Gesunkenes Flaggschiff Wo ist die Crew der «Moskwa»?

amo

21.4.2022

Kein Lebenszeichen, keine Nachrichten, keine Antworten: Verzweifelte Eltern von Crewmitgliedern des russischen Kriegsschiffs «Moskwa» wissen nicht, was mit ihren Kindern passiert ist. 

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Seit einer Woche herrscht Ungewissheit, was mit der Besatzung des russischen Kriegsschiffs «Moskwa» passiert ist. Der Stolz der Schwarzmeerflotte, wie der Raketenkreuzer auch genannt wird, sank am 14. April. 

An Bord war auch der 20-jährige Nikita Syromjasow. Er leistete seinen Wehrdienst auf dem Kriegsschiff. Seine Mutter Dubinina weiss nicht, was mit ihm geschehen ist. Sie erhalte keine Antworten. Seit drei Tagen schweige der Kommandeur, schreibt der «Spiegel». 

«Wo ist mein Sohn?»

Die Chancen, dass ihr Sohn Nikita den Untergang der «Moskwa» überlebt habe, seien gering. Er sei im Maschinenraum der «Moskwa» eingesetzt worden. Dort hätten ukrainische Raketen eingeschlagen, erzählt Dubinina. Das habe ihr jedenfalls ein russischer Offizier erzählt. Dieser sei ebenfalls auf der «Moskwa» stationiert gewesen und habe den Untergang überlebt. Was wirklich mit Nikita geschehen ist, weiss seine Mutter nicht. 

«Sie sagen, mein Sohn ist vermisst. Aber was heisst das? Ist er tot?», sagt die verzweifelte Dubinina im Interview mit dem «Spiegel» weiter und fordert: «Sie sollen uns endlich die Wahrheit sagen!»

Auf Antworten warten Eltern der «Moskwa»-Crew bis heute vergebens. Auch über die Gründe, warum das Kriegsschiff gesunken ist, herrscht Unklarheit.

«Der Stolz der Schwarzmeerflotte»: Die «Moskwa» unterwegs auf dem Meer in der Nähe der Krim im Jahr 2014. 
«Der Stolz der Schwarzmeerflotte»: Die «Moskwa» unterwegs auf dem Meer in der Nähe der Krim im Jahr 2014. 
Keystone/AP Photo/Darko Vojinovic

Uneinigkeit über die Gründe, warum die «Moskwa» gesunken ist

Fakt ist: Die «Moskwa» liegt auf dem Meeresgrund. Unklar ist jedoch nach wie vor, warum. Nach ukrainischer Darstellung wurde der Raketenkreuzer von zwei Neptun-Raketen getroffen. Russland hingegen meldet, das Schiff sei durch die Detonation von Munition an Bord in Brand geraten. Die «Moskwa» sei am Abend des 14. Aprils während eines Sturms untergegangen, als sie an ihr Ziel geschleppt werden sollte. Das teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Ein Abschleppen sei notwendig geworden, da das Schiff seine Stabilität aufgrund von Schäden am Rumpf verloren habe, hiess es weiter. «Bei stürmischer See sank das Schiff.»

An dieser Darstellung haben zumindest einige internationale Militärexperten ihre Zweifel: Der Wind in der Region um Sewastopol, wohin das Schiff mutmasslich gebracht werden sollte, sei am Donnerstag gar nicht besonders stark gewesen, berichtete etwa der US-Sender CNN unter Berufung auf einen früheren General. Sewastopol auf der 2014 annektierten Halbinsel Krim ist der Hauptstandort der russischen Schwarzmeerflotte.

Moskau schweigt

Nach dem Untergang der «Moskwa» hat das Verteidigungsministerium in Moskau ein Video veröffentlicht, das Mitglieder der Besatzung zeigen soll. Der Oberkommandierende der russischen Marine, Nikolai Jewmenow, habe sich mit den Matrosen in Sewastopol getroffen, teilte die Behörde am Samstag mit. Von vermissten Besatzungsmitgliedern war nicht die Rede. 

Auch die Frage nach Todesopfern bleibt bis jetzt unbeantwortet. Kremlsprecher Dmitri Peskow verwies auf das Verteidigungsministerium. Peskow war in einer Pressekonferenz auf Schreiben von Angehörigen hingewiesen, die keinen Kontakt zu ihren Söhnen aufnehmen konnten, die Besatzungsmitglieder auf der «Moskwa» seien. Angaben über getötete, verletzte oder verschollene Soldaten an Bord fallen in Russland unter das Staatsgeheimnis.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow macht keine konkreten Angaben zum Verbleib der «Moskwa»-Crew und verweist auf das Verteidigungsministerium. (Archivbild)
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow macht keine konkreten Angaben zum Verbleib der «Moskwa»-Crew und verweist auf das Verteidigungsministerium. (Archivbild)
Alexei Nikolsky/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

Mutter gibt nicht auf 

Nachdem Dubinina erfahren hat, dass die «Moskwa» schwer beschädigt worden ist, hat sie sich beim russischen Militär gemeldet. Danach rief sie die Spitäler in der Region rund um Sewastopol an. Der Name ihres Sohnes Nikita war nirgends zu finden. So wie Dubinina geht es zahlreichen Eltern von russischen Crewmitgliedern. Angehörige sprechen gegenüber dem «Spiegel» von mindestens 30 vermissten Männern. Darunter seien auffällig viele Wehrdienstleistende wie Nikita. 

Eltern aus verschiedenen Teilen Russlands warten auf Antworten. Alle würden abgewimmelt werden, sagt ein Familienvater dem «Spiegel». Wie Dubinina gibt auch er nicht auf und beharre auf einer schriftlichen Antwort der Armee. Bisher wartet er vergebens. 

Ein Satellitenbild zeigt die «Moskwa» am 7. April in Sewastopol.
Ein Satellitenbild zeigt die «Moskwa» am 7. April in Sewastopol.
Keystone/Satellite image ©2022 Maxar Technologies via AP