Sechs Monate nach Grossrazzia Weitere Mitstreiter von «Reichsbürger»-Gruppe festgenommen

dpa

23.5.2023 - 04:52

Geplante Lauterbach-Entführung: Mutmassliche «Reichsbürger» vor Gericht

Geplante Lauterbach-Entführung: Mutmassliche «Reichsbürger» vor Gericht

STORY: Vor dem Oberlandesgericht In Koblenz hat am Mittwoch der Prozess gegen mutmassliche Mitglieder der Gruppe «Vereinte Patrioten» begonnen. Sie sollen unter anderem geplant haben, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zu entführen. Die Bundesanwaltschaft hatte im Januar Anklage gegen vier Männer im Alter von 44 bis 56 Jahren sowie eine 75-jährige Frau erhoben. Der Vorwurf lautet: Hochverrat und Gründung einer inländischen terroristischen Vereinigung oder Mitgliedschaft darin. Die Mitte Januar 2022 gegründete Gruppe habe sich zum Ziel gesetzt, bürgerkriegsähnliche Zustände in Deutschland herbeizuführen. Laut Bundesanwaltschaft sind die Beschuldigten, darunter die mutmassliche Rädelsführerin Elisabeth R., dem Kreis der sogenannten Reichsbürger zuzurechnen. Die bestehende staatliche Ordnung wollten sie demnach durch eine eigene ersetzen, beruhend auf der Verfassung des Deutschen Kaiserreichs. Wolfgang Barrot, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof: «Die Angeklagten planten, mehrstufig vorzugehen. Unter anderem beabsichtigten sie die Entführung mit Waffengewalt des amtierenden Bundesgesundheitsministers sowie die Herbeiführung eines mehrwöchigen bundesweiten Stromausfalls. Dabei rechneten die Angeklagten mit zahlreichen Toten.» Lauterbach geriet ins Visier, nachdem er bei einem Teil der Bevölkerung zum Gesicht immer unpopulärerer Anti-Covid-Massnahmen geworden war. Sein Mandant habe vor allem die Corona-Impfung abgelehnt, sagt Phillip Grassl, Anwalt des Angeklagten Sven B. B.habe aber ein unblutiger Regierungswechsel vorgeschwebt. Phillip Grassl, Anwalt des Angeklagten Sven B: «Wir möchten zeigen, dass der Angeklagte, also jedenfalls unser Mandant, zum Zeitpunkt der Festnahme nicht so weit war, dass man hier von einer bereits gegründeten terroristischen Vereinigung ausgehen kann. Das heisst, wir möchten aufzeigen, dass sachlich und örtlich und auch personell diese Menschen noch nicht soweit waren, eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben und auch noch nicht soweit waren, tatsächlich einen Hochverrat vorbereitet zu haben.» Nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft kam B. indes eine militärische Führungsposition innerhalb der Gruppe zu. Gemeinsam mit dem Angeklagten Thomas O. soll er versucht haben, Waffen und Sprengstoff zu beschaffen. O. wurde festgenommen, nachdem er Sturmgewehre und Munition bestellt und bekommen hatte.

23.05.2023

Nach der folgenreichen «Reichsbürger»-Razzia im Dezember hat das deutsche Bundeskriminalamt laut «Spiegel»-Informationen nun weitere Anhänger der Gruppierung um Heinrich Prinz Reuss festgenommen.

Knapp sechs Monate nach einer Grossrazzia gegen eine «Reichsbürger»-Gruppe hat das deutsche Bundeskriminalamt laut «Spiegel» drei weitere mutmassliche Mitstreiter des mutmasslichen Rädelsführers Heinrich Prinz Reuss festgenommen. Das habe ein Sprecher der Bundesanwaltschaft auf Anfrage bestätigt, meldete das Magazin am Montag. Demnach wurden am Abend zwei Männer und eine Frau in Baden-Württemberg und Niedersachsen festgenommen.

«Reichsbürger» und «Selbstverwalter» zweifeln die Legitimität der Bundesrepublik an. Die Bundesanwaltschaft hatte im Dezember 25 Verdächtige festnehmen lassen, darunter frühere Offiziere und Polizeibeamte. Weitere Beschuldigte gerieten anschliessend ins Visier.

Das Trio soll dem Bericht zufolge nun einem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden, der darüber entscheidet, ob Haftbefehle in Vollzug gesetzt werden. Die Bundesanwaltschaft wirft den drei Verdächtigen dem Bericht zufolge Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Nach «Spiegel»-Informationen handelt es sich bei einer der Festgenommenen um eine Frau, die bei der Bundestagswahl 2021 erfolglos für die Partei «Die Basis» kandidiert hatte.

Polizisten bei der Grossrazzia im Dezember 2022 in Berlin.
Polizisten bei der Grossrazzia im Dezember 2022 in Berlin.
Bild: Keystone/EPA/Filip Singer

dpa