Cuomo am Ende? Staatsanwaltschaft beschuldigt US-Gouverneur der sexuellen Belästigung

dpa/toko

3.8.2021 - 18:53

Zahlreiche Frauen werfen Andrew Cuomo sexuelle Belästigung vor, aber der Gouverneur wies die Vorwürfe immer wieder zurück. Jetzt aber hat eine offizielle Untersuchung ergeben: Cuomo hat mehrere Frauen sexuell belästigt. Ist das das Ende seiner politischen Karriere?

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Ungewollte Küsse und Berührungen, unangebrachte Kommentare und eine «feindliche Arbeitsatmosphäre» mit einem «Klima der Angst»: New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo soll einer Untersuchung zufolge mehrere Frauen sexuell belästigt haben.

«Wir stellen fest, dass der Gouverneur eine Reihe von früheren und derzeitigen Mitarbeiterinnen des Bundesstaats sexuell belästigt hat, indem er sie unter anderem ungewollt berührt hat, sowie beleidigende, sexuell-anzügliche Kommentare gemacht hat, die eine feindliche Arbeitsatmosphäre für Frauen geschaffen hat», heisst es in einem am Dienstag in New York von Generalstaatsanwältin Letitia James veröffentlichten 168 Seiten langen Bericht.

Andrew Cuomo hat sich schon im Vorfeld für mögliche «Fehlinterpretationen» seines Verhaltens entschuldigt, aber alle Vorwürfe zurückgewiesen und einen Rücktritt abgelehnt.
Andrew Cuomo hat sich schon im Vorfeld für mögliche «Fehlinterpretationen» seines Verhaltens entschuldigt, aber alle Vorwürfe zurückgewiesen und einen Rücktritt abgelehnt.
Richard Drew/AP/dpa

7400 Beweismaterialien

Für die Untersuchung sei mit 179 Zeugen gesprochen und rund 7400 Beweismaterialien seien gesichtet worden, sagte James bei einer Pressekonferenz. Daraus sei «ein sehr verstörendes, aber klares Bild» von einem «verstörenden Verhaltensmuster» des Gouverneurs entstanden. Unter anderem habe es ungewollte Berührungen, Küsse, Umarmungen und unangebrachte Kommentare gegeben. Ausserdem habe Cuomo eine für Frauen «feindliche Arbeitsatmosphäre» und ein «Klima der Angst» geschaffen. Die Anschuldigungen kommen vor allem von elf Frauen. «Ich glaube diesen Frauen und ich danke ihnen für ihren Mut», sagte James.



Ihre Arbeit sei damit abgeschlossen, sagte die Generalstaatsanwältin weiter. «Der Bericht spricht für sich selbst.» Es habe sich um eine zivile Untersuchung gehandelt, die nicht automatisch strafrechtliche Konsequenzen nach sich zöge – auch wenn sich diese auf Basis des veröffentlichten Beweismaterials separat ergeben könnten. «Die nächsten Schritte liegen beim Gouverneur, beim Parlament und bei der Öffentlichkeit.» Von Cuomo gab es zunächst keine Reaktion.

Der 63-Jährige hatte sich zuvor für mögliche «Fehlinterpretationen» seines Verhaltens entschuldigt, aber alle Vorwürfe zurückgewiesen und einen Rücktritt mehrfach entschieden abgelehnt. Den hatten auch Mitglieder der eigenen Demokratischen Partei gefordert, nachdem mehrere Frauen Cuomo Anfang des Jahres öffentlich sexuelle Belästigungen vorgeworfen hatten. Die Vorwürfe erinnern an Fälle sexueller Belästigung im Zuge von #MeToo, einer Bewegung die Cuomo einst öffentlich gepriesen hatte.

Vom Hoffnungsträger zum Beschuldigten

Generalstaatsanwältin James hatte daraufhin im März eine Untersuchung eingeleitet. US-Präsident Joe Biden hatte über seine Sprecherin erklären lassen, dass er die Untersuchung unterstütze. Cuomo hatte zugesagt, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten und war Medienberichten zufolge stundenlang von den Ermittlern befragt worden.

In der Corona-Pandemie war Cuomo anfangs zum Hoffnungsträger der Demokratischen Partei geworden. Er inszenierte sich als Gegenentwurf zum damaligen republikanischen Präsidenten Donald Trump. Fast täglich informierte er mit klaren Worten und Power-Point-Präsentationen über die Entwicklung des Infektionsgeschehens in seinem Bundesstaat und die Massnahmen dagegen. Die Pressekonferenzen bekamen Kult-Status, wurden weltweit von Millionen Menschen live verfolgt – und der Gouverneur dafür schliesslich sogar mit einem Emmy ausgezeichnet, dem wichtigsten Fernsehpreis der USA. Der geschiedene Vater dreier erwachsener Töchter, dessen Vater Mario bereits zwischen 1983 und 1994 Gouverneur von New York war, ist seit 2011 im Amt – und war 2019 für eine dritte Amtszeit wiedergewählt worden.

Neben den Vorwürfen sexueller Belästigung droht Cuomo noch weiterer Ärger: Wegen nachträglich stark nach oben korrigierter Zahlen zu Todesfällen in Pflegeheimen in Zusammenhang mit der Pandemie geriet der Gouverneur in den Verdacht, das wahre Ausmass des Dramas verschleiert zu haben. Auch soll er Kritiker aus der Politik aggressiv angegangen sein und versucht haben, sie einzuschüchtern.