Ukraine-Affäre Wie Trumps Entourage versucht haben soll, Beweise verschwinden zu lassen

Tobias Bühlmann, mit Material von DPA

26.9.2019

Im Juli hat Donald Trump mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj telefoniert. Was als Routine-Anruf begann, wurde offenbar so brisant, dass das Weisse Haus im Nachhinein versucht hat, die Sache zu vertuschen.

US-Präsident Donald Trump habe eine «Einmischung» aus dem Ausland zu seinen Gunsten bei der Wahl 2020 angestrebt. Das ist der zentrale Vorwurf der Whistleblower-Meldung eines US-Geheimdienstmitarbeiters, die am vergangenen Wochenende die Ukraine-Affäre ins Rollen gebracht hat.

Es begann als Routine

Der US-Senat hat den Wortlaut der Beschwerde nun veröffentlicht. Der fragliche Anruf am 25. Juli sei demnach eigentlich als Routine-Anruf bei einem Staatschef geplant gewesen. Doch nach dem Austausch einiger Höflichkeiten sei der US-Präsident bald dazu übergegangen, seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj dazu zu bringen, gegen Joe Biden und dessen Sohn Hunter zu ermitteln.



Bei derartigen Telefonaten zwischen Trump und anderen Amtsträgern ist es üblich, dass mehrere Mitarbeitende des Weissen Hauses zuhören und teils auch Notizen anfertigen. Die Personen, die beim fraglichen Anruf mitgehört haben, seien nach dem Gespräch «zutiefst beunruhigt» gewesen über das, was sich in dem Telefonat zugetragen hatte.

Umgehend hätten Anwälte aus dem Weissen Haus angefangen zu beraten, wie sie mit dem Inhalt des Telefonats umgehen sollten. Sie seien sich bewusst gewesen, dass sie möglicherweise gerade Zeugen wurden, wie Präsident Trump sein Amt zu seinem eigenen Vorteil missbraucht habe.

Die Identität des Hinweisgebers – oder der Hinweisgeberin – ist nicht öffentlich bekannt. Die «New York Times» berichtete, es solle sich um einen Mitarbeiter des Auslandsgeheimdiensts CIA handeln. Seine Anwälte hätten davor gewarnt, Informationen über den Whistleblower zu veröffentlichen und ihn so zu gefährden, schrieb die Zeitung.

Versuche der Schadensbegrenzung

Für die Brisanz des Gesprächs zeugt für den Whistleblower auch, dass mehrere Angestellte des Weissen Hauses nach dem Telefonat versucht hätten, alle Belege dafür zu sichern. Im Zentrum des Interesses sei ein Protokoll des Austauschs gewesen, das im Gegensatz zur am Mittwoch veröffentlichen Mitschrift das ganze Wort für Wort festgehalten habe.

Im Zuge dessen seien die Belege des Gesprächs aus dem Computersystem, das normalerweise diesem Zweck diene, entfernt worden. Stattdessen habe man das Transkript in einem separaten System abgelegt, das nur für hochgeheime Informationen verwendet würde.

Weitere Kontakte

Abgesehen von dem Telefonat habe es weitere Kontakte gegeben zwischen Vertrauten Trumps und der Entourage des ukrainischen Präsidenten. Unter anderem sei Rudy Giuliani, Trumps persönlicher Anwalt, im persönlichen Austausch gestanden mit dem Umfeld Selenskyjs. Dabei sei es auch zu einem persönlichen Treffen gekommen, von dem keine Mitschrift existiere.

Die Whistleblower-Meldung listet etliche bedenkliche Vorgänge ausführlich auf. Allerdings hat sie eine entscheidende Schwäche: Die Person, die sie verfasst hat, war bei keinem der fraglichen Austausche anwesend, sondern hat von alledem nur aus zweiter Hand erfahren. 

Aus Sicht vieler Demokraten zeigt die Whistleblower-Meldung dennoch, dass Trump mit Hilfe einer ausländischen Regierung seinem politischen Rivalen Joe Biden schaden und damit den Wahlkampf beeinflussen wollte. Biden ist derzeit aussichtsreichster demokratischer Präsidentschaftsbewerber für die Wahl 2020.

Die Demokraten im Repräsentantenhaus hatten am Dienstag Vorbereitungen für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump eingeleitet. Sie werfen ihm Verfassungsbruch vor.



Trump verhöhnt Whistleblower

Trump selbst sieht sich einmal mehr als Opfer einer «Hexenjagd» der Demokraten und schrieb auf Twitter: «Der Präsident der Ukraine sagte, dass er nicht von mir unter Druck gesetzt wurde, etwas Falsches zu tun. Ein besseres Zeugnis kann man gar nicht haben!»

Zudem zweifelte Trump die Glaubwürdigkeit des Whistleblowers an. Dieser hatte angegeben, bei den meisten von ihm beanstandeten Vorgängen kein direkter Zeuge gewesen zu sein, aber übereinstimmende und glaubwürdige Informationen verschiedener Regierungsmitarbeiter dazu bekommen zu haben. «Ein Whistleblower mit Informationen aus zweiter Hand?», twitterte Trump höhnisch.

Für zusätzliche Aufregung sorgten Berichte der «New York Times» und der «Los Angeles Times» über angebliche Äußerungen Trumps vor Mitarbeitern der amerikanischen UN-Mission in New York. Demzufolge soll Trump am Donnerstag gesagt haben, dass er wissen wolle, wer den Whistleblower mit Informationen versorgt habe und dass derjenige fast ein «Spion» sei. Mit «Spionen und Verrat» sei man in der Vergangenheit anders umgegangen, zitierten die Blätter Trump. Das könnte als Anspielung auf die Todesstrafe verstanden werden.

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