Trumps Wahl löst Alarm ausOberste US-Geheimdienstchefin mit Russland-Neigung?
Von David Klepper, Ellen Knickmeyer und Edith M. Lederer, AP
18.11.2024
Russland gefällt es offensichtlich, dass der künftige US-Präsident Trump die Ex-Demokratin Tulsi Gabbard zur Top-Geheimdienstchefin machen will. Das hat seinen Grund – und bestärkt Kritiker in ihrer Besorgnis.
Von David Klepper, Ellen Knickmeyer und Edith M. Lederer, AP
18.11.2024, 23:51
Gabriela Beck
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Donald Trump hat die ehemalige Demokratin Tulsi Gabbard zur obersten US-Geheimdienstchefin berufen.
Es ist seine bislang wohl umstrittenste Personalentscheidung.
Gabbard gilt als Russland-affin, was ihr bereits Lob im russischen Staatsfernsehen eingetragen hat.
Sicherheitsexperten befürchten, dass ihre Berufung die Ukraine untergraben, die nationale Sicherheit der USA schwächen und die Geheimdienst-Verbindungen mit Amerikas engsten Partnern schwächen könnte.
Tulsi Gabbard, die Donald Trump jetzt zur obersten US-Geheimdienstchefin machen will, fand es plausibel, womit Russland 2022 seine Ukraine-Invasion unter anderem rechtfertigte. Dort gebe es Dutzende von den USA finanzierte Biolabore zur Herstellung tödlicher Biowaffen, die gegen Russland eingesetzt werden könnten, führte Moskau als einen der Hauptgründe an – eine Fehlinformation, die prompt von China und Verschwörungstheoretikern im Westen aufgegriffen wurde. Und von Gabbard.
Tatsache ist jedoch, dass es sich um Einrichtungen der öffentlichen Gesundheit handelte, in denen zwar gefährliche Pathogene erforscht wurden, aber zur Kontrolle von Krankheitsausbrüchen und Vorsorge gegen feindliche Einsätze von Biowaffen.
Gabbard versuchte später zurückzurudern, sagte, sie unterstelle nicht, dass die USA oder die Ukraine etwas Übles verfolgten. Und sie habe sich Sorgen über die Sicherheit der Einrichtungen gemacht.
Bereitschaft, russische Propaganda nachzuplappern
Aber Kritiker in den USA, einschliesslich Kongressmitglieder beider Parteien, werteten Gabbards Haltung als Zeichen einer beunruhigenden Bereitschaft, russische Propaganda nachzuplappern – eine Tendenz, die ihr Lob im russischen Staatsfernsehen eingetragen hat.
Die früheren Kommentare der zur Trump-Loyalistin konvertierten Ex-Abgeordneten aus Hawaii werden jetzt von vielen frisch unter die Lupe genommen – insbesondere von Demokraten und Sicherheitsexperten, die befürchten, dass ihre Berufung als Director of National Intelligence (DNI) die Ukraine untergraben, die nationale Sicherheit der USA schwächen und die Geheimdienst-Verbindungen mit Amerikas engsten Partnern schwächen könnte.
Auch frühere geheime Treffen Gabbards mit dem syrischen Präsidenten, einem engen Verbündeten Russlands und dem Iran, haben Alarmglocken schrillen lassen.
Handgranate «kurz vor der Explosion»
Der Posten des DNI wurde nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 geschaffen, um die Zusammenarbeit zwischen den Nachrichtendiensten zu verbessern. Spielt der künftig republikanisch dominierte US-Senat mit, wird Gabbard als DNI Chefkoordinatorin der US-Nachrichtendienste und zugleich die wichtigste Geheimdienstberaterin des Präsidenten.
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Trumps ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton hält es für äusserst gefährlich, Gabbard mit dem Amt zu betrauen. Er vergleicht sie – wie auch Trumps Kandidaten für den Justizminister-Posten, Matt Gaetz – mit einer Handgranate «kurz vor der Explosion». Er warnte Republikaner im Senat eindringlich davor, sich Trump zuliebe hinter die Kandidatin zu stellen.
Gabbard vertritt den Standpunkt, dass amerikanische Unterstützung für die Ukraine die globale Sicherheit gefährde, indem sie Russland erzürne. Sie hat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als korrupt bezeichnet und angesichts des ukrainischen Strebens nach einer Nato-Mitgliedschaft Mitgefühl für Russlands Lage ausgedrückt. «Dieser Krieg und das Leiden hätten leicht vermieden werden können, wenn die Biden-Regierung/Nato schlicht Russlands legitime Sicherheitsbesorgnisse anerkannt hätten», schrieb sie zu Beginn der russischen Invasion 2022 auf Twitter.
Gabbard sieht Trump als «Friedensmacher»
Gabbard hat ihre Positionen damit erklärt, dass ihr mehr als 20-jähriger Militärdienst sie skeptisch gegenüber militärischen Interventionen gemacht habe. Trumps Beziehungen zu Autokraten wie Putin hat sie stets als Zeichen von Mut gewertet, «sich gleichermassen mit Gegnern, Diktatoren, Verbündeten und Partnern zu treffen, um Frieden zu schaffen.»
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Gabbards eigene Treffen mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad 2017 hatten viele ihrer Parteikollegen – damals war sie noch Demokratin – erzürnt. Ihr Besuch habe geholfen, einer Führungsperson Legitimität zu verleihen, der Kriegsverbrechen angelastet würden und die als Stellvertreter Russlands und des Irans im Nahen Osten gedient habe.
Al-Assad hatte 2015 Russlands Militär in Syrien willkommen geheissen, das ihm helfen sollte, einen Volksaufstand niederzuschlagen. Russische Kräfte sowie mit dem Iran verbündete Milizen sind weiter im Land. Nach Schätzungen sind im syrischen Bürgerkrieg bislang 500'000 Menschen getötet worden.
Moskau bezeichnet Gabbard als «Superwoman»
Gabbard hat sich 2020 selbst um die US-Präsidentschaft beworben, gab dann auf und machte sich für den Demokraten Joe Biden stark, der schliesslich Trump besiegte. 2022 verliess sie die Partei, wurde eine Unabhängige und kritisierte ihre ehemaligen Kolleg*innen unter anderem als «elitäre Kriegstreiber». Sie machte dann Wahlkampf für verschiedene prominente Republikaner beim rechten Sender Fox News und startete einen Podcast.
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Ihre Äusserungen über Russland blieben in Moskau nicht unbemerkt. So veröffentlichte die staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti am vergangenen Freitag einen Artikel, in dem sie als «Superwoman» bezeichnet wird und der auf frühere Auftritte von ihr im russischen Fernsehen hinwies – verbunden mit der Bemerkung, dass der ukrainische Geheimdienst sie wahrscheinlich als eine «russische Agentin» betrachte.
Ihre Haltung in Sachen Russland und Syrien dürfte für Zündstoff im Bestätigungsverfahren des Senats sorgen. Und auch Amerikas Verbündete werden die Prozedur genau verfolgen, besorgt darüber, inwieweit sich dieser US-Regierungswechsel auf die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch der Geheimdienste auswirken könnte.