«Angeheizt durch Lügen» Donald Trump wegen Sturm auf US-Kapitol angeklagt

dpa/dor

2.8.2023 - 00:24

Trump erwartet «jederzeit» Anklage

Trump erwartet «jederzeit» Anklage

Washington 01.08.2023: Donald Trump rechnet mit der nächste Anklage: Dieses Mal geht es um seine Rolle im Zusammenhang mit der Wahl 2020 und der Attacke auf das Kapitol. Der Ex-Präsident geht davon aus, dass die Anklage von Sonderermittler Jack Smith zu seiner «friedlichen und patriotischen Rede» nun «jederzeit» in den nächsten Tagen kommen dürfte. Das schrieb der Republikaner auf der von ihm mit begründeten Plattform Truth Social. Trump verunglimpfte Smith einmal mehr als «gestört» und dessen Team als «parteiische Verbrechertruppe». Deren Vorgehen gegen ihn sei nichts als «Wahlbeeinflussung». Hintergrund sind die Untersuchungen gegen Trump zu seinen Versuchen, den Ausgang der Präsidentenwahl 2020 zu beeinflussen. Die gipfelten am 6. Januar 2021 in einer beispiellosen Attacke seiner Anhänger auf das US-Kapitol. Trump hatte seine Unterstützer in einer Rede kurz zuvor einmal mehr mit der Behauptung aufgewiegelt, dass er durch massiven Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden sei.

01.08.2023

Es ist bereits die dritte strafrechtliche Anklage gegen Donald Trump: Nun muss sich der Ex-Präsident wegen seiner Rolle beim Sturm aufs Kapitol und seinem Versuch, Joe Bidens Sieg in der Präsidentenwahl 2020 zu kippen,  verantworten. Trump muss am Donnerstag vor Gericht erscheinen.

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der frühere US-Präsident Donald Trump ist im Zusammenhang mit Versuchen der Wahlbeeinflussung und der Attacke auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 in vier Punkten angeklagt worden.
  • Trump hat seine Niederlage bei der Präsidentenwahl 2020 bis heute nicht eingestanden.
  • Es ist die zweite Anklage auf Bundesebene gegen den Ex-Präsidenten und die insgesamt dritte Anklage gegen ihn wegen einer Straftat.
  • Im Frühling war er bereits im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar in New York angeklagt worden. Er plädierte auf «nicht schuldig».
  • Im Juni folgte eine weitere Anklage in Miami, weil Trump Regierungsdokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe nach seiner Amtszeit in seinem Anwesen aufbewahrt und nach Aufforderung nicht zurückgegeben hatte. Auch hier plädierte er auf «nicht schuldig».
  • Dem Republikaner steht womöglich eine weitere Anklage bevor: Im Teilstaat Georgia ermittelte die Staatsanwaltschaft zweieinhalb Jahre lang wegen potenzieller Wahlbeeinflussung durch Trump und dessen Umfeld.

Eine weitere historische Anklage gegen Donald Trump: Der frühere US-Präsident muss sich wegen Versuchen der Wahlbeeinflussung und der Attacke seiner Anhänger auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 vor Gericht verantworten. In der 45-seitigen Anklageschrift werden Trump vier formale Anklagepunkte zur Last gelegt, darunter Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten. Am Donnerstag soll er in Washington vor Gericht erscheinen.

Sonderermittler Jack Smith gab die für einen ehemaligen Präsidenten beispiellose Anklage am Dienstagabend (Ortszeit) bekannt. Er sagte, Trump werde beschuldigt, eine Verschwörung gestartet zu haben, um die Vereinigten Staaten zu betrügen, Wählern ihr Wahlrecht zu entziehen und ein offizielles Verfahren zu behindern.

Die Serie an Anklagen

Es ist bereits die zweite Anklage auf Bundesebene gegen den 77-Jährigen und die insgesamt dritte Anklage gegen den Ex-Präsidenten wegen einer Straftat. In der neuen Anklage geht es erstmals um mutmassliche Straftaten während seiner Amtszeit im Weissen Haus.

Der damalige US-Präsident Donald Trump bei seiner Rede in Washington am 6. Januar 2021, bei der er seine Anhänger aufrief, vor das Kapitol zu ziehen, wo der Kongress tagte.
Der damalige US-Präsident Donald Trump bei seiner Rede in Washington am 6. Januar 2021, bei der er seine Anhänger aufrief, vor das Kapitol zu ziehen, wo der Kongress tagte.
Bild: Keystone/AP Photo/Evan Vucci

Trump will bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr erneut für die Republikaner antreten. Bislang liegt Trump Umfragen zufolge im Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber mit grossem Abstand vorne. Er streitet alle Vorwürfe ab und wertet jedes juristische Vorgehen gegen ihn als Versuch seiner Gegner, ihn von einem Wiedereinzug ins Weisse Haus abzuhalten.

Trumps Wahlkampfteam wetterte, die neue Anklage sei ein weiterer Versuch der Regierung von Präsident Joe Biden, in die Präsidentenwahl 2024 einzugreifen. Dies erinnere an das Vorgehen in Nazi-Deutschland und in anderen autoritären Regimen. Trump habe stets das Gesetz befolgt.

Der Feldzug nach der Wahl

Trump hatte die Präsidentenwahl 2020 gegen den Demokraten Biden verloren. Er gestand seine Niederlage aber nie ein, sondern verbreitet seitdem falsche Behauptungen, er sei durch massiven Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden. Trump und sein Umfeld versuchten damals auf diversen Wegen, das Ergebnis nachträglich noch zu kippen – unter anderem mit Klagen, aber auch mit politischem Druck auf Entscheidungsträger im Bund und in verschiedenen Bundesstaaten.

