Lagebild Ukraine Selenskyjs Hoffnung erhält neue Munition

Von Philipp Dahm

20.3.2024

Neue Munition für die Ukraine: Pistorius kündigt weiteres Hilfspaket an

Neue Munition für die Ukraine: Pistorius kündigt weiteres Hilfspaket an

STORY: US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat der Ukraine im Abwehrkampf gegen den russischen Angriffskrieg die weitere Unterstützung der westlichen Welt zugesichert. Zum Auftakt eines Treffens der sogenannten Ramstein-Gruppe auf dem gleichnamigen US-Luftwaffenstützpunkt in Rheinland-Pfalz sagte Austin am Dienstag: Lloyd Austin, US-Verteidigungsminister «Die USA werden die Ukraine nicht scheitern lassen. Diese Koalition wird die Ukraine nicht scheitern lassen und die freie Welt wird die Ukraine nicht scheitern lassen.» Es müsse alles dafür getan werden, dass Russlands Präsident Wladimir Putin mit seinen «imperialen Plänen» nicht erfolgreich sei. «Machen wir uns nichts vor: Putin wird nicht bei der Ukraine Halt machen. Aber wie Präsident Biden gesagt hat, kann die Ukraine Putin aufhalten, wenn wir ihr zur Seite stehen und ihr die Waffen liefern, die sie braucht, um sich zu verteidigen.» Die ukrainischen Streitkräfte klagen schon länger über einen massiven Munitionsmangel. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius kündigte am Dienstag in Ramstein ein weiteres deutsches Hilfspaket mit einem Volumen von knapp einer halben Milliarde Euro an. Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung «Dazu gehören 10.000 Schuss Munition aus den Beständen unserer Streitkräfte. Die Auslieferung wird kurzfristig beginnen, also eigentlich sofort. Wir übernehmen ausserdem die Kosten für 180.000 Schuss Munition aus der tschechischen Initiative. Die Auslieferung erfolgt schrittweise in Etappen und wird im Sommer beginnen.» // «Zusätzlich haben wir als Deutschland noch einmal 100.000 Schuss 155 Millimeter Munition national unter Vertrag genommen. Auch hier soll die Auslieferung an die Ukraine noch in diesem Jahr beginnen.» Auf die Frage, ob Deutschland notfalls auch deutsche Bodentruppen schicken würde, antwortete Pistorius, Bundeskanzler Scholz habe klar gemacht, dass kein Stiefel ukrainischen Boden betreten werde. Dem gebe es derzeit nichts hinzuzufügen.

20.03.2024

Tschechien will nun insgesamt 1,5 Millionen Artilleriegranaten für die Ukraine beschaffen können. Warum Kiew schon jetzt seine Taktik ändern kann und wo Russland gerade zuschlägt, erfährst du hier.

Von Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Tschechien will zu den geplanten 800'000 weitere 700'000 Schuss Munition für die Ukraine aufgetrieben haben.
  • Drohnen-Angriff auf Bomber-Basis und Attacken in Belogorod: Die Angriffe auf russisches Gebiet halten an.
  • Russlands Militärblogger und Auslandsgeheimdienst berichten von Nato-Truppen auf russischem Gebiet und vor dem Abmarsch in die Ukraine.
  • Schlüsselstadt: Russlands Anrennen gegen Kupjansk.
  • Offensive westlich von Kreminna: Leopard 2A5 im Fokus.
  • Offensive westlich von Awdijwka: Knackpunkt Berdychi.

Kiew wittert Morgenluft. 800'000 Artilleriegranaten will eine tschechische Initiative für die Ukraine beschaffen. 18 Länder haben dafür rund 1,5 Milliarden Euro gesammelt, und die ersten 300'000 Granaten sollen noch vor dem Juni auf dem Schlachtfeld eintreffen, schreibt der «Guardian».

Doch damit nicht genug: Prag will nun weitere 700'000 Schuss Artillerie-Munition aufgetrieben haben. So stünden dann 1,5 Millionen Schuss auf der Einkaufsliste, für die drei Milliarden Euro gebraucht würden, berichtet das «Wall Street Journal». Dank der Aussicht, dass sicher Nachschub eintrifft, kann die ukrainische Armee jetzt schon ihre Taktik ändern.

Eine grössere Offensive ist zwar nicht zu erwarten, doch wenn es darum geht, dem Gegner möglichst grossen Schaden zuzufügen, ist es Gold wert, die Munition nicht mehr so streng rationieren zu müssen, so «Forbes». «Wir arbeiten effektiver mit unserer Artillerie», wird dazu der ukrainische Offizier mit dem Kampfnamen Arty Green zitiert. «Wir sind kreativer und smarter.»

Angriffe auf russisches Territorium gehen weiter

Flankiert werden die Artillerieangriffe von Drohnen, heisst es weiter: Die Artillerie werde gegen Truppenansammlungen eingesetzt, während die Drohnen dann versprengte Einheiten attackieren, so Forbes. Doch auch in Russland selbst haben sie zuletzt grossen Schaden angerichtet.

