«Satan II» explodiert beim Start Putin will Ukraine-Rakete nachbauen und macht sich zum Gespött

Andreas Fischer

23.9.2024

Mit der Atomrakete Sarmat will Putin Angst und Schrecken verbreiten: Doch zuletzt gab es wohl eine Explosion an der Startrampe.
Mit der Atomrakete Sarmat will Putin Angst und Schrecken verbreiten: Doch zuletzt gab es wohl eine Explosion an der Startrampe.
KEYSTONE

Die russische Atomrakete RS-28 Sarmat soll eine «Wunderwaffe» sein, behauptet Wladimir Putin. Nun ist ein Exemplar offenbar beim Start explodiert. Für den Kreml ist das ein ziemlich peinlicher Rückschlag.

Andreas Fischer

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Russland will mit der Rakete RS-28 Sarmat das Atomwaffenarsenal modernisieren – und scheitert bislang krachend. Jetzt wurden Spuren einer gewaltigen Explosion an der Startrampe entdeckt.
  • Für Putin ist der neuerliche Rückschläg hochgradig peinlich: «Er hat seinen Laden nicht im Griff», sagen Experten.
  • Das Vorgängermodell wurde noch zu Sowjetzeiten in der Ukraine gebaut: Die russischen Ingenieure scheitern bislang daran einen funktionsfähigen Nachfolger zu konstruieren.

Sie ist Putins Problemrakete, dabei will der russische Machthaber mit der Interkontinentalwaffe «Sarmat» eigentlich Angst und Schrecken verbreiten. Zuletzt drohte der Kreml gar, das Europäische Parlament in Strassburg damit innert 3:20 Minuten erreichen und zerstören zu können.

Die Zahlen und Daten der Rakete sind in der Tat beängstigend. Von der Nato «Satan II» getauft, bringt die RS-28 Sarmat ein Startgewicht von 208 Tonnen auf die Waage. Mit einer Reichweite von 18’000 Kilometern und bis zu 15 unabhängig voneinander ansteuerbaren nuklearen Sprengköpfen kann sie praktisch jedes Ziel weltweit angreifen. Dazu trägt sie die Hyperschallwaffe «Awangard», die in 100 Kilometer Höhe gezündet werden kann.

Doch Zahlen sind eine Sache, die Wirklichkeit ist eine andere – und sieht verheerend für Putin aus.

Satelliten-Bilder zeigen Riesenkrater

Bei einem Test der Sarmat-Rakete, einer Schlüsselwaffe bei der Modernisierung von Putins Atomwaffenarsenal, scheint Russland einen «katastrophalen Fehlschlag» erlitten zu haben. Das schliessen Waffenexperten aus Satellitenbildern vom Wochenende. «Die Expertenwelt schaut auf die Entwicklung der Sarmat und lacht sich nun schlapp», kommentiert Christian Mölling von der deutschen Bertelsmann Stiftung im «Spiegel».

Auf Aufnahmen vom 21. September ist ein etwa 60 Meter breiten Krater auf dem Kosmodrom von Plesetsk im Norden Russlands zu sehen. Die Bilder zeigen umfangreiche Schäden, die Anfang des Monats noch nicht sichtbar waren.

«Allem Anschein nach war es ein fehlgeschlagener Test. Es ist ein grosses Loch im Boden», wird der in Genf arbeiteten Analyst Pavel Podvig von der Nachrichtenagentur Reuters zitiert. «Es gab einen ernsten Zwischenfall mit der Rakete und dem Silo», gibt der Leiter des Projektes «Russian Nuclear Forces» zu Protokoll.

Peinlicher Rückschlag

Für die russische Waffenindustrie ist die mutmassliche Explosion der Sarmat-Rakete nicht nur ein gewaltiger Rückschlag sondern auch extrem peinlich. Zum einen, weil Wladimir Putin schon 2018 mit der neuen «Wunderwaffe» geprahlt hatte. Zum anderen weil es sich bei der Rakete um den Nachfolger der RS-20, bei der Nato als SS-18 «Satan» bekannt, handelt: Und die wurde zu Sowjetzeiten in der heutigen Ukraine entwickelt und gebaut.

