Late Night USA Heute nehmen wir Trump Jr. ins Visier – denn das tote Schaf war rar

Von Philipp Dahm

13.12.2019

Auf ein Wort, Donald Trump. Sagt Seth Meyers. Im übertragenen Sinne. Nicht wörtlich.
Auf ein Wort, Donald Trump. Sagt Seth Meyers. Im übertragenen Sinne. Nicht wörtlich.
Screenshot: YouTube

Wenn ein 73-Jähriger eine 16-Jährige angreift, sein Sohn ein geschütztes, grosses Schaf abknallt und man sich wundert, welcher Skandal den Trump'schen Clan zu Fall bringt, ist: Jagdsaison bei Late Night USA.

Donald Trump ist angeblich verwundert, dass es – bei all seinen Verfehlungen – die Ukraine-Affäre ist, die ihn womöglich zu Fall bringen könnte, so beginnt «Late Night with Seth Meyers» bei Minute 1.14. In den Worten eines nicht näher genannten Beraters tönt das so: «Ehrlich gesagt glaube ich, er ist etwas überrascht, dass es die Ukraine-Sache ist, die das ausgelöst hat»  [meint: das Amtsenthebungsverfahren ausgelöst hat].

«Das ist ein erstaunliches Geständnis», meint Seth Meyers, «das ist, als würdest du in einer Polizeikontrolle auf dein kaputtes Rücklicht angesprochen und sagen: ‹Rücklicht? Ich habe aber auch zehn Leichen im Kofferraum …›»

Dabei sei der Gedanke gar nicht einmal so abwegig: «Trump hat seine Macht unverhohlen und wiederholt missbraucht: Er hat die Russland-Ermittlungen behindert, Migranten-Familien Menschenrechte verwehrt, von seinem Amt profitiert, eine Bestechung erbeten und Schweigegeld gezahlt, um eine Affäre zu vertuschen und – als Sahnehäubchen – hat er eine 16-jährige Klimaaktivistin angegriffen. [Er attackiert] Greta Thunberg einfach nur, weil sie versucht, den Planeten zu retten.»

«Sie soll mal chillen?», fragt Meyers ungläubig. «Wenn du schreist, siehst du wie eine Zecke aus, die im Begriff ist, zu platzen. Schauen Sie ihn sich an – wie eine tollwütige Beutelratte, die einen anzischt, weil man seinem Nest zu nahekommt. Ausserdem bist du ein 73 Jahre alter Mann, der eine 16-jährige Aktivistin angreift, weil sie sich um die Umwelt sorgt. Vergegenwärtigen Sie sich einmal, wie traurig das ist.»

Was sagt das über den US-Präsidenten selbst aus? Meyers: «Du bist die Hülse von einem Mann. Obwohl – nicht einmal das. Um die Hülse von einem Mann zu sein, hätte er am Anfang ein Mann sein müssen: Er ist die Hülse von einer Hülse.»

Und als sei das alles noch nicht genug, ist Trumps Mann fürs Grobe, Rudy Giuliani, derzeit auch noch in der Ukraine, wie wir ab Minute 3.43 sehen: Das sei, als würde man in die Bank zurückgehen, die man ausgeraubt hat, um ein Foto für die Weihnachtskarte zu machen. Tönt blöd, sieht aber lustig aus!

Rudy Giuliani hat Weihnachten einen ganzen Sack voller Geld bekommen.
Rudy Giuliani hat Weihnachten einen ganzen Sack voller Geld bekommen.
Screenshot: YouTube

Dass mittlerweile in Sachen Ukraine auch gegen Giuliani selbst ermittelt wird – egal. Dass sein inzwischen inhaftierter Handlanger Lev Parnas eine Million Dollar aus Russland bekommen hat, die er hat geheimhalten wollen – geschenkt. Wie soll der gemeine Parteisoldat dieses Gebaren noch verteidigen? Wie rechtfertigen, was das Weisse Haus da treibt?

Die Republikaner haben einen Ausweg auch aus dieser argumentativen Misere gefunden: Entweder sie reden einfach so schnell, dass ihnen niemand mehr folgen kann – eindrucksvoll vorgeführt ab Minute 5.46 – oder sie vergessen einfach die Fakten, wie etwa Lindsey Graham.

Der kann sich weder den Namen von Burisma merken, der ukrainischen Firma, die Joe Bidens Sohn Hunter in den Aufsichtsrat berufen hat (ab Minute 7.15). Oder aber sie erfinden einfach neue Worte: Eine kreative Schöpfung wird ab Minute 9.14 vorgeführt.

Lindsey Graham und Namen verhalten sich analog zu schlecht informierten Eltern und die komplizierten Namen dieser neumodischen Schauspieler.
Lindsey Graham und Namen verhalten sich analog zu schlecht informierten Eltern und die komplizierten Namen dieser neumodischen Schauspieler.
Screenshot: YouTube

Ultima Ratio wäre dann bloss noch, das Offensichtliche zu leugnen: Der Republikaner Stephen Castor etwa will noch nicht einmal eingestehen, dass Joe Biden der demokratische Hauptkonkurrent Donald Trumps ist. Seine Dickfelligkeit können Sie ab Minute 10.14 bewundern – und jene wird nur noch von Meyers anschliessender Parodie darauf getoppt.

Zusätzlich möchten wir Ihnen noch das Segment «Look at These Assholes» aus der «Daily Show» ans Herz legen. Hier sehen Sie zwar nichts Neues: Es geht um Trumps Greta-Tweet und Don Jr. Mongolei-Trip. Erwähnenswert ist aber zum einen Trevor Noahs Vorstellung eines Yoga-Chill-Tapes mit Donald Trump (ab Minute 1.28) und seine Ergänzung, dass Thunberg die Beleidigung aufgegriffen hat. Ihr aktueller Status auf Twitter:

Greta Thunberg, 16, zeigt, wie man mit 73-jährigen Bullys umgeht.
Greta Thunberg, 16, zeigt, wie man mit 73-jährigen Bullys umgeht.
Screenshot: Twitter

Zum anderen bekommen wir so noch einmal die Chance, Don Jr. ins Visier zu nehmen. Quizfrage: Wie macht man sich noch unbeliebter, wenn man ohnehin schon «von Beruf Sohn» ist? Jep, man jagt eine bedrohte Tierart. Kann man das noch toppen? Na klar, man nimmt ein besonders ungefährliches, gutmütiges Tier, wie es ein Schaf ist. Oder nein, ein extra grosses Schaf. Halt, halt – und das schiesst man dann am besten auch noch des Nachts ab – mit einem mit Laser-Zielgerät versehenen Gewehr.

Kraftausdrücke? Muss das sein? Nein, sicher nicht – aber man blökt auch keine minderjährigen Aktivisten an und schiesst auch keine geschützten Tiere. Punkt.
Kraftausdrücke? Muss das sein? Nein, sicher nicht – aber man blökt auch keine minderjährigen Aktivisten an und schiesst auch keine geschützten Tiere. Punkt.
Screenshot: YouTube

Das klingt nach bester Satire, ist aber blutrot-graue Realität. Es fehlt eigentlich bloss noch, dass das arme Tier angebunden gewesen wäre.

Wahr ist dagegen, dass die Abschussgenehmigung im Nachhinein erteilt worden ist. Also die für das grosse, bräsige, weisse Schaf. – und gemeint ist notabene nicht die Abschusserlaubnis für Jr., sondern – sic! – die Tiertötung.

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50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

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