Entscheidender Durchbruch im Kampf gegen das Coronavirus? Die Meldung über die baldige Zulassung des Impfstoffes von Biontech sorgte am Montag für Zuversicht. Es ist nicht das einzige aussichtsreiche Vakzin.
Kollektives Aufatmen im Kampf gegen das Coronavirus: Am Montag haben die Biotechunternehmen Biontech und Pfizer nicht nur bekannt gegeben, dass sie die Zulassung für ihren Impfstoff im November beantragt haben. Sie legten auch eine Analyse ihres Präparates BNT162 vor, die einen 90-prozentigen Schutz des Wirkstoffes vor einer Covid-19-Erkrankung besagt – eine «beeindruckende Effizienz», wie Virologe Christian Drosten laut «Berliner Morgenpost» in seinem Podcast lobte.
Zwar ist die Nachricht über den Biontech-Impfstoff zweifelsfrei ein deutlicher Hoffnungsschimmer im Kampf gegen die Pandemie, als alleinigen Hoffnungsträger sollte man BNT162 jedoch nicht sehen. Laut «Tages-Anzeiger» könnten bis Jahresende 50 Millionen Impfdosen hergestellt werden, die wiederum auf die USA, Grossbritannien und die Länder in Europa aufgeteilt werden müssten. Die Schlussfolgerung: Bis zum Frühjahr könnten damit selbst im Idealfall nur etwa fünf Prozent der europäischen und US-amerikanischen Bevölkerung geimpft werden.
Zehn vielversprechende Impfstoff-Kandidaten
Umso mehr rücken zahlreiche andere Kandidaten in den Mittelpunkt. Laut nau.ch zählte die WHO Anfang November zehn vielversprechende Präparate, die sich bereits in Phase drei der klinischen Studien befinden. In der Schweiz setzt der Bundesrat seine Hoffnung besonders auf die Vakzine von Moderna und AstraZeneca. Die Arbeit von Moderna unterstützt der Schweizer Pharmakonzern Lonza.
Vor zwei Wochen informierte Moderna, dass einem Grossteil der Studienteilnehmer bereits die zweite Impfung verabreicht wurde. Ergebnisse der Untersuchung für die Öffentlichkeit und die Zulassungsbehörden werden deshalb schon in Kürze erwartet. Nicht ganz so glatt liefen hingegen die Tests bei AstraZeneca. Nachdem eine Testperson in Brasilien infolge der Studie gestorben war, musste diese zeitweise unterbrochen werden. Mittlerweile laufen die Untersuchungen aber wieder.
In Sachen Wirkungsweise setzen die Vakzine von Moderna und AstraZeneca, von denen der Bundesrat bereits Millionen Dosen orderte, auf unterschiedliche Erfolgsrezepte. Während AstraZeneca einen vektorbasierten Impfstoff entwickelt, arbeitet Moderna an einem RNA-Impfstoff – ein ähnliches Konzept, wie es Biontech verfolgt.
Intransparenz in Russland und China
Auch der US-amerikanische Hersteller Johnson & Johnson ist bereits weit fortgeschritten in der Impfstoff-Entwicklung. Derzeit befindet sich das Vakzin des Pharmakonzerns in der abschliessenden Phase drei. Verläuft diese positiv, ist auch der Berner Impfstoffspezialist Hanssen Vaccines AG gefragt. Die Schweizer Tochterfirma von Johnson & Johnson wird die Sterilabfüllung des Präparats verantworten.
In Russland ist sogar bereits ein erster Impfstoff im Einsatz. Laut russischem Gesundheitsamt erzielt er wie auch das Vakzin von Biontech eine 90-prozentige Wirksamkeit, wie nau.ch schreibt. Wie valide diese Aussagen sind, konnte jedoch noch nicht überprüft werden, weil Russland bis dato keine Studienergebnisse veröffentlicht hat. Dementsprechend gross ist die Skepsis über die Wirksamkeit von «Sputnik V».
Intransparent wirken auch die Forschungen in China. Nicht nur US-Experte Anthony Fauci äusserte deshalb in der Vergangenheit Zweifel an der Wirksamkeit chinesischer Impfstoffe. Unter anderem arbeitet der staatliche Konzern Sinopharm an Vakzinen. Das Unternehmen geriet jedoch in die Kritik, weil es bereits Hunderttausenden Menschen den Impfstoff verabreichte – jedoch ausserhalb der klinischen Studie. Ähnlich ging Sinovac, ebenfalls in China ansässig, vor.
Auch Polio und Masern bedrohen weiterhin Menschenleben
Während die ganze Welt auf den Impfstoff gegen Covid-19 wartet und eine Rückkehr in die Normalität erhofft, machten die WHO und UNICEF auf eine weitere potenzielle Gefährdungslage aufmerksam. Demnach befinden sich vor allem Masern und Polio in gefährdeten Regionen wieder auf dem Vormarsch.
Laut livemint.com warnte Henrietta Fore, Exekutivdirektorin von UNICEF: «Wir dürfen nicht zulassen, dass der Kampf gegen eine tödliche Krankheit dazu führt, dass wir im Kampf gegen andere Krankheiten an Boden verlieren.» Es würden auch andere tödliche Krankheiten grassieren, die insbesondere in armen Ländern «das Leben von Millionen von Kindern» gefährden, so Fore. Zu diesem Zweck seien finanzielle Mittel nötig, appellierte die Exekutivdirektorin an Staats- und Regierungschefs.
Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der WHO, schlug in eine ähnliche Kerbe und sagte: «Covid-19 hat weltweit verheerende Auswirkungen auf das Gesundheitswesen und insbesondere auf die Impfdienste gehabt. Aber anders als bei Covid-19 verfügen wir über die Instrumente und das Wissen, um Krankheiten wie Polio und Masern zu stoppen.» Für die Rettung von Leben seien nun «die Ressourcen und das Engagement, diese Instrumente und das Wissen in die Tat umzusetzen», gefragt.
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