Late Night USA «Warum macht Trump mit jedem fleischköpfigen Trottel ein Foto?»

Von Philipp Dahm

17.1.2020

Zeigen Sie mit dem Finger auf einen Verdächtigen.
Zeigen Sie mit dem Finger auf einen Verdächtigen.

Auch wenn der US-Senat Donald Trump wohl nicht des Amtes entheben wird, ist der historische Makel da. Und Handlanger wie Lev Partnas, die auspacken, machen Trumps Image nicht besser.

«Es ist offiziell», läutet Seth Meyers seine «Late Night»-Show ein – und meint damit natürlich die Eröffnung des Impeachmentverfahrens gegen Donald John Trump.

«Und weil er wusste, dass dieser historische Moment kommen würde, hat sich Trump dazu entschieden, sein Ego bei einer seiner Gruppentherapie-Sitzungen in Wisconsin zu streicheln.»

Dort habe sich der Präsident mit dem Kult seiner «kriecherischen Bewunderer umgeben und noch so viele wenig beeindruckende, weisse Typen auf die Bühne geholt wie möglich».

«Vorsprechen für Viagra-Werbespot»

Moderator Meyers kommt in Fahrt. «Ich meine, schaut Sie euch an. Das sieht aus wie ein Vorsprechen für einen [Viagra]-Werbespot. Oder wie der letzte Vorhang der Aufführung von «12 Angry White Men» im Lokaltheater.»

Wahlkampfprediger Trump und zwölf Apostel auf der politischen Bühne in Wisconsin.
Wahlkampfprediger Trump und zwölf Apostel auf der politischen Bühne in Wisconsin.

Wie es tönt, wenn sich der 73-Jährige (einmal mehr) selbst lobt, ist ab Minute 0:58 zu sehen. Hier die wörtliche Übersetzung:

«Wir haben alles produziert, was wir gesagt haben. Und mehr und mehr. Davor war es Gerede. Ich sagte: Ich mache das. Wir kümmern uns um euren Handel, was wir mit China gemacht haben. Jetzt, am Mittwoch, unterschreiben wir … Das ist morgen … Was wir mit dem USMCA [USA-Mexiko-Kanada-Abkommen] gemacht haben, was wir mit Japan gemacht haben: ein 40-Milliarden-Dollar-Handelsvertrag. Und es hat viel mit unseren Bauern zu tun … Südkorea … Oh, Ihr werdet Trump lieben müssen.»

Spülzwang und Umwelt-Spinner

Ab Minute 2:07 weitere Ausschnitte vom 14. Januar aus Wisconsin: Wie schon zuvor spricht der US-Präsident über Toiletten, Lavabos und Spülzwänge. Wahrscheinlich ist dem Mann gerade jedes Thema recht – ausser dem Amtsenthebungsverfahren.

«Ihr werdet Trump lieben müssen» – Seth Meyers widerspricht.
«Ihr werdet Trump lieben müssen» – Seth Meyers widerspricht.

Am 15. Januar sollte etwa eine Pressekonferenz über den Handelsvertrag mit China die Medien ablenken, doch der Gastgeber schläferte die Journalisten ein, indem er sehr viele Freunde zur Verkündung einlud, die er namentlich begrüsste («Kristi, ich wusste nicht, dass du hier sein würdest») – zu sehen ab Minute 2:47.

Dass der Mann aus dem Weissen Haus nicht immer ganz astrein unterwegs ist, zeigt die Tatsache, dass Trump bei jener Verkündung urplötzlich auf ein völlig fremdes Thema zu sprechen kommt (ab Minute 4:00): Feuerwerk am 4. Juli, dem NationalfeIertag, an Mount Rushmore, dem Nationalsymbol. Und das aus Umweltgründen kein Feuerwerk abgefackelt werden dürfe.

Den Wald vor lauter Bäumen...

Warum nur, wenn Mount Rushmore doch aus Stein ist, wundert sich der Präsident. «Du Idiot», sagt Meyers nachvollziehbarerweise. «Es ist in den Black Hills in South Dakota. Es ist umgeben von Bäumen!»

Mount Rushmore – nur fast feuerfest.
Mount Rushmore – nur fast feuerfest.

Ablenkung könnte das Weisse Haus auch gebrauchen, weil Lev Parnas ausgepackt hat: Er war als Gehilfe von Rudy Giuliani mit Kumpel Igor Fruman am Airport verhaftet worden, als die beiden das Land verlassen wollten – oder «Mario und Luigi aus dem Mafia-Anfangslevel», wie Meyers sie nennt. «Die sowjetischen ‹Scott & Huutch›, nur dass beide Huutch sind.»

Kein Tom Hanks: «Scott & Huutch» ohne Scott.
Kein Tom Hanks: «Scott & Huutch» ohne Scott.

Verdächtige Ermittler

Parnas und Fruman hätten Trump-Anwalt Rudy Giuliani bei dessen «Ermittlungen» in der Ukraine unterstützt, hiess es. Dabei würden sie weniger wie Juristen und mehr wie die Typen aussehen, die bei Bowlingbahnen für die Leih-Schuhe verantwortlich sind, findet Meyers.

Lieb, aber vefrtrottelt, findet Meyers diese Trio.
Lieb, aber vefrtrottelt, findet Meyers diese Trio.

Aber was soll man schon erwarten, wenn sich ein Giuliani in der Ukraine als Trumps persönlicher und nicht präsidialer Anwalt vorgestellt hat, wie die Show ab Minute 6:35 zeigt? Das sei auch völlig normal, so der New Yorker. Meyers: «Wenn du deinen Brief mit einer Erklärung beginnen musst, dass das, was du tust, nicht verdächtig ist, ist das definitiv verdächtig.»

Parnas hat berichtet, dass er bei einem Treffen im Ritz Carlton in Wien auf den ukrainischen Präsidenten angersetzt worden ist, um ihn zu einer Untersuchung gegen Gasgigant Burisma und die Bidens zu bewegen.

Meatheads

Unterstützung bekam er dabei von Robert Hyde, der sich in Connecticut erfolglos für die Republikaner um einen Parlamentsposten beworben hat. «Warum macht Trump mit jedem fleischköpfigen Trottel in der Tri-State-Area ein Foto macht?», fragt sich der Moderator.

Fotobeweis? Nicht unbedingt: Donald Trump kennt Robert Hyde wahrscheinlich nicht. 
Fotobeweis? Nicht unbedingt: Donald Trump kennt Robert Hyde wahrscheinlich nicht. 

Parnas hat mit SMS aufgezeigt, dass die beiden die US-Botschafterin in der Ukraine gestalkt haben, weil Marie Jovanowitsch offenbar zu korrekt war und somit Giulianis Bande im Weg stand: Clips dazu sehen Sie ab Minute 9:03. Ob das alles aber Trump zu Fall bringen wird, ist mehr als fraglich.

Vielleicht hat sich Nancy Pelosi auch schon jetzt darauf verlegt, zu feiern, dass das Verfahren – das erst zum dritten Mal überhaupt ­eingeleitet wurde – und nun auf ewig als historischer Makel in Trumps präsidialer Vita steht – zu sehen ab Minute 10:36, und von Seth Meyers bei 11:03 nochmal schön auf den Punkt gebracht.

Pelosis Peil wird Trump erreicht – und ganz gewiss auch getroffen haben.

Late Night USA – Amerika verstehen

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

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