Notfall erreichbar ist.
Ein Bauer fährt an einer Panzersperre vorbei auf eine Wiese.
Am Mittwoch, 7. Juni, dürfen auch die übrigen Bewohner*innen erstmals nach Brienz zurückkehren, um wichtige Sachen zu holen. 54 von ihnen nutzen diese Chance.
Am Abend des 7. Juni wird die Bevölkerung an einem öffentlichen Anlass in Tiefencastel über den aktuellen Wissensstand zum Brienzer Rutsch informiert.
Die Fragen, die sich für die Bewohner*innen stellen, sind gross.
Halb so wahrscheinlich sei ein langsames, aber lange andauerndes Abrutschen als Schuttstrom, der Brienz erreichen und beschädigen könnte. Ein grosser, schneller und weitreichender Bergsturz mit mehr als 500'000 Kubikmetern und verheerenden Folgen sei weniger wahrscheinlich, könne aber nicht ausgeschlossen werden.
Sirene warnt Bewohner, falls es schneller gehen würde
Vier Überwachungssysteme liefern andauernd Daten der absturzgefährdeten Hangfläche. Sollte es plötzlich schneller gehen als vorausgesagt, würde eine Sirene im Dorf die Bewohnerinnen und Bewohner dazu auffordern, innert Minuten zu fliehen, erklärte der Geologe und Leiter des Frühwarndienstes, Stefan Schneider, am Mittwoch vor den Medien in Brienz.
Aktuell gilt die Gefahrenstufe Orange. Sobald ein Abbrechen der Felsmassen noch drei bis zehn Tage bevorsteht, wird der Gemeindeführungsstab die Phase Rot verfügen. Das Betreten von Brienz ist dann auch tagsüber verboten, und das Grossvieh, das derzeit noch im Dorf bleibt, wird weggebracht. Die Kantonsstrasse Tiefencastel-Filisur, die Albulalinie der Rhätischen Bahn und die Passstrasse Tiefencastel-Lenzerheide bleiben vorerst geöffnet.
Unmittelbar vor einem Abbrechen verfügt die Behörde die Phase Blau und evakuiert die beiden westlichsten Häuser von Surava im Talgrund. Mehrere Strassen und die Albula-Bahnlinie werden dann gesperrt.
Brienz wird evakuiert: «Als ich die Meldung gekriegt habe, hat das schon wehgetan»
Die Bewohner*innen von Brienz müssen wegen Felssturz-Gefahr die Koffer packen, am Dienstagabend wurden sie über die Evakuierung informiert. Wie nehmen sie den Entscheid auf? Ein paar Stimmen von Betroffenen.
09.05.2023
SDA, aru