Orthodoxer Jude niedergestochen 15-Jähriger hatte wohl Hilfe bei Aufnahme von Bekennervideo

dmu

5.3.2024

Ein Schild bei der Mahnwache in Zürich, die am Sonntag als Folge auf den Angriff eines Jugendlichen auf einen orthodoxen Juden stattfand.
Ein Schild bei der Mahnwache in Zürich, die am Sonntag als Folge auf den Angriff eines Jugendlichen auf einen orthodoxen Juden stattfand.
Keystone

Vor seinem Angriff auf einen orthodoxen Juden in Zürich nahm der mutmassliche Täter ein Video auf. Laut zwei Terrorexperten nutzt der 15-Jährige darin IS-Wortlaute und hatte womöglich Hilfe bei der Aufnahme.

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  • Am Samstag hat ein Jugendlicher einen orthodoxen Juden in Zürich niedergestochen.
  • Vor der Tat hat der 15-Jährige ein Bekennervideo aufgenommen.
  • Laut zwei Terrorexperten nutze der Jugendliche darin Wortlaute, die man eindeutig der Terrororganisation IS zuschreiben könne.
  • Zudem zweifeln sie daran, dass der Täter bei der Aufnahme des Videos allein handelte.

Ein 15-Jähriger hat am Samstag einen orthodoxen Juden in Zürich niedergestochen. Gestern wurde bekannt, dass vom Jugendlichen ein Bekennervideo, aufgenommen vor der Tat, existiert. Der Zürcher Regierungspräsident Mario Fehr bestätigte: «Das Video ist authentisch.»

Zwei Terrorexperten haben die Aufnahme für «20 Minuten» analysiert. Es handle sich um «ein sehr interessantes Video», so der Belgier Pieter Van Ostaeyen. Er sowie der Schweizer Experte Guido Steinberg sind sich einig, der leiste Täter am Anfang des Videos einen Gefolgschafts-Eid mit einem Wortlaut, den man eindeutig dem IS zuschreiben könne.

Dabei schwöre er nicht auf den IS als Organisation, sondern Abu Hafs Al-Hashimi Al-Qurashi die Treue, dem mittlerweile fünften Kalifen des IS – «und das in einem Wortlaut, den man klar dem IS zuschreiben kann», wird Steinberg zitiert. Dies beweise, dass es sich beim 15-Jährigen um einen IS-Insider handle.

Im restlichen Verlauf der Aufnahme ruft der Täter zu Gewalt gegen Juden und Christen auf. «Das steht ganz im Einklang mit der IS-Kampagne, die wir im Januar gesehen haben», so Van Ostaeyen. Gemäss Steinberg kündigte der Jugendliche im Video seine Tat in Zürich an. So habe er deutlich gemacht, er werde in eine Synagoge gehen, um dort Juden zu töten und danach weiter Jagd auf Ungläubige zu machen.

Zweifel, ob Täter allein handelte

Wie sich der 15-Jährige radikalisierte, ist bis anhin nicht bekannt. Gemäss «Tages-Anzeiger» stammt er aus dem Zürcher Unterland. Verantwortliche von Stadt und Kanton Zürich bestätigten zudem, dass der Täter vor zwölf Jahren eingebürgert wurde und tunesischer Abstammung sei.

Gemäss Van Ostaeyen würden Jugendliche zumeist online radikalisiert. Eine neue Generation von Jihadisten soll der alten Generation folgen. Manchmal habe diese ein Vorbild in der eigenen Familie oder im Freundeskreis.

Die beiden Terrorexperten Pieter Van Ostaeyen und Guido Steinberg stellen ausserdem unabhängig voneinander infrage, ob der Täter allein handelte. «Mir würde es plausibel erscheinen, dass jemand dem Teenager mindestens den Eid zum Ablesen gab und er wahrscheinlich nicht allein plante», wird Steinberg von «20 Minuten» zitiert. Van Ostaeyen habe ebenfalls den Eindruck, eine weitere Person sei beim Aufnehmen des Videos dabei gewesen.

Der IS sei weltweit am Erstarken. Gemäss Van Ostaeyen könne man «gut von einem Wiedererwachen sprechen».