Bundesrat in ChiassoBeat Jans kündigt Verschärfungen im Asylsystem an
SDA, gbi
20.2.2024
Seit Anfang Jahr ist Bundesrat Beat Jans für das Asylwesen zuständig. Am Dienstag besucht der Justizminister das Bundesasylzentrum in Chiasso TI und gab eine Reihe von Verschärfungen im Asylwesen bekannt.
SDA, gbi
20.02.2024, 13:00
20.02.2024, 14:03
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Bundesrat und Justizminister Beat Jans besucht am Dienstag das Bundesasylzentrum in Chiasso TI.
Vor Ort wird sich der Bundesrat mit Vertreterinnen und Vertretern des Kantons Tessin und der Gemeinden Chiasso, Novazzano und Balerna austauschen.
Er will das Vorgehen gegen kriminelle Asylsuchende verschärfen. Und er will die Zahl aussichtsloser Asylgesuche senken: mit einem Ausbau der 24-Stunden-Schnellverfahren und einem Gesuchsstopp an Wochenenden.
Der neue Bundesrat und Justizminister Beat Jans hat am Dienstag in Chiasso diese und weitere Massnahmen bekanntgegeben, um das Asylsystem zu entlasten.
Die Reformen im Asylbereich kündigte Jans nach dem Besuch des Bundesasylzentrums in Chiasso TI vor den Medien an. Entscheiden müsse aber zunächst noch der Gesamtbundesrat und danach das Parlament.
Baume-Schneider war noch vage geblieben
Im vergangenen November hatte Jans' Vorgängerin im Justizdepartement, Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider, Massnahmen zur Verbesserung im Asylzentrum in Aussicht gestellt, nachdem Chiasso wegen krimineller Asylsuchender in die Schlagzeilen geraten war.
Die inzwischen ins Eidgenössische Departement des Innern (EDI) gewechselte Baume-Schneider blieb in ihren Aussagen bei ihrem damaligen Besuch im Tessin aber vage. Sie müsse die Situation zuerst sorgfältig analysieren.
Blitzverfahren sollen ausgebaut werden
Jans schlägt jetzt konkret vor, die 24-Stunden-Verfahren, die in den vergangenen Monaten im Bundesasylzentrum Zürich getestet wurden, bis Ende April 2024 auf alle Bundesasylzentren mit Verfahrensfunktion auszuweiten. Damit soll die Zahl aussichtsloser Asylgesuche gesenkt werden. Diese Verfahren gelten für Menschen aus Nordafrika, die nur geringe Chancen auf Asyl haben.
Um die Gesuche ohne Aussicht auf Asyl möglichst rasch abschliessen zu können, werden alle wesentlichen Verfahrensschritte in dieser sehr kurzen Frist durchgeführt. Asylsuchende aus Herkunftsstaaten mit sehr geringer Aussicht auf Asylanerkennung sollen zudem vorab ihr Asylgesuch schriftlich begründen müssen.
Keine Gesuche mehr am Wochenende
Um dem Missbrauch der Asylstrukturen entgegenzuwirken, sollen Asylgesuche zudem künftig nur noch unter der Woche eingereicht werden können. Damit soll laut Jans verhindert werden, dass Asylsuchende über das Wochenende in Bundesasylzentren untergebracht werden müssen und wieder abreisen, bevor am Montag ihre Fingerabdrücke erfasst und das Asylverfahren formal eröffnet werden kann.
Vulnerable Asylsuchende wie allein reisende Frauen, Familien, unbegleitete Minderjährige sowie kranke oder alte Menschen sollen laut Jans weiterhin auch am Wochenende aufgenommen werden. Zudem solle verhindert werden, dass Gesuchstellende am Wochenende ohne Obdach sind.
«Dem müssen wir einen Riegel schieben»
Alle Massnahmen zielen laut Jans auf Asylsuchende aus Herkunftsstaaten mit einer Asylgewährungsquote von weniger als ein Prozent. Dies betrifft insbesondere Asylsuchende aus Algerien, Tunesien und Marokko. Gesuche mit sehr geringer Aussicht auf Asylgewährung machten 2023 rund ein Viertel der über 24'000 Erstgesuche aus.
Zudem habe das Staatssekretariat für Migration (SEM) festgestellt, dass die Asylstrukturen insbesondere von Personen aus diesen Herkunftsstaaten regelmässig als vorübergehende Unterkunft an den Wochenenden genutzt werden, sagte Jans. «Dem müssen wir einen Riegel schieben.» Nur so habe das Asylsystem genügend Kapazitäten, um jene Asylsuchenden zu schützen, die tatsächlich auf den Schutz der Schweiz angewiesen seien.
Kriminelle Asylsuchende sollen ausserdem härter angepackt werden. In vielen Fällen reiche die Schwere der Delikte nicht aus für einen strafrechtlichen Freiheitsentzug, so Jans. Um diese Personen von weiteren Delikten abzuhalten, sollten alle straf- und ausländerrechtlichen Massnahmen bis hin zur Administrativhaft optimal ausgeschöpft werden.
Dafür müsse der Informationsaustausch zwischen den Migrationsbehörden von Bund und Kantonen und den kantonalen Strafverfolgungsbehörden verbessert werden. Geplant seien etwa Runde Tische mit allen beteiligten Akteuren.
Pilotprojekt im Tessin gestartet
Im Tessin wurden bereits weitere Massnahmen getroffen, um die Situation in den Asylzentren zu verbessern, wie Jans sagte. So seien beispielsweise die Anzahl Vollzeitstellen für die Organisation und Betreuung von Beschäftigungsprogrammen und gemeinnützigen Einsätzen erhöht worden.
Im Schuljahr 2024/25 startet zudem ein Pilotprojekt zur Beschulung von 16- und 17-jährigen unbegleiteten Minderjährigen. Zur Entlastung der Standorte im Südtessin führen Bund und Kanton zudem Gespräche über alternative Standorte für die Unterbringung von Asylsuchenden im Kanton Tessin, wie Jans ausführte.
Auch Baume-Schneider reiste schon nach Chiasso
Chiasso machte im vergangenen Jahr mehrfach wegen der Zustände im dortigen Bundesasylzentrum Schlagzeilen. Lokale und kantonale Behörden fordern Verbesserungen. Im September 2023 besuchte die damalige Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider Chiasso, um sich ein Bild von der Lage im Südkanton zu machen.
Nach zwei Monaten im Amt reiste auch ihr Nachfolger Beat Jans nach Chiasso. Der SP-Politiker tauschte sich dort mit Vertreterinnen und Vertretern von kommunalen und kantonalen Behörden aus.