Ein in Spanien erschossener mutmasslicher russischer Überläufer ist einem Bericht der Zeitung «El País» zufolge von gedungenen Mördern im Auftrag des Kremls getötet worden. Die Mörder seien aller Wahrscheinlichkeit aus dem Ausland gekommen und hätten das Land auch schon wieder verlassen, schrieb die Zeitung am Donnerstag unter Berufung auf spanische Geheimdienstkreise.
Die Leiche des Mannes mit mehreren Schusswunden war am Dienstag vergangener Woche in einer Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses in dem Ort Villajoyosa bei Alicante am Mittelmeer gefunden worden. Das ausgebrannte Fluchtauto des oder der Täter wurde kurz darauf in der Nähe gefunden.
Bei dem Opfer handele es sich um den russischen Hubschrauberpiloten Maxim Kusminow, der im vergangenen August mit seiner Maschine zu den ukrainischen Truppen übergelaufen war, schrieb die Zeitung. Das Staatsfernsehen in Moskau hatte im Herbst berichtet, der russische Geheimdienst habe den Auftrag zur Tötung des «Vaterlandsverräters» erhalten.
Russen quittieren Tod mit Schadenfreude
Offiziell haben die spanischen Behörden die Identität des Toten bisher nicht bestätigt. Das Innenministerium in Madrid betonte am Donnerstag auf eine Anfrage zu dem Artikel lediglich, dass die Ermittlungen andauerten. In diplomatischen Kreisen in Madrid werde der Fall jedoch als «äusserst ernst» bewertet, schrieb die Zeitung. Sollte sich die Urheberschaft Moskaus an der Tat bestätigen, werde Spanien eine «robuste Antwort» geben.
Die russische Regierung hat den Anschlag zwar nicht für sich reklamiert, aber ein russischer Geheimdienst quittierte die Nachricht vom Tod mit Schadenfreude. «Dieser Verräter und Verbrecher ist in dem Moment zu einer moralischen Leiche geworden, als er sein schmutziges und schreckliches Verbrechen plante», sagte der Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR, Sergej Naryschkin, laut staatlicher Nachrichtenagentur Tass.
Kiew hingegen hat den Tod des Mannes verifiziert. «Wir können diese Tatsache bestätigen», sagte der Sprecher des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Andrij Jussow, bereits am Montag dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Olexij Danilow, Sekretär des nationalen Sicherheitsrats, erklärte, Kiew habe dem Piloten vorgeschlagen, im Land zu bleiben. «Hier wäre er auf jeden Fall in Sicherheit gewesen.» Der russische Geheimdienst hätte in der Ukraine nicht so leichtes Spiel gehabt wie in Spanien.
Pilot floh im vergangenen Jahr
Die Sprecherin der spanischen Regierung, María Pilar Alegría, sagte in einer ersten Stellungnahme zu dem Mord am Dienstag: «In diesem Fall laufen Ermittlungen, sodass wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Informationen geben können.» Man müsse «die (Polizeieinheit) Guardia Civil ihre Arbeit machen lassen und die Ergebnisse der Ermittlungen abwarten».
«El País» schrieb, in der Wohnanlage in Villajoyosa, wo der unter falscher ukrainischer Identität lebende Mann erschossen wurde, lebten viele Russen und Ukrainer. Sich als Überläufer ausgerechnet dort zu verstecken, sei riskant gewesen, weil die russischen Geheimdienste oft Landsleute als Informationsquellen nutzten, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Geheimdienstkreise. Zudem arbeiteten Moskaus Dienste bisweilen mit lokalen Banden zusammen. Kusminow sei zudem recht unvorsichtig gewesen. So habe er seine frühere Freundin in Russland angerufen und sie eingeladen, ihn in Spanien zu besuchen.
Der Pilot war im August vorigen Jahres aus Russland mit einem vollausgestatteten Mi-8-Armeehubschrauber in die Ukraine geflogen. Nach der Landung auf einem ukrainischen Militärflugplatz wurden die beiden anderen in die Aktion nicht eingeweihten Besatzungsmitglieder nach ukrainischen Angaben auf der Flucht erschossen. Der Russe hatte von Kiew umgerechnet über 460 000 Euro für die Tat erhalten.