Wilde Maracujas und Mangos Wie die Kinder 40 Tage im kolumbianischen Dschungel überlebten

SDA/mmi

11.6.2023 - 08:12

Kolumbien: Im Dschungel vermisste Kinder nach 40 Tagen gerettet

Kolumbien: Im Dschungel vermisste Kinder nach 40 Tagen gerettet

40 Tage nach ihrem Verschwinden infolge eines Flugzeugabsturzes sind vier Geschwister im Alter zwischen einem und 13 Jahren lebend im kolumbianischen Dschungel gefunden worden. Die anderen drei Erwachsenen an Bord – darunter die Mutter der Knder –

10.06.2023

Mit leichten Verletzungen und unterernährt sind die vier verschollenen Kinder aus dem kolumbianischen Regenwald ins Spital gebracht worden. Sie sollen sich von wilden Maracujas und Mangos ernährt haben.

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  • Nach der Rettung von vier wochenlang verschollenen Kindern aus dem kolumbianischen Regenwald werden die Geschwister im Militärhospital der Hauptstadt Bogotá versorgt.
  • Gemäss Informationen des Militärarztes Carlos Rincón Arango hätten die Kinder mehrere leichte Verletzungen und seien unterernährt. 
  • Die Kinder werden voraussichtlich zwei bis drei Wochen hospitalisiert bleiben müssen.
  • Die Kinder waren am 1. Mai mit einer Propellermaschine vom Typ Cessna 206 im Department Caquetá abgestürzt und haben sich während 40 Tagen durch den Dschungel geschlagen. 
  • Laut Behördenangaben haben sich die Kinder mit wilden Maracujas und Mangos, sowie abgeworfenen Lebensmittelpaketen ernähren.

Als «das Wunder vom Amazonas» wird die erfolgreiche Suchaktion nach den vier Kindern genannt, die nach 40 Tagen im Regenwald im Süden Kolumbiens von Suchtrupps lebend gefunden wurden. Mit leichten Verletzungen und unterernährt sind die Geschwister am Samstag ins Militärspital in der Hauptstadt Bogotá gebracht worden.

«Ich habe sie besucht. Sie sind sehr erschöpft, die Armen», sagte der Grossvater Filencio Valencia der Zeitung «El Tiempo» am Samstag, nachdem er seine Enkel besuchen konnte. «Sie schlafen. Sie sind unterernährt. Sie sind dünn, sehr dünn.» Auch die Grossmutter Fátima Valencia besuchte die Geschwister im Krankenhaus. «Ich weine vor Freude. Die Kinder sind erschöpft, aber ich habe das Fleisch und Blut meiner Tochter zurück.»

Wilde Maracujas und Mangos als Nahrungsquelle

Die Kinder – ein Junge und drei Mädchen, das jüngste gerade ein Jahr alt, das älteste immerhin 13 – gehören zu einer indigenen Gemeinschaft. Ihre Kenntnis der Region dürften ihnen geholfen haben, nach dem Absturz im Dschungel zu überleben. Sie ernährten sich offenbar von wilden Maracujas und Mangos sowie Lebensmittelpaketen, die das Militär über dem Dschungel abgeworfen hatte – in der Hoffnung, dass die umherirrenden Kinder sie finden würden.

«Menschen können bis zu 30 Tage überleben, ohne sich ausgewogen zu ernähren», sagte die Ernährungswissenschaftlerin Liliana Dávila dem Fernsehsender RCN. «Wenn die Kinder gut hydriert sind, ist es möglich, eine lange Zeit ohne Nahrung zu überleben. Im Dschungel ist es einfach, Regenwasser aufzufangen.»

Auch der Vater beteiligte sich an der Suche. Nachdem die Kinder gefunden wurden, begleitete er sie in das Militärhospital in Bogotá. «Ich bin auch aufgenommen worden. Ich bin krank», sagte Manuel Ranoque. «Ich habe hohes Fieber. Ich habe 40 Tage darum gekämpft, meine Kinder wiederzufinden.»

Auf dem Flug nach Bogotá bat er den General der Spezialeinsatzkräfte, Pedro Sánchez, Pate seiner jüngsten Tochter zu werden. «Es ist mir eine Ehre», habe er geantwortet, erzählte der Offizier im Fernsehsender Caracol. «Ich bin nach Hause gegangen und habe meiner Frau gesagt: Wir werden eine Tochter haben. Auch wenn sie einen anderen Nachnamen trägt, es ist egal. Es geht darum, was man im Herzen, in der Seele fühlt.»

Suchhund bleibt im Dschungel verschollen

Auch der kolumbianische Präsident Gustavo Petro besuchte die Kinder im Krankenhaus. Auf Fotos war zu sehen, wie er am Bett der Geschwister stand und sich bei den Pflegekräften bedankte. «Heute haben wir einen magischen Tag erlebt», sagte er am Freitag nach seiner Rückkehr aus Kuba. Dort hatte er einen Waffenstillstand mit der linken Guerillaorganisation ELN bekanntgegeben, direkt nach der Landung erfuhr Petro dann von der Rettung der Kinder. «Sie waren allein, aber sie haben ein Beispiel des Überlebens gesetzt, das in die Geschichte eingehen wird. So sind diese Kinder heute die Kinder des Friedens, die Kinder Kolumbiens.»

Ein an dem Sucheinsatz beteiligter Hund ist indes verschollen. Der belgische Schäferhund namens Wilson war den Streitkräften zufolge nicht von einer Suche im dichten Regenwald zurückgekehrt. «Wir lassen niemals einen Kameraden auf dem Schlachtfeld zurück», sagte der Kommandeur der Streitkräfte, General Helder Fernan Giraldo Bonilla. «Wir suchen weiter nach unserem Hund Wilson, der sich in seinem Eifer, die Kinder zu finden, von den Truppen entfernt und verlaufen hat.»

Private Kleinflugzeuge oft einzige Transportmöglichkeit

Die Kinder waren am 1. Mai mit einer Propellermaschine vom Typ Cessna 206 im Department Caquetá abgestürzt. Private Kleinflugzeuge sind in der unwegsamen Region oft die einzige Möglichkeit, grössere Strecken zurückzulegen. Bei dem Unglück kamen die Mutter der Kinder, der Pilot und ein indigener Anführer ums Leben. Über einen Monat lang hatten Soldaten und Indigene in dem unwegsamen Gebiet nach den Geschwistern gesucht, bis sie gerettet wurden.

Sie waren Medienberichten zufolge mit ihrer Mutter auf dem Weg zu ihrem Vater gewesen, der wegen ständiger Bedrohungen durch eine Splittergruppe der Guerillaorganisation Farc aus der Region geflohen war.

Zwar hat sich nach dem Friedensabkommen 2016 die Sicherheitslage zwischen der Regierung und der Farc verbessert, allerdings werden noch immer Teile des südamerikanischen Landes von illegalen Gruppen kontrolliert. Vor allem Indigene, soziale Aktivisten und Umweltschützer geraten immer wieder in das Visier der kriminellen Banden.

SDA/mmi