Eskalation verhindernCoronastrategie gescheitert – Taskforce will neue Massnahmen
tafi
10.11.2020
Das Coronavirus lässt sich mit der derzeitigen Strategie des Bundes nicht stoppen. Die nationale Covid-Taskforce will sie deshalb stark überarbeiten, um eine allfällige dritte Welle doch noch zu verhindern.
Testen, Rückverfolgen, Isolation, Quarantäne: TRIQ nennt sich die Coronastrategie des Bundes. Und die ist in ihrer derzeitigen Anwendung fehlgeschlagen. Zu diesem Schluss kommt die Covid-19-Taskforce des Bundes in einem aktuellen Dossier. Die wissenschaftlichen Berater betonen, dass TRIQ als Eindämmungsmassnahme der Pandemie nicht generell gescheitert ist.
Vielmehr hapert es gewaltig bei der operativen Umsetzung. Um eine neue Eskalation der Lage zu verhindern, haben die Experten neue Empfehlungen erarbeitet – quasi eine Bedienungsanleitung, mit der Bund und Kantone TRIQ effizienter nutzen sollen.
Konkrete Empfehlungen
«Das Gesundheitssystem in der Schweiz stösst an seine Grenzen», hatte die Taskforce im letzten Lagebericht am vergangenen Freitag gewarnt. Die Ursachen dafür liegen darin begründet, dass die TRIQ-Strategie seit Oktober unter starkem Druck steht. Wie schon bei der ersten Welle im Frühjahr sei die Rückverfolgung der Kontakte (Contact Tracing) rasch zusammengebrochen.
«Wir müssen die nötigen Lehren aus der zweiten Welle ziehen und die Implementierung von TRIQ grundlegend überdenken», fordert die Taskforce in ihrem heute veröffentlichten Policy Brief und gibt acht konkrete Empfehlungen, damit vor allem Tests und das Contact Tracing auch im grossen Massstab funktionieren.
Coronakennzahlen in Echtzeit
Der wichtigste Punkt dabei sind bessere Kennzahlen: Die Taskforce fordert, dass «eine Reihe von technischen Metriken zur Überwachung und Skalierbarkeit von TRIQ» erstellt werden. Sie dienen als Frühwarnindikatoren und sollen auf kantonaler und Bundesebene in Echtzeit verfügbar sein.
Ein Beispiel dafür sind die Positivitätsraten, die bereits jetzt veröffentlicht werden. Zusätzlich sollte aber auch die Zeit gemessen werden, wie lange man auf einen Test warten oder wie lange es dauert, bis die Resultate vorliegen. Mit diesen Indikatoren liessen sich drohende Probleme frühzeitig erkennen.
Zielgerichtetes Contact Tracing
Das Contact-Tracing-Personal sollte sich auf die sogenannte Rückwärtsverfolgung, also die Identifizierung von Clustern und Infektionsquellen, konzentrieren. Sie sei zielgerichteter, weil sich damit der Ursprungskontakt einer infizierten Person schneller finden lässt.
Das Vorwärtstracing, also die Information aller Kontakte nach der Entdeckung der Infektion, sollte automatisiert werden, zum Beispiel über die SwissCovid-App, die mit zu implementierenden QR-Code-Lösungen auch zur Anwesenheitskontrolle etwa in Restaurants genutzt werden könnte. In vielen Fällen, so schreibt die Taskforce, können zudem «Indexfälle ermächtigt werden, die Quarantänekandidaten direkt zu kontaktieren».
Mehr und schneller testen
Eminent wichtig sei auch eine Erweiterung der Testkapazitäten. Derzeit arbeiten die Labore in der Schweiz noch viel zu selten im erforderlichen «industriellen Massstab». Bedeutend mehr Tests seien notwendig, um die Positivitätsrate unter die von der WHO empfohlene Fünf-Prozent-Marke zu drücken: Nur so liesse sich die Zirkulation des Virus unter Kontrolle halten. Um dies zu gewährleisten, fordert die Taskforce mehr Personal und eine bessere Abstimmung zwischen Bund und Kantonen bei der Verteilung von Reagenzien.
Coronatests sollten nach Auftreten von Symptomen oder bei anderen Verdachtsmomenten schneller durchgeführt werden und die Ergebnisse innert kürzester Zeit vorliegen und kommuniziert werden. Im Idealfall sollten PCR-Tests spätestens am nächsten Tag durchgeführt werden und zwölf bis 24 Stunden später die Ergebnisse vorliegen. Bei Antigen-Schnelltests sollte das alles innerhalb weniger Stunden abgeschlossen sein.
Bessere Kommunikation, verkürzte Quarantäne
Wichtig sie zudem eine generell verbesserte und schnellere Kommunikation mit Patienten sowie zwischen den Behörden und Kantonen. Zudem sei es wichtig, dass Personen die angeordnete Quarantäne vorzeitig verlassen können, wenn sie in der hochsensiblen Zeitspanne nach der Exposition mit dem Virus einen negativen Test vorweisen können.
Bund in der finanziellen Pflicht
Nicht zuletzt sollte der Bund im Sinne einer besseren Effizienz alle Kosten für die TRIQ-Strategie übernehmen. «Dazu gehören neben den Kosten für die Tests (was bereits vorgesehen ist) auch die Kosten für das Contact Tracing in den Kantonen und die Kompensation des Lohnausfalles isolierter und unter Quarantäne gestellter Personen», heisst im Policy Brief der Taskforce.