Abschottung und Überwachung So reagiert die Welt auf die neue Corona-Variante Omikron

tsha

29.11.2021

Omikron-Variante: WHO warnt vor «sehr hohem Risiko»

Omikron-Variante: WHO warnt vor «sehr hohem Risiko»

of the World Health Organization (WHO) headquarters building in Geneva Die Weltgesundheitsorganisation stuft das Risiko durch die neue Omikron-Variante des Coronavirus weltweit als «sehr hoch» ein. Ein starker Anstieg der Infektionsfälle durch die

29.11.2021

Die neue Virus-Mutante Omikron breitet sich aus. Weltweit reagieren Staaten und Impfstoffhersteller – mit Einreiseverboten, Handy-Überwachungen und der Einführung einer Impfpflicht.

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Vor einigen Tagen meldete Südafrika das Auftreten einer neuen Variante des Coronavirus, die wenig später von der Weltgesundheitsorganisation WHO als «besorgniserregend» eingestuft wurde. Viel weiss man noch nicht über die Gefährlichkeit der Mutante, sicher aber ist schon jetzt: Omikron ist längst dabei, sich weltweit auszubreiten. Auch in der Schweiz ist die Variante wahrscheinlich schon angekommen, wie das BAG am späten Sonntagabend mitteilte. 

Omikron besitzt im Vergleich zum ursprünglichen Sars-CoV-2 aus Wuhan eine ungewöhnlich hohe Zahl von etwa 30 Aminosäureänderungen im Spike-Protein. Darunter sind Mutationen, von denen bekannt ist, dass sie mit einer stärkeren Übertragbarkeit und sogenanntem Immunescape in Verbindung stehen. Immunescape bedeutet, dass die Omikron-Variante eine gegen andere Sars-CoV-2-Varianten aufgebaute Immunabwehr umgehen könnte. Hinzu kommen viele Mutationen, deren Bedeutung noch unklar ist.

Überhaupt ist noch nicht allzu viel zu Omikron bekannt. «Das Einzige, was man wirklich mit Sicherheit sagen kann: Es ist besser, wenn man geimpft ist. Es ist noch besser, wenn man geboostert ist», sagte der deutsche Virologe Christian Drosten am Sonntagabend im ZDF.

Reisende mit Schutzanzug an einem Flughafen in Malaysia: Weltweit wurden aufgrund der Ausbreitung der Omikron-Variante Einreisebeschränkungen erlassen.
Reisende mit Schutzanzug an einem Flughafen in Malaysia: Weltweit wurden aufgrund der Ausbreitung der Omikron-Variante Einreisebeschränkungen erlassen.
Bild: Keystone

So reagieren die Impfstoffproduzenten

Impfstoffhersteller weltweit bereiten sich derzeit auf die Ausbreitung von Omikron vor. Der Nachrichtenagentur dpa sagte das deutsche Unternehmen Biontech, das sein Vakzin zusammen mit dem US-Hersteller Pfizer produziert, man habe «unverzüglich Untersuchungen zur Variante» eingeleitet. Ausserdem habe man schon vor Monaten Vorbereitungen getroffen, um im Fall einer Escape-Variante des Virus den Impfstoff innerhalb von sechs Wochen anzupassen und erste Chargen innerhalb von 100 Tagen auszuliefern.



Der Hersteller Moderna arbeitet eigenen Angaben zufolge seit Thanksgiving an einem Impfstoff gegen die Omikron-Variante. Es werde aber noch einige Wochen dauern, bis man gesicherte Erkenntnisse darüber habe, wie sehr sich die neue Mutante der Wirkung der aktuellen Impfstoffe entziehe und ob ein neues Vakzin produziert werden müsse. AstraZeneca wiederum teilte mit, im südlichen Afrika Studien durchzuführen, um die Mutante näher zu untersuchen.

Der chinesische Hersteller Sinovac, dessen Vakzin weltweit am häufigsten eingesetzt wird, gibt sich zuversichtlich, schnell auf die Omikron-Variante reagieren zu können. «Allerdings müssen die entsprechenden Studien abgeschlossen und die neuen Impfstoffe gemäss den gesetzlichen Bestimmungen zugelassen werden», so das Unternehmen. «Es ist noch zu früh, um zu sagen, ob für diese Variante ein eigener Impfstoff entwickelt und hergestellt werden muss.»

