Von wegen «unbesiegbar» Kiews Luftabwehr kann Putins «Wunderwaffe» Zirkon abfangen

Philipp Dahm

28.3.2024

Die russische Fregatte Admiral Gorschkow feuert am 28. Mai 2022 in der Barentsee eine Zirkon ab.
Die russische Fregatte Admiral Gorschkow feuert am 28. Mai 2022 in der Barentsee eine Zirkon ab.
IMAGO/SNA

Kein Wunder, dass Wladimir Putin die Zirkon als «unbesiegbar» anpreist: Auf dem Papier rast die Raketen mit 11'000 km/h ins Ziel. Doch der Einsatz in der Ukraine zeigt, dass die Realität anders aussieht.

Philipp Dahm

28.3.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die russische Hyperschall-Rakete Zirkon erreicht angeblich Geschwindigkeiten von 11'000 km/h, was keine Luftabwehr kontern kann.
  • Wladimir Putin hat die Waffe als «unbesiegbar» angepreist.
  • Als die Zirkon im Februar erstmals in der Ukraine eingesetzt wird, kommt der Verdacht auf, dass die Rakete doch nicht so schnell ist.
  • Nach ihrem zweiten Einsatz steht fest, dass Flugabwehr-Systeme wie Patriot oder SAMP/T die Zirkon abfangen können.
  • Der Grund ist ein physikalischer: Die Zirkon muss abbremsen.

Um die 3K22 Zirkon – Nato-Code SS-N-33 – ranken sich viele Gerüchte. Das ist durchaus so gewollt: Der Kreml betreibt um seine Hyperschall-Rakete eine Desinformationskampagne. Laut Wladimir Putin gibt es gegen die Waffe kein Gegenmittel: Sie sei «unbesiegbar», meint der Präsident.

Der Grund: Angeblich erreicht die Zirkon neunfache Schallgeschwindigkeit. Mach 9 entspricht gut 11'000 km/h – und da kann derzeit keine Raketen-Abwehr mithalten. Der Flugkörper ist relativ neu: Er wurde erst im Februar 2020 erstmals von einem Schiff abgefeuert, und das erfolgreich, berichtet damals die staatliche russische Nachrichtenagentur «Tass».

Russische Hyperschall-Rakete erneut «erfolgreich» getestet

Russische Hyperschall-Rakete erneut «erfolgreich» getestet

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Im Krieg in der Ukraine soll die Zirkon erstmals am 7. Februar 2024 eingesetzt worden sein, als ein Treffer in einem Wohnhaus in Kiew Tote und Verletzte gefordert hat. Was die ukrainischen Verteidiger stutzig macht: Keine Rakete fliegt an diesem Tag schneller als Mach 3. Das nährt Skepsis daran, dass Putin wirklich über eine Wunderwaffe verfügt.

Von wegen Hyperschall: Zirkon muss bremsen

Der Hintergrund: Wenn ein Flugkörper Hyperschall-Geschwindigkeit erreicht – wenn er grob ausgedrückt also schneller als Mach 5 fliegt –, schafft er um sich herum eine Blase aus ionisiertem Plasma, das Radar schwer durchdringen kann. Das wird von den meisten Raketen aber zur Steuerung benötigt.

Der Verdacht liegt deshalb nahe, dass die Zirkon zwar besonders schnell fliegen kann, aber abbremsen muss, wenn sie sich dem Ziel nähert. Diese Annahme hat sich nun bestätigt, als der Flugkörper zum zweiten Mal im Krieg zum Einsatz gekommen ist, schreibt der «Kyiv Independent».

Russland hat demnach am 25. März erneut eine Zirkon auf Kiew abgefeuert: Mindestens zwei Personen wurden dabei verletzt. Als die Rakete ihre finale Flugbahn eingeschlagen hat, musste sie laut ukrainischen Behörden auf Mach 45 abbremsen, was etwa 5500 km/h entspricht.

«SAMP/T und Patriot können sogar solche Waffen abschiessen»

«An diesem Punkt konnten wir unsere anti-ballistischen Systeme einsetzen», wird Illia Jewlasch zitiert. «Es handelt sich um SAMP/T und Patriot, die mächtigen Schaden anrichten und sogar solche Waffen abschiessen können», präzisiert der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe.

Patriot ist ein bodengestütztes Flugabwehr-System aus US-Produktion, das inzwischen weithin bekannt ist und sich im Krieg in der Ukraine bewährt hat. Es wird auch von europäischen Ländern wie Deutschland, den Niederlanden, Polen oder Spanien eingesetzt. Die Schweiz hat im November 2022 ebenfalls das Patriot-System geordert.

SAMP/T ist die landbasierte Abschussvorrichtung für die Flugabwehr-Raketen Aster 15 und Aster 30, die von einem italienisch-französischen Konsortium gebaut werden. Kiew hat von Rom und Paris eine SAMP/T-Batterie sowie von den USA eine- und von Deutschland zwei Patriot-Batterien erhalten.