Putin will sich Gaslieferungen künftig in Rubel bezahlen lassen
Russland werde seinen vertraglichen Verpflichtungen bei Menge und Preisen natürlich nachkommen, sagte der russische Präsident Wladimir Putin. Die Änderungen beträfen nur die Währung.
24.03.2022
Geht es nach Wladimir Putin, müssen «unfreundliche Staaten» ihre Gasrechnung in der russischen Währung bezahlen. Erste Auswirkungen zeigen sich bereits, der Rubel legt zu. Wie reagiert der Westen?
Länder, die als «unfreundliche Staaten» auf Russlands schwarzer Liste stehen, erhalten nur noch Gas gegen Rubel. Kremlchef Wladimir Putin hat am Mittwoch verkündet, keine andere Währung für Gaslieferungen zu akzeptieren. Betroffen sind die USA, die Mitglieder der EU, Grossbritannien, Japan, Kanada, Norwegen, Singapur, Südkorea, die Ukraine und auch die Schweiz.
Vor der Anweisung Putins vom Mittwoch hatte ein Dollar noch mehr als 100 Rubel gekostet. Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar war der Kurs drastisch abgestürzt. Für einen Dollar mussten zeitweise fast 160 Rubel gezahlt werden.
Putins Entscheid stärkt russische Währung
Putins Schritt dürfte darauf abzielen, den taumelnden Rubel zu stützen. Mit der Zahlung der Gas-Lieferungen in der russischen Währung würde die Rubel-Nachfrage zunehmen, was den Wechselkurs unterstütze, kommentierte Rohstoffexpertin Kerstin Hottner vom Schweizer Investmenthaus Vontobel. Aktuell würden etwa 60 Prozent der russischen Gaslieferungen in Euro und 40 Prozent in US-Dollar bezahlt. Die Frage sei, ob es überhaupt möglich wäre, für die teils langfristigen Lieferverträge kurzfristig die Zahlungswährung zu ändern. Und ob Gasimporteure überhaupt ihre Währungen in Rubel tauschen könnten, da viele russische Banken und auch die Zentralbank unter Sanktionen stünden.
Rubel-Entscheid «ökonomisch wenig sinnvoll»
Analysten der Dekabank bewerteten den Schritt Russlands als ökonomisch wenig sinnvoll. Er dürfte letztlich ein Versuch sein, die EU zu zwingen, die eigenen Sanktionen zu unterlaufen. «Denn aktuell wären solche Zahlungen sanktionsbedingt kaum umsetzbar.» Westliche Länder haben im Ausland lagernde russische Devisenreserven weitgehend blockiert. Zudem sind zahlreiche russische Geschäftsbanken von dem für internationale Zahlungen wichtigen Informationssystem Swift ausgeschlossen worden.
Devisenfachmann Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank gibt allerdings zu bedenken, dass nicht alle russischen Banken von Swift ausgeschlossen seien. Der Erwerb von Rubel, um damit die Gas-Rechnung zu bezahlen, sei also durchaus möglich. «Um Rubel zu erwerben, muss niemand die Sanktionen gegen die russische Zentralbank brechen.»
«Eskalation des Wirtschaftskrieges»
«Putin sendet damit zunächst einmal ein politisches Signal», sagte Analyst Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX: «Letztlich handelt es sich wohl um eine Retourkutsche auf die verhängten Sanktionen des Westens.» Der Ökonom Jens Südekum sprach von einem «klaren Vertragsbruch» durch Russland und einer Eskalation des Wirtschaftskrieges zwischen dem Westen und Moskau.
Inwieweit die Liquidität am Rubelmarkt derzeit ausreiche, um alle Gasrechnungen in der russischen Währung zu begleichen, sei schwer zu sagen, ergänzte Analyst Umlauf. «Besonders tief dürfte der Markt nicht sein, weil ja alle westlichen Länder faktisch aussen vor sind.» Allerdings könne die russische Notenbank theoretisch unbegrenzt Rubel drucken und an die Gas-Käuferländer gegen Devisen abgeben, wobei der Umtauschkurs fraglich sei. Putin hat der Zentralbank eine Woche Zeit gegeben, um die Modalitäten für die Umstellung festzulegen.
Unterläuft der Westen seine eigenen Sanktionen?
Ökonom Südekum sagte dem Berliner Sender Radio1, dies sei ein «perfides Spiel». Der Westen unterliefe seine eigenen Sanktionen, wenn er sich Rubel bei Russlands Zentralbank besorge, um Gazprom für Lieferungen zu bezahlen, sagte der Universitätsprofessor für internationale Volkswirtschaftslehre des Instituts für Wettbewerbsökonomie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Denn es gebe kaum internationale Märkte für Rubel.
Putin begehe einen Vertragsbruch und «testet jetzt, ob wir da mitgehen», sagte Südekum. Dieses Spielchen könne der Westen aber nicht ernsthaft mitmachen. Dies könne im Ernstfall tatsächlich bedeuten, dass Gaslieferungen eingestellt werden: «Das ist zumindest mit dem heutigen Tag wahrscheinlicher geworden.»
Gaswirtschaft ist irritiert
Die Ankündigung, dass Gaslieferungen aus Russland künftig in Rubel bezahlt werden müssen, ist in der deutschen Gaswirtschaft auf Unverständnis gestossen. «Wir haben die Meldung, dass Russland Gaslieferungen nur noch in Rubel abwickeln will, mit grosser Irritation zur Kenntnis genommen», sagte der Vorstand des Branchenverbandes Zukunft Gas, Timm Kehler, der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. «Welche Auswirkungen das auf den Gashandel konkret haben wird, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen.» Es mache allerdings den Eindruck, dass die Sanktionen wirkten und Putin zunehmend unter Druck gerate.
Der österreichische Energiekonzern OMV will seine Zahlungen für russisches Gas entgegen den Wünschen von Putin vorerst nicht von Euro auf Rubel umstellen. «Ich dürfte so etwas gar nicht», sagte OMV-Chef Alfred Stern am Mittwoch dem TV-Sender Puls 24. Laut Vertrag seien die Rechnungen nämlich in Euro zu begleichen. Bislang sei die russische Seite noch nicht wegen dieser Angelegenheit auf OMV zugekommen.
Kiew warnt EU vor Zahlung mit Rubel
Der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba hat die EU-Staaten davor gewarnt, auf russische Forderung hin Gasimporte künftig in Rubel zu bezahlen.
Es wäre demütigend, falls ein EU-Land darauf eingehen sollte, schrieb Kuleba am Donnerstag auf Twitter: «Das ist, als ob man mit einer Hand der Ukraine hilft und mit der anderen Russland hilft, Ukrainer zu töten.» Die Europäer sollten «eine weise und verantwortungsvolle Entscheidung» treffen.