«Idioten bauen immer noch F-35» Musk findet Kampfjets unnötig – Zürcher Experte demontiert ihn

Dominik Müller

27.11.2024

Die Schweizer Armee hat 36 F-35-Kampfjets bestellt.
Die Schweizer Armee hat 36 F-35-Kampfjets bestellt.
Archivbild: Keystone

US-Milliardär Elon Musk hält Drohnen für weitaus fortschrittlicher als Kampfflugzeuge wie die F-35. Ein Experte der Zürcher ETH widerspricht.

Dominik Müller

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  • Elon Musk hält bemannte Kampfjets wie die F-35 für überflüssig im Zeitalter der Drohnen.
  • ETH-Experte Mauro Gilli widerspricht und betont die technologische Überlegenheit der F-35.
  • Gemäss Gilli werden Drohnen bemannte Jets langfristig nicht ersetzen, da autonome Systeme noch erhebliche technische Einschränkungen aufweisen.

Für Elon Musk ist die Sache klar: Der Bau moderner Kampfflugzeuge ist sinnlos. Der vom designierten US-Präsidenten Donald Trump zum Berater berufene Milliardär schreibt auf der Plattform X: «Bemannte Kampfflugzeuge sind im Zeitalter der Drohnen ohnehin überflüssig. Dadurch werden nur Piloten getötet.»

Mauro Gilli ist Experte für Militärtechnologie und internationale Sicherheit beim Zentrum für Sicherheitsstudien an der ETH Zürich. Er hält nicht viel von Musks Aussage. «Die Behauptung ist unbegründet und widersprüchlich, und zwar in mehrfacher Hinsicht», sagt er zu blue News.

Zunächst einmal sei in den letzten 33 Jahren nur ein einziger Jet abgeschossen worden. «Und jener Vorfall ist eher auf Fehler der US-Luftwaffe und die Innovationskraft des jugoslawischen Militärs zurückzuführen als auf die Leistung des Flugzeugs.» Zudem könnten militärische Drohnen ohne Probleme abgeschossen werden. «Die einzige Möglichkeit, sie überlebensfähig zu machen, besteht darin, sich auf dieselbe Stealth-Technologie (Tarnkappentechnologie, Anm. d Red.) zu stützen, die auch die F-35 verwendet», sagt Gilli.

Schweizer Armee hat Dutzende F-35 bestellt

Genau diese F-35 sieht Elon Musk aber besonders kritisch. Der Kampfjet vom US-Rüstungskonzern Lockheed Martin ist seit 2015 im Dienst und gilt als modernstes Kampfflugzeug der Welt. «Derweil bauen einige Idioten immer noch bemannte Kampfjets wie die F-35», schreibt Musk zu einem Video, das hunderte Drohnen in Formation am Himmel zeigt.

Die F-35 kann als Tarnkappenbomber und auch zur Aufklärung eingesetzt werden. Die Schweizer Armee hat 36 Maschinen bestellt. Bei der Entwicklung des Jets gab es Probleme, insbesondere bei der Software. Auch werden die sehr hohen Betriebskosten des F-35 regelmässig kritisiert. Musk nannte die Maschine «einen teuren und komplexen Tausendsassa, der nichts beherrscht».

Auch diese Behauptung hält Mauro Gilli für unbegründet. Es handle sich um das derzeit einzige westliche Stealth-Flugzeug von Relevanz im internationalen Vergleich. «Zumal China die Produktion eines seiner J-20-Tarnkappenjäger erhöht und kürzlich ein neues Modell, die J-35, vorgestellt hat, das ein Konkurrent der F-35 zu sein scheint.»

«Die Leistung der F-35 ist beeindruckend»

Die F-35 hat «einen grossen technologischen Vorsprung», heisst es auf der Website der Schweizer Armee. Dadurch könne der Kampfjet «bis in die 2060er-Jahre genutzt werden» und habe die «tiefsten Beschaffungs- und Betriebskosten erzielt – bei einem mit Abstand höchsten Nutzen». Neben der Schweiz haben auch Deutschland, Polen, Finnland und Rumänien Verträge über die Anschaffung dieses Flugzeugs unterzeichnet.

«Tatsächlich sind aufgrund der grossen Produktionsmengen die Stückkosten des Flugzeugs in den letzten Jahren erheblich gesunken», sagt Gilli. Bei einigen Modellen sogar auf 75 Millionen US-Dollar, was ein vergleichsweise niedriger Preis sei.

Auch den Nutzen bewertet Gilli positiv: «Aus öffentlichen Informationen, darunter Berichte von Kampfpiloten, Berichte über militärische Übungen in den USA sowie von Israel durchgeführte Operationen, wissen wir oder können zumindest ableiten, dass die Leistung der F-35 in der Tat sehr beeindruckend ist.»

Wohl auch künftig Jets trotz Drohnen

Und dies sei nicht nur wegen der Tarnkappentechnik, sprich der Fähigkeit, durch die gegnerische Luftabwehr nicht entdeckt zu werden, der Fall: «F-35 verfügen über Sensorausstattung sowie Datenfusions- und Datenübertragungsfähigkeiten, die andere Flugzeuge mit genauen Daten in Echtzeit versorgen können.»

So dürften Kampfjets gemäss Gilli auch nicht so bald von unbemannten Drohnen vollständig ersetzt werden: «Eines Tages werden sie das, aber dieser Tag liegt noch in der Zukunft.» Im Moment seien autonome Systeme noch mit erheblichen Einschränkungen verbunden. «Man denke nur an die Beschränkungen autonomer Autos, die Probleme bei der Erkennung von Objekten haben, denen sie vorher noch nicht begegnet sind.»

Es sei äusserst schwierig und zeitaufwändig, den Algorithmus für alle möglichen Fälle zu trainieren, und in jedem Fall könne er nicht alle möglichen Ergebnisse oder Ereignisse in Betracht ziehen. «Bei militärischen Operationen ist das Problem noch gravierender, weil Simulationen und Übungen nur begrenzte oder unvollständige Daten liefern können», sagt Gilli. Zudem werde der Feind versuchen, den Algorithmus zu täuschen und das unbemannte Flugzeug aktiv abzuschiessen – ein Problem, das zumindest autonome Autos nicht haben.


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