Auch nach dem Zerfall der Sowjetunion warteten ukrainische Ingenieure das russische RS-20-Arsenal. Bis der Kreml 2014 die Krim annektierte und natürlich den Service einstellte. An die 40 Raketen sollen sich noch in Russlands Atomwaffenarsenal befinden: Allerdings können sie nicht mehr ordnungsgemäss gewartet werden, weil Russland keinen Zugriff auf die in der Ukraine gelagerten Konstruktionsunterlagen hat.

Mit der neuen Sarmat-Rakete will Russland seine Atomstreitmächte modernisieren. Allerdings, so der Analyst Timothy Wright vom International Institute for Strategic Studies (IISS) in London sei die am Wochenende entdeckte Kraterlandschaft an der Abschussrampe «bereits der vierte Testmisserfolg in Folge, der zumindest die ohnehin schon verzögerte Inbetriebnahme weiter hinauszögern und allenfalls Fragen zur Durchführbarkeit des Programms aufwerfen könnte».

«Putin hat seinen Laden nicht im Griff»

Putins Raketenprojekt läuft offenbar alles andere als gewünscht. Der jüngste Fehlschlag bedeute, so Wright, «dass die russischen Raketentruppen weiterhin auf altes Material zurückgreifen müssen».

Für das Land sei dies ein peinlicher Fehlschlag. «Das werden andere ausschlachten, nach dem Motto: von wegen Wunderwaffen – Putin hat seinen Laden nicht im Griff», vermutet Markus Schiller. Der Raketenexperte von der Universität der Bundeswehr München, weiss, dass die neue Sarmat den alten ukrainischen Raketen im Prinzip sehr ähnlich seien. Nur dass die russische Waffenindustrie es offenbar nicht hinbekommt, sie zum Abheben zu bewegen.

Vorstoss der Ukraine nach Russland: Moskau kündigt «Anti-Terror-Einsätze» an

Vorstoss der Ukraine nach Russland: Moskau kündigt «Anti-Terror-Einsätze» an

STORY: Ein am Freitag im ukrainischen Telegrammkanal veröffentlichtes Video soll ukrainische Soldaten zeigen, die eine Gasmessanlage in der russischen Stadt Sudzha in der Region Kursk kontrollieren. In dem Video erklären die Soldaten, dass sie auch die Stadt Sudzha kontrollieren. Die ukrainischen Streitkräfte hatten am Dienstag die russische Grenze durchbrochen und waren in Teile der russischen Region Kursk vorgedrungen. Offenbar war es Russland bislang nicht möglich, die ukrainischen Soldaten über die Grenze zurückzudrängen. Das russische Verteidigungsministerium teilte am Samstag mit, dass es Panzer in das Grenzgebiet von Kursk zur Ukraine entsandt habe. Angesichts des ukrainisches Vorstosses auf russisches Gebiet hat Moskau «Anti-Terror-Einsätze» in drei Grenzregionen angekündigt. In den Regionen Kursk, Belgorod und Brjansk würden «Anti-Terror-Einsätze» gestartet, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten, teilte das russische Anti-Terror-Komitee mit. Die ukrainischen Behörden in der nordöstlichen Region Sumy haben die zwangsweise Evakuierung von 28 Siedlungen innerhalb einer 10 Kilometer langen Grenzzone angeordnet. Zuvor soll Russland den Einsatz von gelenkten Luftangriffen in dem Gebiet intensiviert haben. Ukrainische Freiwillige halfen bei der Evakuierung von Dorfbewohnern und ihren Haustieren. Nach Angaben der ukrainischen Polizei müssen 20.000 Menschen ihre Heimat verlassen. Angesichts des ukrainischen Vorstosses auf das russische Gebiet Kursk warnt die Internationale Atomenergie-Behörde IAEA vor möglichen Gefahren für das dortige Kernkraftwerk. Der IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi rief beide Seiten auf, sich an die Regeln für die nukleare Sicherheit in Konfliktgebieten zu halten. Das staatliche russische Kernenergieunternehmen Rosatom teilte am Samstag mit, das Kernkraftwerk sei im Normalbetrieb.

11.08.2024