Showdown Wovon träumen die Demokraten? Fakten zum Impeachment-Auftakt

Von Philipp Dahm

21.1.2020

Was habe ich denn bitte falsch gemacht??? Donald Trump (Zweiter von links) neben Mitch McConnell (Zweiter von rechts).
Was habe ich denn bitte falsch gemacht??? Donald Trump (Zweiter von links) neben Mitch McConnell (Zweiter von rechts).
Bild: Keystone

So ein Amtsenthebungsverfahren ist eine komplizierte Sache – nicht nur, weil Donald Trump sich zu winden gewohnt ist. Hier finden Sie die wesentlichen Punkte klipp und klar erklärt.

Wie geht es beim Impeachment weiter?

Heute beginnt die vorletzte Phase des Impeachment-Verfahrens, bevor 100 Senatoren per Abstimmung darüber entscheiden, ob Donald Trump des Amtes enthoben wird. Der republikanische Mehrheitsführer des Senats Mitch McConnell und der Demokrat Adam Schiff streiten noch über das genaue Prozedere.

Es dürfte jedoch auf dieses Szenario hinauslaufen: Zuerst präsentiert der Kongress seine Anklage, zu der Trumps Anwälte Stellung nehmen können. Insgesamt haben beide Seiten zwei Tage Zeit, ihre Positionen darzulegen. Anschliessend dürfen die Senatoren beider Seiten 16 Stunden lang Fragen stellen, ehe es eine vierstündige Debatte gibt.

Danach könnten neue Zeugen auftreten, sofern es Mitch McConnell nicht gelingt, jene zu verhindern. Der Senat entscheidet in einer Abstimmung, wer noch aussagen darf.

Der ganze Prozess kann bis zu drei Wochen oder länger in Anspruch nehmen. Die Republikaner werden mit Blick auf zwei Termine versuchen, zügig zum Ende des Verfahrens zu kommen: Am 3. Februar sind die Demokraten-Vorwahlen in Iowa, für den 4. Februar hat Trump eine Ansprache an die Nation angekündigt.

Unter welchen Bedingungen müsste Trump abtreten?

Die 100 Senatoren sind seit ihrer Vereidigung nun eigentlich unabhängige Richter. Wenn zwei Drittel von ihnen in der finalen Phase für die Amtsenthebung stimmen, würde Vizepräsident Mike Pence Trumps Job übernehmen. Doch so weit wird es wohl nicht kommen: 53 der 100 Senatoren sind Republikaner.

Ist es vorstellbar, dass 20 Republikaner die Seiten wechseln? Allenfalls neue Zeugen(-aussagen) und neue Aspekte innerhalb der bereits bekannten Vorwürfe könnten noch einmal für Wut beim Wähler sorgen und diesen oder jenen Republikaner überzeugen, seine Loyalität zu Trump aufzukündigen. Dies alles ist aber nur mit ganz viel Fantasie vorstellbar.

Auf welches Verteidigerteam setzt der US-Präsident?

Der prominenteste Name ist der von Kenneth Starr – er hat sich beim Amtsenthebungsverfahren gegen Bill Clinton als Ankläger profiliert. Auch Alan Dershowitz ist ein bekannter Jurist: Er hat Prominente wie O.J Simpson, Jeffrey Epstein oder Harvey Weinstein vertreten.

Clinton-Ankläger Kenneth Starr 1998 in New York.
Clinton-Ankläger Kenneth Starr 1998 in New York.
Bild: Keystone

Doch nicht die beiden Stars des amerikanischen Justiz-Firmaments führen das achtköpfige Team an, sondern Trumps persönlicher Rechtsbeistand Jay Sekulow und Pascale «Pat» Cipollone, Rechtsberater des Weissen Hauses. Die Anwälte Robert Ray, Jane Raskin und Eric Herschmann vervollständigen das Team.

