Schützenpanzer für KiewSchafft die Ukraine mit Bradley, Marder und AMX-10 die Wende?
Von Andreas Fischer
6.1.2023
Jetzt doch: Berlin liefert Marder-Schützenpanzer an die Ukraine
Die Bundesregierung will nach monatelangem Zögern nun doch Marder-Schützenpanzer an die Ukraine liefern, Berichten zufolge geht es um zunächst 40 Fahrzeuge. Auch die USA und Frankreich liefern jetzt Panzer an Kiew.
06.01.2023
Frankreich, die USA und Deutschland liefern nun doch westliche Schützenpanzer in die Ukraine. Doch was bringen Marder, Bradley M2 und AMX-10 RC militärisch? Und was verraten sie über die Strategie Kiews?
Von Andreas Fischer
06.01.2023, 15:35
Andreas Fischer
Monatelang hatte Wolodymyr Selenskyj die westlichen Alliierten und insbesondere Deutschland um Panzer westlicher Bauart gebeten. Bekommen hat die Ukraine bislang aber nur schwere Kampffahrzeuge sowjetischer Bauart, die von ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes zur Verfügung gestellt wurden.
Doch nun haben nach langem Zögern Frankreich, Deutschland und die USA der Ukraine zugesagt, westliche Schützenpanzer für den Kampf gegen die russischen Angreifer zu liefern. Doch was bringen Marder (Deutschland), Bradley M2 (USA) und AMX-10 RC (Frankreich) der Ukraine militärisch? Und was verraten sie über die Strategie Kiews für die kommenden Monate?
«Der Unterschied der nun gelieferten Systeme zu bisherigen Lieferungen ist, dass es sich dabei um Nato-Bestände handelt», ordnet Niklas Masuhr auf Anfrage von blue News ein. Dabei handele es sich keineswegs um die modernsten Panzer der Nato. Der Militär-Analyst vom Center for Security Studies der ETH Zürich erklärt: «Die A3-Version des Marder, von der wohl vor allem gesprochen wird, entstammt den 1990er-Jahren. Die Basisplattform ist aber bereits 50 Jahre alt.»
Nicht ganz neu
Allerdings werde der kampfwertgesteigerte (Militärjargon für modernisiert) Marder noch immer in der Bundeswehr eingesetzt, zuletzt auch in Afghanistan. Auch der Bradley M2 ist bereits einige Jahre alt: Die USA setzten ihn schon während der «Operation Desert Storm», dem Irakkrieg von 1991, ein.
«AMX-10, Marder und M2 Bradley sind keine Kampfpanzer wie Leopard, Abrams oder T-72», erklärt Masuhr. «Der AMX ist ein gepanzertes Aufklärungs- und Feuerunterstützungsfahrzeug auf Rädern, der Bradley ein Infantry Fighting Vehicle, oder Schützenpanzer, wie auch der Marder.» Standardmässig sind Bradley und Marder mit Maschinenkanonen, der AMX mit einer 105-mm-Kanone bewaffnet und verfügen über Panzerabwehrraketen.
Masuhr hält es zwar für denkbar, «dass die Ukraine eigene und sowjetische beziehungsweise russische Raketen auf diesen Panzerfahrzeugen integriert». Richtige Kampfpanzer seien aber «eine andere Hausnummer», so Masuhr. Diese sind mit grosskalibrigen Kanonen – 120 mm in der Nato, 125 mm auf dem T-72 – sowie deutlich stärkerer Panzerung ausgerüstet.
Ohne Panzer keine Gegenoffensive
«Panzerfahrzeuge sind kritisch und weit wichtiger als noch im Spätherbst für die Ukrainer», erklärt Masuhr, warum die Lieferung der Schützenpanzer dennoch bedeutsam ist. Der Grund: «Gegenoffensiven, um das besetzte Staatsgebiet zu befreien, werden tendenziell schwerer. Russland hat sich die letzten Monate eingegraben, wird stetiger und kompetenter geführt und mobilisiert Wehrpflichtige.»
Es sei noch unbekannt, wie gut sich diese Wehrpflichtigen an der Front schlagen werden und «insbesondere, ob sie der russischen Armee die Fähigkeit zu Offensiven zurückgeben». Aber die leichten Brigaden, mit denen die Ukraine die bisherigen erfolgreichen Gegenoffensiven in Momenten russischer Schwäche geführt hat, «werden in Zukunft nicht ausreichen».
Hier kommen die versprochenen Panzerfahrzeuge aus Frankreich, den USA und aus Deutschland ins Spiel. Sie seien dafür konzipiert, im Verbund mit Kampfpanzern zu operieren und Infanterie zu transportieren. «Den Soldaten soll durch die Maschinenkanone dann Feuerunterstützung geliefert werden», erläutert Masuhr. «Bradley, Marder und AMX-10 können russischen Panzern durchaus gefährlich werden, falls sie aus dem Hinterhalt agieren können und die Schützenpanzer mit Raketen ausgestattet sind.»
Schickt Deutschland demnächst auch Kampfpanzer?
In Deutschland diskutiert die Politik derweil bereits über die Lieferung weiterer Panzer. «Es kommt sehr spät, aber nicht zu spät», begrüsste Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, dass «speziell das Kanzleramt» endlich den Weg für die Lieferung der Marder freigemacht habe. «Wir lassen nicht locker. Nach dem Marder kommt der Leopard», so die Politikerin weiter. Die Ukraine fordert seit Monaten auch die Lieferung der schweren deutschen Kampfpanzer Leopard 2.
Auch der CDU-Aussenpolitiker Roderich Kiesewetter forderte Scholz auf nachzulegen. «Westliche Kampfpanzer können die Wende bringen», schrieb er auf Twitter.