Der Feldzug gegen den Wahlausgang gipfelte schliesslich am 6. Januar 2021 in einem beispiellosen Gewaltausbruch: An jenem Tag erstürmten Anhänger Trumps den Sitz des US-Kongresses, wo zu der Zeit Bidens Wahlsieg formal bestätigt werden sollte. Trump hatte seine Unterstützer in einer Rede kurz zuvor einmal mehr mit der Behauptung angestachelt, dass er durch massiven Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden sei. Ein gewalttätiger Mob drang daraufhin in den Kongress ein. Fünf Menschen starben im Zuge der Krawalle.

Die Vorwürfe gegen Trump

In der Anklageschrift wird Trump vorgeworfen, er habe trotz besseren Wissens falsche Behauptungen über die Wahl verbreitet und dafür auch Personen im Justizministerium instrumentalisiert. «Trotz seiner Niederlage war der Beschuldigte entschlossen, an der Macht zu bleiben», heisst es darin. Trump habe gewusst, dass seine Betrugsbehauptungen nicht wahr seien. Er «schaffte eine intensive landesweite Atmosphäre des Misstrauens und der Wut und untergrub das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Durchführung der Wahl».

Trump habe wissentlich eine Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten angeführt. Dabei habe er sich mit sechs Komplizen zusammengetan, die in der Anklageschrift nicht namentlich erwähnt sind. Es handelt sich um vier Anwälte, einen Mitarbeiter der US-Justiz und einen politischen Berater.

Als Instrumente für die Verschwörung nennt die Anklageschrift falsche Behauptungen, die Aufstellung falscher Wahlleute, den Missbrauch staatlicher Stellen und die versuchte Instrumentalisierung von Vizepräsident Mike Pence. Dies habe auch zum Kapitol-Sturm geführt.

Trump hatte Pence, der die Kongresssitzung am 6. Januar 2021 in seiner Rolle als Vizepräsident leitete, damals offen aufgerufen, das Prozedere zur Bestätigung von Bidens Wahlsieg zu blockieren. Als Pence sich weigerte, hetzte Trump seine Anhänger gegen den Vize auf. Der Mob johlte an jenem Tag Rufe wie «Hängt Pence».

In der Anklageschrift wird auch aus persönlichen Unterhaltungen zwischen Trump und Pence zitiert - unter anderem unter Berufung auf damalige Notizen von Pence. In einem der Gespräche sagte Trump demnach zu seinem Vize: «Du bist zu ehrlich.»

Die Reaktionen

In den politisch tief gespaltenen USA rief die Anklage Trumps ganz unterschiedliche Kommentare hervor - seine Verbündeten verteidigten ihn dabei wie gewohnt kompromisslos. Ex-Vize Pence, der sich ebenfalls für die republikanische Kandidatur bewirbt, teilte dagegen scharf gegen seinen ehemaligen Chef aus: «Die heutige Anklage ist eine wichtige Erinnerung: Wer sich über die Verfassung stellt, sollte niemals Präsident der Vereinigten Staaten sein.» Trumps grösster innerparteilicher Konkurrent, Floridas Gouverneur Ron DeSantis, kommentierte die Vorwürfe in seinem Statement nicht direkt.

Der Berg an rechtlichen Problemen

Sonderermittler Smith sagte, er strebe in dem Fall ein schnelles Verfahren an. Die Kapitol-Attacke sei «ein beispielloser Angriff auf den Sitz der amerikanischen Demokratie» gewesen. Die Attacke sei durch «Lügen des Beschuldigten angeheizt» worden. Er betonte, Ermittlungen gegen andere Personen in dem Fall gingen weiter.

Sonderermittler Jack Smith bei einer Pressekonferenz zur Anklage gegen Donald Trump am 1. August 2023 im Justizministerium in Washington.
Sonderermittler Jack Smith bei einer Pressekonferenz zur Anklage gegen Donald Trump am 1. August 2023 im Justizministerium in Washington.
Bild: Keystone/AP Photo/J. Scott Applewhite

In den vergangenen Monaten war Trump bereits in zwei anderen Fällen angeklagt worden: zunächst im Frühling in New York im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar in New York. Damit war der Republikaner der erste Ex-Präsident in der US-Geschichte, gegen den wegen einer Straftat Anklage erhoben wurde. Im Juni folgte eine weitere Anklage in Miami, weil Trump Regierungsdokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe nach seiner Amtszeit in seinem Anwesen Mar-a-Lago aufbewahrt und nach Aufforderung nicht zurückgegeben hatte. Trump plädierte in beiden Fällen auf «nicht schuldig».

Ausserdem könnte ihm womöglich eine weitere Anklage bevorstehen: Im Bundesstaat Georgia ermittelte die Staatsanwaltschaft zweieinhalb Jahre lang ebenfalls wegen Trumps Rolle nach der Wahl 2020. Eine Entscheidung über eine etwaige Anklage steht dort noch aus.

Trump erscheint womöglich virtuell vor Gericht

Einer der Anwälte von Trump brachte ins Spiel, dass der Ex-Präsident nach der jüngsten Anklage gegen ihn womöglich auch virtuell vor Gericht erscheinen könnte. Trumps Anwalt John Lauro sagte am Dienstagabend (Ortszeit) dem US-Fernsehsender CNN auf die Frage nach dem für Donnerstag in Washington angesetzten Gerichtstermin in dem Fall, sein Mandant werde entweder virtuell oder in Person teilnehmen. Dies hänge letztlich vom Gericht ab.

dpa/dor