Herschmann ist Partner in der Anwaltskanzlei von Donald Trumps langjährigem Advokat Marc Kasowitz. Jane Raskin wurde unter Ronald Reagan ins Justizministerium berufen und half dem US-Präsidenten schon bei den Russland-Recherchen von Sonderermittler Robert Mueller.

Robert Ray wiederum war Kenneth Stars Nachfolger als Ankläger beim Office of Special Counsel – das war eine unabhängige Behörde innerhalb des Justizministeriums, die nach dem Whitewater-Skandal gegründet wurde, um bis Anfang des Jahrtausends dem Präsidenten Bill Clinton auf die Finger zu schauen.

Welche Strategie hat die Verteidigung?

Seine Mannschaft, die gerade ein Memorandum zur Anklage veröffentlichte, hat sich Donald Trump mit Blick aufs TV-Publikum ausgesucht, berichtet CNN: Die Zuschauer sind das eigentliche Zielpublikum dieses speziellen US-amerikanischen Polit-Theaters.

Trumps Anwälte bezeichneten den Prozess in ihrer Stellungnahme als «fadenscheinig» und als «verfassungsrechtliche Travestie». Konkret argumentieren sie, die beiden Anklagepunkte  – Machtmissbrauch und Behinderung des Kongresses in den Ermittlungen dazu – reichten nicht aus, um den Präsidenten tatsächlich des Amtes zu entheben. Trump habe nichts Falsches getan, kein Verbrechen begangen.

Augen zu und durch: Mitch McConnell.
Augen zu und durch: Mitch McConnell.
Bild: Keystone

Mitch McConnell hat auch deshalb einen komprimierten Plan für die Eröffnungsreden vorgeschlagen – er soll am Donnerstag vom Senat abgesegnet werden. Eigentlich hatte der Republikaner versprochen, sich bei den Regeln am Amtsenthebungsverfahren gegen den früheren Präsidenten Bill Clinton zu orientieren, er wich jedoch letztlich deutlich davon ab. 

Worauf hoffen die Demokraten?

Sie werden sich jetzt vielleicht fragen: Was bleibt den Demokraten eigentlich noch, wenn die Mehrheitsverhältnisse im Senat so klar sind? 

Die Partei weiss, dass sie zuallererst eine Sache vermeiden muss: auszusehen wie Wahlverlierer, die dem Erstplatzierten den Sieg nicht gönnen können. Deshalb war bisher jedwedes Handeln der Demokraten hochgradig staatstragend: Die Gründerväter werden bemüht, die Verfassung zitiert und die Gewaltenteilung gelobt.

Staatstragend: Eine demokratische Delegation übergibt Impeachment-Akten.
Staatstragend: Eine demokratische Delegation übergibt Impeachment-Akten.
Bild: Keystone

Es sei nur einmal die Ankündigung Nancy Pelosis vor einigen Wochen, dass das Impeachment eingeleitet werde, betrachtet: Als Demokraten mit Applaus reagieren, wirft sie jenen einen Blick zu und macht eine Geste, die die Parteikollegen sofort verstummen lässt: Keine Häme sollen diese zeigen, sondern ums System besorgte Würdenträger darstellen.

Eine These lautet: Die Demokraten wollen Donald Trump gar nicht des Amtes entheben. Also: wollen schon. Aber sie schätzen es eben auch realistisch ein. Das Verfahren könnte deshalb zumindest dazu dienen, Trump beim Wähler zu diskreditieren: Je mehr Wähler über dessen Gebaren wirklich Bescheid wüssten, desto geringer sei seine Chance auf eine Wiederwahl im kommenden November.

Wenn tatsächlich noch etwas bekannt werden sollte, was Trump erheblich schadete, könnten die Demokraten auch ein zweites Impeachment anstrengen. Insofern hat die amerikanische Linke gar keinen Druck, nur darf sie selbst auch nicht in Verlegenheit geraten.

Bilder des Tages

Zurück zur Startseite