Regierungs-Koalition ist sich einigDeutsche dürfen wohl ab dem 1. April legal kiffen
Von Michael Fischer und Bettina Grachtrup, dpa
2.2.2024 - 19:08
Eigentlich hatte sich die deutsche Regierung schon im Herbst auf die Cannabis-Freigabe verständigt. Dann kamen Bedenken aus der SPD. Jetzt ist sich die Koalition einig: Ab dem 1. April 2024 soll Cannabis legal sein.
Von Michael Fischer und Bettina Grachtrup, dpa
02.02.2024, 19:08
dpa
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Die deutsche Regierungs-Koalition ist sie einig: Besitz und Konsum von Cannabis soll in Deutschland legal sein.
Am 1. April 2024 tritt das angepasste Betäubungsmittel-Gesetz aller Wahrscheinlichkeit nach in Kraft, in dem Cannabis nicht mehr als verbotene Substanz aufgeführt ist.
CDU und CSU sowie einzelne SPD-Politiker wollen weiterhin gegen die Legalisierung von Cannabis kämpfen.
Nach langem Ringen haben sich die drei Regierungspartner in Deutschland auf die letzten Einzelheiten zur Legalisierung von Cannabis verständigt. «Das Gesetz kann damit zum 1. April in Kraft treten», teilten die für Drogenpolitik zuständigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden am Donnerstagabend nach einer abschliessenden Verhandlungsrunde von SPD, Grüne und FDP in Berlin mit.
«Die Regelungen sind ein echter Meilenstein für eine moderne Drogenpolitik, mit der die Prävention gestärkt und der Gesundheits-, Kinder- und Jugendschutz verbessert werden.»
Weisser Rauch also nach langwierigen Verhandlungen. Das Gesetz soll nun in der Woche ab dem 19. Februar im Bundestag verabschiedet werden. Mit der Einigung der Fraktionsexperten gilt die Zustimmung als einigermassen sicher – auch wenn einzelne SPD-Abgeordnete ankündigten, mit Nein zu stimmen. Die Regierungskoalition hat im Bundestag 49 Sitze mehr als für eine absolute Mehrheit notwendig sind.
Der Bundesrat wird sich voraussichtlich am 22. März mit dem Entwurf befassen. Dessen Zustimmung ist aber nicht nötig. Die Länderkammer kann lediglich Einspruch einlegen. Da in jeder Landesregierung ausser der bayerischen mindestens eine Ampel-Partei vertreten ist, gilt das aber als unwahrscheinlich. Das Inkrafttreten am 1. April dürfte damit nun ziemlich sicher sein.
Mit diesem Tag wird dann aller Wahrscheinlichkeit nach das seit mehr als 40 Jahre geltende Cannabis-Verbot fallen. Verkauf und Anbau waren in den 70er und frühen 80er Jahren gesetzlich untersagt worden. Nun soll Cannabis zum 1. April im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen werden. Eigenanbau und Besitz bestimmter Mengen der Droge sollen für Volljährige ab 1. April 2024 erlaubt sein. Zum 1. Juli sollen Clubs zum gemeinsamen Anbau möglich werden.
Die Regierungsfraktionen hatten sich eigentlich schon Ende November auf den Gesetzentwurf verständigt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht darin einen «neuen Ansatz, um Heranwachsende von der Droge möglichst fernzuhalten, den Schwarzmarkt einzudämmen und die Stoffe zu kontrollieren».
Erste Überprüfung des Gesetzes schon nach einem Jahr
SPD-Innenpolitiker hatten allerdings kurz nach der Einigung Bedenken geltend gemacht. Dabei ging es etwa geringere Mindestabstände zu Schulen und Kindertagesstätten beim Cannabiskonsum.
In den Koalitionsgesprächen wurde das Gesetzespaket aber nicht noch einmal aufgeschnürt. Lediglich die Überprüfung der Wirksamkeit wurde enger gefasst. Statt erst nach vier Jahren soll sie nun stufenweise erfolgen. Eine erste Evaluation soll es nach einem Jahr geben, die Veröffentlichung der Ergebnisse ist für Ende September 2025 geplant. Eine zweite Überprüfung gibt es nach zwei und eine abschliessende nach vier Jahren.
Dabei soll auch die Expertise des Bundeskriminalamts einbezogen werden. Es geht vor allem darum, ob die Regelungen zum Kinder- und Jugendschutz greifen. Gegebenenfalls soll nachgeschärft werden.
Mit der Einigung in der Koalition ist die Debatte über eins der umstrittensten Projekte der Ampel aber längst nicht abgeschlossen sein. Die Union aus CDU und CSU befürchtet, dass der Schwarzmarkt nicht eingedämmt, sondern gefördert wird. Hessens Innenminister Roman Poseck geht davon aus, dass Dealer sich nicht von ihren Geschäften abhalten lassen. «Da sie sich hierbei nicht an staatliche Kontrollen und steuerliche Vorgaben wie die legalen Produzenten halten müssen, können sie ihre Produkte günstiger und damit für sie gewinnbringend auf den Markt bringen», sagt der CDU-Politiker. Als Beispiel nennt er den illegalen Zigarettenhandel.
Durch einen gesteigerten Cannabis-Konsum könnte zudem die Verkehrssicherheit beeinträchtigt werden, auch wenn es da wie beim Alkohol Grenzwerte für den Konsum gibt. «Mit einer Cannabislegalisierung setzt die Bundesregierung ein falsches Signal und falsche Prioritäten», meint Poseck.
Aber auch in der Koalition bleibt das Gesetz umstritten. Der SPD-Abgeordnete Christian Fiedler – von Beruf Kriminalbeamter – kündigte in der «Rheinischen Post» (Samstag) an, gegen die Legalisierung zu votieren. Einem Gesetz, das zu einer «Entkriminalisierung von Dealern und sinnloser Mehrarbeit für die Polizei» führe, könne er nicht zustimmen. «Die Organisierte Kriminalität lacht sich dabei ins Fäustchen.»
Auch der SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann will nicht zustimmen. «Die Bedenken, die ich hatte und die zur Verzögerung des Gesetzes geführt haben, sind weiterhin nicht ausgeräumt. Daher kann ich dem Vorhaben so nicht zustimmen», sagte er «Zeit Online». Der Koalitionsvertrag habe ursprünglich eine kontrollierte Abgabe von Cannabis in zertifizierten Geschäften vorgesehen. «Aber das aktuelle Gesetz verlagert diese Abgabe in den privaten Bereich und damit in die Unkontrollierbarkeit.»