Selenskyj, die USA und Patriot-SystemMachtdemonstration auch ohne «magischen Schutzschirm»
Von Andreas Fischer
21.12.2022
Washington bestätigt: Selenskyj auf dem Weg in die USA
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird an diesem Mittwoch zu seiner ersten Auslandsreise seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der US-Hauptstadt Washington erwartet.
21.12.2022
Seine erste Auslandsreise seit Kriegsbeginn führt Wolodymyr Selenskyj in die USA. Der Präsident der Ukraine erwartet viel von dem Besuch – unter anderem die Patriot-Raketenabwehr. Die allerdings ist keine Wunderwaffe.
Von Andreas Fischer
21.12.2022, 16:42
21.12.2022, 16:44
Andreas Fischer
Erstmals seit Kriegsbeginn reist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ins Ausland und trifft sich in Washington D.C. mit Joe Biden. Der US-Präsident will während des Besuchs Selenskyjs die Lieferung des Patriot-Flugabwehrsystems an Kiew offiziell bekannt geben. Das ist für die Ukraine eine gute Nachricht.
Die Patriot-Flugabwehrsysteme könnten die russischen Raketenangriffe auf die Infrastruktur der Ukraine bedeutend abschwächen. Die Hightech-Geräte der USA gelten als sehr zuverlässig und treffsicher. Aber taugen sie auch dazu, ein Gamechanger im Krieg zu werden?
«Patriots sind keine Wunderwaffen»
«Patriot ist ein sehr leistungsfähiger Komplex», schätzt Niklas Masuhr auf Nachfrage von blue News ein. «Aber das bedeutet nicht, dass es sich hierbei um einen magischen Schutzschirm handelt», dämpft der Militär-Analyst vom Center for Security Studies der ETH Zürich allzu hohe Erwartungen. Masuhr verweist auf Drohnen der jemenitischen Huthi-Rebellen, die 2019 saudische Radars umflogen: Dies sei zwar keine technische Schwäche an sich, «aber Patriots sind eben keine Wunderwaffen».
Wie andere Luftverteidigungssysteme sei auch das Patriot-System auf bestimmte Bedrohungs- und Zielprofile spezialisiert, erläutert Masuhr. «Ursprünglich als taktisches Luftverteidigungssystem mittlerer Reichweite konzipiert, wird es heutzutage im US- und NATO-Kontext auch zur Abwehr taktischer ballistischer Raketen kurzer und mittlerer Reichweite vorgesehen.»
Putin unter Druck, Selenskyj zeigt Stärke
Die Fähigkeit sich gegen ballistische Raketen zu verteidigen, könnte für die Ukraine zukünftig noch wichtiger werden. Russland habe seine Iskander-Raketen bei den bisherigen Angriffswellen tendenziell zurückgehalten, so Masuhr. Die Armee verfüge daher vor allem verglichen mit Kalibr-Marschflugkörpern wohl über relativ hohe Reserven. «Zudem stehen seit Wochen Gerüchte im Raum, dass Moskau seine Reserven mit iranischen Raketen auffüllen könnte. In diesem Kontext könnte der Schritt, Patriot zu liefern ein antizipatorischer sein.»
Auch wenn die russische Armee im Donbas einige kleinere Geländegewinne verzeichnet: Die Optionen im Angriffskrieg gegen die Ukraine schwinden zunehmend. Für Putin wird die Luft dünner. Zumal der Besuch von Wolodymyr Selenskyj in den USA die russische Führung nervös zu machen scheint. «Das alles führt zweifellos zu einer Verschärfung des Konflikts und verheisst an sich nichts Gutes für die Ukraine», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Für die Ukraine hingegen ist der Besuch auch eine Machtdemonstration. «Erstens zeugen sowohl der Besuch selbst als auch die Ebene der geplanten Treffen eindeutig von dem hohen Mass an Vertrauen zwischen den Ländern», schrieb Selenskyjs Berater Mychajlo Podoljak in einer Stellungnahme gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. «Zweitens macht dies endlich Schluss mit den Versuchen der russischen Seite, eine angeblich wachsende Abkühlung unserer bilateralen Beziehungen aufzuzeigen.»
Patriots nicht sofort einsatzbereit
Der Besuch werde Schlüsselbereiche der militärischen Zusammenarbeit aktivieren und optimieren sowie ein klareres Bild der Zukunft zeichnen, wenn der Krieg nicht korrekt beendet wird, so Podoljak weiter. Dabei spielen die Patriot-Flugabwehrsysteme eine zentrale Rolle, auch wenn sie nicht sofort einsatzbereit sind.
«Patriot, wie der Begriff medial verwendet wird, ist ein Komplex aus Sensor- und Feuereinheiten, kein einzelnes Fahrzeug», erläutert Niklas Masuhr. «Das System hat tendenziell den Ruf, ein komplexes System zu sein, das einen hohen Trainings- und Personalaufwand erfordert.» Militärexperten gehen laut Masuhr davon aus, «dass mit Patriot ausgestattete ukrainische Luftverteidigungseinheiten ab Februar operativ sein sollen».
Kurz erklärt: Das Patriot-Raketenabwehrsystem
Beim Besuch des ukrainischen Staatschefs Wolodymyr Selenskyj in Washington will US-Präsident Joe Biden wohl bekannt geben, dass die US-Armee das Raketenabwehrsystem Patriot in die Ukraine liefert. Das bodengestützte System kann Raketen und Marschf