Abschottung und Reisebeschränkungen

In China, wo das Corona-Virus Ende 2019 zum ersten Mal aufgetreten war, sieht man sich gut gerüstet gegen die Mutante. «Wenn die Omikron-Variante eine neue Angriffswelle startet, ist China am ehesten in der Lage, die Invasion zu verhindern», behauptete am Sonntag die parteinahe Staatszeitung «Global Times». Das Land hält an seiner strikten Null-Covid-Strategie fest und versucht, mit Massentestungen und Ausgangssperren lokale Virusausbrüche einzugrenzen.

Andere Staaten reagierten vor allem mit Reisebeschränkungen und stellten Flüge ins südliche Afrika, wo Omikron zuerst nachgewiesen wurde, ein. Die Schweiz, Grossbritannien, Singapur, Jordanien und weitere Länder verboten sämtliche Flüge in oder aus der Region, Deutschland beispielsweise lässt nur noch eigene Staatsbürger, die sich in Südafrika aufhalten, ins Land. Diese müssen sich allerdings in Quarantäne begeben. Eine ähnliche Regelung gilt seit Montag in den USA.



Auf eine fast komplette Isolation setzt hingegen Japan. Ab Dienstag lässt das Land generell keine Ausländerinnen und Ausländer mehr einreisen. Die Massnahme solle zunächst so lange gelten, bis genauere Informationen über die neue Corona-Mutante vorliegen, sagte Ministerpräsident Fumio Kishida am Montag.

Umstrittene Handy-Überwachung

In Israel wurde am Montag zum zweiten Mal eine Infektion mit der neuen Virusvariante identifiziert. Das Land hatte bereits in der Nacht mit umfangreichen Reisebeschränkungen auf Omikron reagiert. So müssen alle Menschen, die nach Israel einreisen, in Quarantäne – unabhängig von ihrem Impfstatus. Ausserdem beschloss die Regierung, die umstrittene Handy-Überwachung von Erkrankten wieder einzuführen.



In Südafrika selbst setzt die Regierung nun auf eine teilweise Impfpflicht. Das sagte Präsident Cyril Ramaphosa am Sonntagabend, ohne aber auf Details einzugehen. Die Reisebeschränkungen, die gegen sein Land eingeführt wurden, nannte er in einer Fernsehansprache eine «unfaire Diskriminierung».

Auch die Weltwirtschaft reagierte auf die Nachricht von der neuen Virus-Variante, erholte sich aber zu Wochenbeginn wieder vom Omikron-Schock. So stieg der Ölpreis am Montag stark an, nachdem am Freitag massive Verluste verzeichnet worden waren. Auch die Börsen, etwa in Frankfurt am Main, begaben sich auf Erholungskurs.

Woher kommt die Variante?

Unterdessen sucht die Wissenschaft nach einer Erklärung, wie eine Virusvariante mit derart vielen Mutationen entstehen konnte. So schrieb der deutsche Gesundheitsexperte Karl Lauterbach bereits am Freitag: «Die vielen Mutationen sprechen für Entstehung in HIV Patienten.»

Auch Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI), hält diese Erklärung für möglich. Der Nachrichtenagentur DPA sagte Watzl, dass sich das Virus im Körper von Menschen mit geschwächtem Immunsystem wochenlang vermehren und dabei mutieren könne. Im südlichen Afrika leben besonders viele HIV-positive Menschen, die keine ausreichende Therapie erhalten.

Noch im Laufe des Montags wollen die Gesundheitsminister der G7-Staaten über die Auswirkungen der Omikron-Variante diskutieren. Dazu rief Grossbritannien ein ausserplanmässiges Treffen ein. Die WHO stufte die Mutante unterdessen als «sehr hohes» globales Risiko ein. Das geht aus einem am Montag veröffentlichten Dokument hervor. Die Einstufung erfolge allerdings nur vorsorglich, da noch zu wenig über die Variante bekannt sei.

Mit Material der Nachrichtenagenturen DPA und SDA