Rassismus «Sie sind hinter mir her» – US-Cops töten erneut Schwarzen

Philipp Dahm

2.9.2020

In den USA hat die Polizei erneut einen Schwarzen erschossen. In Los Angeles gingen Menschen danach auf die Strasse, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu protestieren. Die Hintergründe der Tat sind unklar.

Nach tödlichen Schüssen eines Polizisten auf einen schwarzen Radfahrer haben in Los Angeles Menschen friedlich protestiert. Die Bewegung «Black Lives Matter» (BLM) zog am Dienstagabend in einen Protestmarsch vom Tatort zu einer Polizeistation. Mehr als 100 Menschen hatten sich bereits am Montagabend vor einem Sheriffbüro in der Nähe des Tatortes versammelt.

In einer am Dienstagabend veröffentlichten Erklärung der Sheriffbehörde hiess es, Beamte hätten versucht, Kizzee wegen eines Verkehrsdelikts mit seinem Rad anzuhalten. Er habe sein Fahrrad aber fallenlassen und sei geflüchtet. Als die Beamten ihn eingeholt hätten, habe er sofort einem von ihnen ins Gesicht geschlagen und eine Jacke fallenlassen. Dabei sei eine schwarze, halbautomatische Waffe zu Boden gefallen.

Angeblich zur Waffe gegriffen

Die Schüsse seien abgegeben worden, als der Mann «eine Bewegung» in Richtung der Waffe gemacht habe, hiess es in der Erklärung. Eine Augenzeugin erklärte der «Los Angeles Times», Kizzee sei an ihr Auto gekommen und habe gesagt: «Sie sind hinter mir her.» Er habe ihr Geld geboten, damit sie ihn mitnehme, sagte Latiera Irby. Das habe sie abgelehnt. Wenig später habe sie gesehen, dass er in ein Handgemenge mit einem Polizisten verwickelt gewesen sei.

Gespannte Stimmung in Los Angeles am 31. August.
Gespannte Stimmung in Los Angeles am 31. August.
EPA

Der Polizist sei dann zurückgewichen und habe auf Kizzee geschossen. Der Beamte und ein weiterer hätten zudem auf Kizzee geschossen, nachdem dieser zu Boden gefallen sei. «Er hatte nichts in der Hand», sagte die Augenzeugin. Nach Polizeiangaben wurde die Waffe sichergestellt. Kein Polizist sei verletzt worden. Auf Fernsehbildern aus der Luft war eine Schusswaffe in der Nähe der Leiche zu sehen.

Erst vor wenigen Tagen war in Kenosha im Staat Wisconsin der Schwarze Jacob Blake mehrfach von Polizisten in den Rücken geschossen worden, er ist nun querschnittsgelähmt. Im Anschluss wurde dort ebenfalls gegen Rassismus und Polizeigewalt protestiert. Im Mai war der Schwarze George Floyd in Minneapolis im Staat Minnesota nach Polizeigewalt gestorben.

«Er hatte sein ganzes Leben vor sich»

Kizzees Familie und Freunde richteten am Tatort einen Gedenkort ein und legten Blumen, Luftballons und Kerzen ab. Die Polizei hat Kizzees Namen noch nicht veröffentlicht, doch zwei Familienangehörige bestätigten, dass es sich um den 29-Jährigen handele. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP beschrieben sie Kizzee als einen energiegeladenen Mann mit vielen Freunden.

Demonstranten und Polizisten treffen am 31. August in Los Angeles aufeinander.
Demonstranten und Polizisten treffen am 31. August in Los Angeles aufeinander.
FR171731 AP

«Er hatte sein ganzes Leben vor sich und es wurde von bösartigen Sheriffs beendet», klagte seine Tante, Fletcher Fair. Kizzees Onkel Anthony Johnson sagte, er habe seinen Neffen oft gewarnt, dass er als schwarzer Mann besonders vorsichtig sein müsse. «Du hast eine Zielscheibe auf dem Rücken, nur weil du du bist», habe er ihm erst vor einigen Wochen gesagt. «Er sagte, ‹Ja, alles klar, Onkel›, wie er es immer gesagt hat.»

Die Polizei von Los Angeles, die grösste des Landes, hat keine Bodycams für die Beamten. Dies ändert sich jedoch bald. Am Dienstag wurden die entsprechenden finanziellen Mittel dafür genehmigt und die ersten Polizisten sollen im Oktober damit ausgestattet werden.

Dijon Kizzees Tante Debra Ray (zweite von links) weint während einer Ansprache ihrer Schwester Sheila Jackson (Zweite von rechts).
Dijon Kizzees Tante Debra Ray (zweite von links) weint während einer Ansprache ihrer Schwester Sheila Jackson (Zweite von rechts).
EPA
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