Explodierende Züge, gesprengte Hochhäuser Die Hamas wollte in Israel noch viel mehr Blut vergiessen

Andreas Fischer

14.10.2024

Überlebender des Hamas-Angriffs: «Wir müssen jetzt handeln»

Überlebender des Hamas-Angriffs: «Wir müssen jetzt handeln»

STORY: Es ist ein emotional herausfordernder Moment für Alon Gat an diesem Montagvormittag in Berlin. Am 7. Oktober 2023 war er Zeuge und Opfer des Hamas-Überfalls auf Israel geworden. Seine Mutter wurde vor seinen Augen getötet, er selbst und seine Familie wurden entführt. Alon und seiner Tochter gelang es, zu entkommen, seine Frau Yarden und seine Schwester Carmel wurden in den Gazastreifen verschleppt. Nur Yarden kam lebend zurück. Befreit durch einen Deal zwischen Israel und der Hamas. «Auch wenn ich alles verloren habe, ich habe Carmel verloren, ich habe meine Mutter bei dem Terroranschlag am 7. Oktober vor einem Jahr verloren, glaube ich, dass wir eine Situation erreichen können, in der wir die anderen Geiseln freibekommen. Und darauf müssen wir uns konzentrieren, denn zu sagen, dass wir diese unschuldigen Menschen befreien wollen, ist die Botschaft an die freie Welt. Wir müssen jetzt begreifen, dass wir uns hier in einer weltweiten Krise befinden. Dieser Terror ist nicht nur für Israel. Als Yarden in Geiselhaft war, sagten die Terroristen, die sie gefangen nahmen, dass Israel nur der Anfang sei und der Rest der westlichen Welt als Nächstes dran sei.» Zum ersten Jahrestag ist Gat bei einer Gedenkveranstaltung der Jüdischen Chabad Gemeinde in Berlin zu Gast. Die Lage in Deutschland vergleicht er mit der in Israel am Tag vor dem Angriff und fordert, jetzt zu handeln. «Morgen ist es zu spät. Deshalb müssen Sie jetzt rausgehen und zeigen, dass Sie gegen diesen Terror sind. Und wenn Sie für die Palästinenser sind, müssen Sie jetzt gegen die Hamas protestieren, denn die Hamas ist diejenige, die die Palästinenser als Geiseln hält. Zwei Millionen Menschen sind Geiseln der Hamas in Gaza. Und wenn wir diese Terrororganisation loswerden, werden wir Erleichterung für die Palästinenser bekommen.» Beim Überfall auf den Süden Israels am 7. Oktober 2023 töteten Kämpfer der radikal-islamischen Hamas laut israelischen Angaben rund 1200 Menschen, etwa 250 weitere wurden verschleppt. Israel reagierte mit einer Militäroffensive, durch die nach palästinensischen Angaben bislang rund 41.800 Menschen getötet wurden.

08.10.2024

Innert zwei Jahren sollte der Staat von der Landkarte verschwinden: Die Hamas hatte ihre Angriffe auf Israel grösser geplant als bisher bekannt. Das belegen Protokolle von geheimen Vorbereitungstreffen der Terroristen.

Andreas Fischer

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Hamas wollte Israel ursprünglich schon ein Jahr früher angreifen und sowohl den Iran als auch die Hisbollah frühzeitig in ihre Anschlagspläne verwickeln.
  • Unter anderem sollten Hochhäuser in Tel Aviv gesprengt werden und mit Brennstoff beladene Güterzüge in israelischen Städten explodieren.
  • Das belegen Protokolle von Planungstreffen und Briefe der Terrormiliz.

Es hätte noch blutiger werden sollen: Offenbar wollte die Terrororganisation Hamas ihre Angriffe am 7. Oktober 2023 viel grösser anlegen, als bisher bekannt. Das belegen Protokolle von geheimen Planungstreffen der Hamas-Führung sowie Briefe, aus denen die «New York Times» und die «Washington Post » zitieren.

Die vertraulichen Dokumente waren von der israelischen Armee in einem Bunker im Gaza-Streifen sichergestellt worden. Laut «New York Times» seien die ihr vorliegenden Protokolle verifiziert und bestätigen vieles von dem, was bereits als Gewissheit galt. Aber sie enthalten auch einige neue Details.

Demnach wird durch die Schriftstücke belegt, dass der Iran entgegen aller Behauptungen frühzeitig von den Angriffsplänen der Hamas gewusst hat. Hamas-Vizechef  Khalil al-Hayya habe die Pläne im Sommer 2023 mit einem Kommandanten der iranischen Revolutionswächter besprochen.

Hamas plante Attacken wie 9/11

Gemäss «Washington Post» hatte die Hamas die Terrorangriffe ursprünglich schon für das Jahr 2022 geplant – und sie sollten noch blutiger werden. Unter anderem habe die Hamas Pläne entwickelt, die an 9/11 erinnern. Unter anderem sollten Hochhäuser in Tel Aviv gesprengt werden und mit Brennstoff beladene Güterzüge in israelischen Städten explodieren. Auch Angriffe mit Schnellbooten auf israelische Häfen wollte die Hamas durchführen.

Allerdings fehlten der Hamas die Mittel, und die Terrororganisation war sich der Unterstützung des Irans und der Hisbollah nicht ganz sicher. Dabei soll Hamas-Chef Yahya Sinwar laut «Washington Post» schon 2021 Briefe an hohe iranische Politiker verschickt haben, in denen er um 500 Millionen US-Dollar finanzieller Hilfe bat. Die Briefe hätten von der Zeitung allerdings nicht «definitiv» verifiziert werden können.

Das Geld sollte unter anderem dafür verwendet werden, 12’000 zusätzliche Kämpfer auszurüsten.: «Wir sind überzeugt, dass wir und ihr innerhalb von zwei Jahren – so Gott will – dieses monströse Gebilde (Israel) ausmerzen werden.»

Israel unterschätzte die Hamas

Konkrete Zusagen habe die Hamas vom Iran und von der Hisbollah nicht erhalten - dennoch entschloss man sich, den Terrorplan im Oktober 2023 umzusetzen. Die Hamas erachtete den Protokollen zufolge das Umfeld insgesamt als günstig: Durch Benjamin Netanyahus neue Rechtskoaltion erhoffte man sich eine breitere Unterstützung im Gaza-Streifen. Ausserdem sah man Israel durch innenpolitische Spannungen als geschwächt an.

Dass Israel von den Angriffen überrascht wurde, hatte die Hamas vorbereitet. In den zwei Jahren vor dem Angriff vermieden ihre Kämpfer grössere Eskalationen, um Israel in Sicherheit zu wiegen. Das Kalkül ging auf: Die israelischen Geheimdienste wussten zwar, dass die Hamas einen «grossen Plan» hat – aber der Sicherheitsapparat traute der Organisation die Umsetzung schlichtweg nicht zu.

Trauernde versammeln sich um die Gräber von Yam Goldstein und ihrem Vater Nadav, die am 7. Oktober in ihrem Haus im Kibbuz Kfar Aza von Hamas-Mitgliedern ermordet wurden. Der Rest der Familie wird vermutlich in Gaza als Geiseln gehalten.
Trauernde versammeln sich um die Gräber von Yam Goldstein und ihrem Vater Nadav, die am 7. Oktober in ihrem Haus im Kibbuz Kfar Aza von Hamas-Mitgliedern ermordet wurden. Der Rest der Familie wird vermutlich in Gaza als Geiseln gehalten.
Ariel Schalit/AP/dpa