Das Finanz-Institut «JPMorgan Chase» schätzt, dass die Öl-Produktion um 600'000 bis 900'000 Barrel gesunken ist. Die Reparaturen dürften demnach Wochen dauern. Und die ukrainischen Angriffe auf russisches Gebiet halten an: In der Nacht auf den heutigen Mittwoch wurde bei Saratow der Militärflugplatz Engels-2 mindestens dreimal getroffen. Dort sind strategische Bomber vom Typ Tu-160 und Tu-95 stationiert.

Auch die Angriffe der russischen Partisanen in den Grenzgebieten Kursk und Belgorod halten an. Erst jetzt, nachdem die Scheinwahl vorbei ist, werden bestimmte Gebiete evakuiert, doch im Allgemeinen wird das Thema in Russland selbst angeblich totgeschwiegen.

Überall Nato-Truppen

Im Speziellen schreiben Militär-Blogger, dass nicht russische Partisanen, sondern rumänische Nato-Truppen hinter den Kämpfen stecken: Sie führten die russischen Partisanen an, heisst es. Doch auch der russische Auslandsgeheimdienst SWR berichtet von Nato-Soldaten: 2000 Franzosen sind demnach auf den Weg in die Ukraine.

Das behauptet SWR-Chef Sergei Naryschkin: «Früher oder später wird Macron die hässliche Wahrheit eingestehen müssen», wird der 69-Jährige zitiert. Dass die bald eintreffenden Soldaten ein «legitimes Ziel» für den Kreml sind, versteht sich von selbst. Dass im französischen TV gleichzeitig besprochen wird, wo französische Soldaten in der Ukraine eingesetzt werden können, spielt Moskaus Propaganda in die Hände.

Die russischen Verluste in den besetzten Gebieten bleiben derweil hoch: Auch an Material hat der Kreml zuletzt besonders stark eingebüsst. Die Truppen wirken nach den letzten Offensiven erschöpft: Moskau kommt trotz der Überlegenheit nur langsam voran.

Anrennen gegen Kupjansk

Einer der Schwerpunkte der russischen Armee ist der nördliche Frontabschnitt. Kupjansk ist eine Schlüsselstadt: Würde Moskau dort einziehen, könnte man Charkiw in der Flanke bedrohen. Seit Monaten hält der Kreml in dem Gebiet rund 40'000 Soldaten bereit.

Kupjansk (markiert) ist die Schwelle über den Fluss Oskil und würde der russischen Armee ermöglichen, Charkiw im Osten von zwei Seiten zu bedrohen.
Kupjansk (markiert) ist die Schwelle über den Fluss Oskil und würde der russischen Armee ermöglichen, Charkiw im Osten von zwei Seiten zu bedrohen.
Google Earth

Doch immer wieder scheitert Moskau an dem nördlichen Vorposten von Kupjansk: Zuletzt wurde versucht, das Dorf Synkivka innerhalb des Waldes an der Flanke zu umgehen.

Das Dorf Synkivka und der westliche gelegene Wald sind das Bollwerk von Kupjansk.
Das Dorf Synkivka und der westliche gelegene Wald sind das Bollwerk von Kupjansk.
YouTube/Reporting from Ukraine

Doch die ukrainische Verteidigungslinie im Gehölz ist offenbar zu stark, sodass Synkivka wieder frontal angegriffen wird – und sich die russischen Verluste dabei weiter erhöhen, während sie nur marginale Fortschritte machen, berichtet Reporting from Ukraine.

Russische Offensive westlich von Kreminna: Leo im Fokus

70 Kilometer südlich von Kupjansk liegt das Dorf Terny: Die ukrainischen Gebiete westlich des besetzten Kreminnas sind weiter unter Druck. In diesem Bereich hätte Kiew fast einen Stridsvagn 122 alias Leopard 2A5 verloren.

Der Panzer aus deutscher Produktion wurde nahe Terny beschädigt. Die russische Armee versuchte, das Gefährt abzuschleppen, doch eine ukrainische Drohne hat das – vorerst – verhindert.

Offensive westlich von Awdijwka: Knackpunkt Berdychi

Moskaus Offensive westlich von Awdijwka ist an einem kritischen Punkt angekommen. Dabei geht es gar nicht so sehr um die russische Eroberung von Orlivka: Wer das Lagebild regelmässig liest, weiss, dass sich die Einnahme des Dorfes abgezeichnet hat. Der Knackpunkt ist vielmehr das Dorf Berdychi.

Bei Berdychi (eingekreist) können die natürlichen Hindernisse umgangen werden, die die bereiche A und B trennen.
Bei Berdychi (eingekreist) können die natürlichen Hindernisse umgangen werden, die die bereiche A und B trennen.
DeepStateMap/ph

Orlivka liegt hinter natürlich Gewässern. Die andere Seite des Ufers liegt erhöht. Die natürliche Barriere endet aber in Berdychi: Wenn die russische Armee das Dorf erobert, kann sie den Verteidigern in die Flanke fallen.