Covid-19-Gesetz Bern rüstet sich für einen hitzigen Abstimmungssonntag

Von Gil Bieler

28.11.2021

Ein Freiheitstrychler bei einer Kundgebung vor dem Bundeshaus in Bern. 
Ein Freiheitstrychler bei einer Kundgebung vor dem Bundeshaus in Bern. 
Bild: Keystone/Anthony Anex

Die Stimmbeteiligung ist ungewöhnlich hoch – die Angst vor Ausschreitungen gross. Das Covid-19-Gesetz beschert der Schweiz einen Abstimmungssonntag, der unter unschönen Vorzeichen steht.

Von Gil Bieler

Laut, intensiv und immer aggressiver – einen Abstimmungskampf wie in den letzten Wochen hat die Schweiz selten erlebt. Regelrecht verstörend wirkten die Szenen vom 16. September, als die Sicherheitskräfte auf dem Bundesplatz Wasserwerfer gegen Massnahmen-Gegner*innen einsetzten.

Der so angeblich verhinderte «Sturm aufs Bundeshaus», wie es der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause nannte, fällt weit aus dem Rahmen des hierzulande Gewohnten. Ähnliches lässt sich zum im November hochgekochten Streit um das von den Behörden versiegelt Restaurant Walliserkanne in Zermatt sagen. Die Geduldsfäden reissen schnell. 

Covid-Zertifikat als Feindbild

Grund dafür sind natürlich weder die Pflegeinitiative oder die Justizinitiative, über die das Stimmvolk heute ebenfalls befindet, sondern das Referendum über das Covid-19-Gesetz. An diesem Votum entscheidet sich, wie es mit dem Covid-Zertifikat weitergeht.

Das Zertifikat ist zum Feindbild für Freiheitstrychler und andere Bewegungen geworden. Die Ablehnung dagegen spornt sie zu ihren lauten, oft unbewilligten Demonstrationen an.

Wut vor dem Bundeshaus

Wut vor dem Bundeshaus

In Bern haben mehrere tausend Menschen gegen die Corona-Massnahmen demonstriert. Als vor dem Bundeshaus Demonstranten an den Absperrungen rüttelten, setzte die Polizei einen Wasserwerfer ein, später auch Gummischrot und Tränengas.

18.09.2021

Wenig erstaunlich also, dass sich die Behörden und Sicherheitsorgane am heutigen Sonntag für Kundgebungen und Ausschreitungen wappnen. In einer Mitteilung der Bundeskanzlei, aus der diverse Medien diese Woche zitiert haben, heisst es: Die Kantonspolizei Bern rechne ab 13 Uhr mit verschiedenen Kundgebungen. Bereits ab 10 Uhr werde am Bundesplatz eine Sperre aufgebaut, allenfalls würden im Verlauf des Tages auch Strassen gesperrt und Checkpoints errichtet.

Bei der Kantonspolizei Bern wollte man sich vorab zum Einsatzdispositiv aus taktischen Gründen nicht äussern. Nur so viel: «Wir werden die Situation vor Ort beobachten und wenn nötig Massnahmen ergreifen, um unter anderem das Bundeshaus zu schützen», sagt Mediensprecher Joël Regli auf Anfrage von blue News. «Eine Sperre des Bundesplatzes ist aber im Voraus nicht geplant.»

Gleichwohl hat die Kantonspolizei Bern am Sonntagvormittag Schutzmassnahmen rund um das Bundeshaus getroffen. Auf dem Bundesplatz wurde der Gitterzaun montiert, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichtete.

Städte melden bereits hohen Rücklauf

Doch es gibt auch stille Variante der Mobilisierung: mit dem Stimmzettel. Alles deutet auf eine überdurchschnittlich hohe Stimmbeteiligung hin. Mehrere Städte weisen bereits vor dem Urnengang einen hohen Rücklauf auf: St. Gallen erwartet demnach eine Beteiligung von 70 bis 74 Prozent, in Zürich liegt der Rücklauf per brieflicher Abgabe bereits bei 49,7 Prozent und in Basel bei 57,1 Prozent.



Gelingt den Massnahmengegner*innen ein Coup, und sie versenken das Covid-Zertifikat? Setzt sich das stille Lager der Massnahmen-Befürworter durch, wie es die Umfragen vorhersagen? Bleibt die Stimmung friedlich?

Wie auch immer das Verdikt ausfällt, zweierlei steht fest: Der Abstimmungstag wird spannend – und die Diskussionen um den «richtigen» Weg aus der Pandemie werden auch mit dem heutigen Tag nicht verstummen.

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