Saporischschja und Krim Das bedeuten die jüngsten Erfolge der ukrainischen Truppen

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25.9.2023

Ukrainische Soldaten im Gebiet Saporischschja: Hier sollen die Truppen vorgerückt sein. 
Ukrainische Soldaten im Gebiet Saporischschja: Hier sollen die Truppen vorgerückt sein. 
Oliver Weiken/dpa

Die Ukraine meldete am Wochenende den Durchbruch ihrer Truppen in der Region Saporischschja und den erfolgreichen Angriff auf eine russische Kommandozentrale auf der Krim. Was dies aus Expertensicht bedeutet.

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  • Die ukrainische Armee hat die russischen Verteidigungslinien im Gebiet Saporischschja am Wochenende durchbrochen.
  • Bereits am Freitag gab es laut ukrainischen Angaben zudem einen erfolgreichen Angriff auf das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte auf der Krim.
  • Aus Sicht von Experten könnten diese Vorstösse bedeutend sein – wobei ein echter Durchbruch erst noch folgen könnte.

Nach 19 Monaten des Widerstands gegen die russische Invasion könnte die Ukraine eine strategische Wende an der Südfront eingeläutet haben. Die ukrainische Armee habe im Gebiet Saporischschja am Wochenende die stark befestigten russischen Verteidigungslinien durchbrechen können, wie unter anderem das US-amerikanische Institute for the Study of War (ISW) berichtet.

Laut Angaben des ukrainischen Generalstabs hatten die Truppen im Gebiet Saporischschja die russischen Truppen aus ihren Stellungen verdrängt und sich an den erreichten Positionen festgesetzt. 

Experten hatten zuletzt jedoch erklärt, dass ein Durchbruch erst ein Zwischenschritt sein könne. Es sei unklar, ob die Ukrainer angesichts der seit Monaten laufenden Gegenoffensive noch genügend Kräfte haben werden, damit sie nach einem Durchbruch durch die russischen Verteidigungslinien tief in die besetzten Gebiete vordringen können.

Aber: «Die jüngsten Vorstösse der Ukraine in Saporischschja zwingen die Russen wahrscheinlich dazu, ihre Einheiten von der Umgebung Bachmuts abzuziehen, wo ebenfalls ukrainische Truppen vorrücken», analysiert Expertin Nataliya Bugayova in einem Artikel für den Thinktank ISW.

«Nicht wie in den Filmen über den Zweiten Weltkrieg»

Olexander Tarnawski, Kommandeur der ukrainischen Truppen in diesem Gebiet, bestätigte den Durchbruch und das weitere Vordringen der Truppen in einem Interview mit dem US-Nachrichtensender CNN. In der Nähe des Dorfes Werbowe in der Region Saporischschja seien die russischen Verteidigungslinien durchbrochen worden, erklärte der Brigadegeneral.

Er gestand jedoch auch ein, dass die im Juni gestartete Gegenoffensive langsamer vorankomme als erhofft. Der Vorstoss sei «nicht so schnell wie erwartet, nicht wie in den Filmen über den Zweiten Weltkrieg», sagte Tarnawski. Es sei aber wichtig, «diese Initiative nicht zu verlieren».

Das ISW beobachtet, dass die Ukraine westlich von Werbowe den am besten befestigten russischen Verteidigungsgürtel der Region durchbrochen habe. Zu diesem Gürtel gehörten Minenfelder, bemannte Schützengräben, Anti-Panzer-Gräben und Betonsperren. In der flachen Steppe sind die russischen Stellungen oft in langen Baumreihen versteckt.

«Wir bewegen uns von Baumreihe zu Baumreihe vor, manchmal 50 bis 100 Meter pro Tag, manchmal 300 bis 400 Meter», sagte ein Armeesprecher im ukrainischen Fernsehen.

Nicht weit von der Frontlinie entfernt liegt die Stadt Tokmak, die sich seit Beginn des russischen Einmarsches unter Moskaus Kontrolle befindet. Laut Tarnawski wäre ein wichtiger Durchbruch die Rückeroberung der Stadt. Diese würde es der ukrainischen Armee erlauben, weiter in Richtung der annektierten Halbinsel Krim zu vorzustossen, sagte er CNN. Der eigentliche Durchbruch, so Tarnawski, würde erst nach Tokmak folgen.

Die Lage der Stadt Tomak, südöstlich der Regionalhauptstadt Saporischschja.
Die Lage der Stadt Tomak, südöstlich der Regionalhauptstadt Saporischschja.
Bild: Google Maps

«Aus taktischer Perspektive beeindruckend»

Die ukrainische Armee berichtet auch von erfolgreichen Angriffen auf das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte auf der annektierten Krim-Halbinsel. Dabei wurden der ukrainischen Armee zufolge am Freitag  hochrangige russische Marineoffiziere getötet – demnach auch der Kommandeur der russischen Schwarzmeerflotte, Viktor Sokolow.

«34 Offiziere sind tot, darunter der Kommandeur der russischen Schwarzmeerflotte», schrieben die ukrainischen Spezialeinheiten am Montag bei Telegram.

Solche Offensiven, sagt General Tarnawski bei CNN, seien nicht nur militärisch von Bedeutung. Der Erfolg der Gegenoffensive hänge nicht nur von den Geschehnissen an der Front, sondern auch von der Zerstörung von Kommandozentralen ab, was für «Durcheinander auf dem Schlachtfeld» sorge, betonte Tarnawski im US-Fernsehen. Angriffe auf die Krim würden zudem die Moral der ukrainischen Soldaten heben.

Ein ehemaliger US-Air-Force-General nannte den Angriff der Ukrainer auf der Krim ebenfalls bei CNN «aus taktischer Perspektive beeindruckend – und auch von einem strategischen Standpunkt aus». Es handle sich um eine Kommandozentrale der Russen, von der aus sie alle Operationen im Schwarzen Meer steuern würden.

«Die asymmetrischen Taktiken der Ukraine im Schwarzen Meer hindern die russische Schwarzmeerflotte daran, frei zu operieren», bestätigt auch ISW-Expertin Bugayova. Sie zwängen Russland «zur Neupositionierung von Marineeinheiten und stellen eine zunehmende Herausforderung für die russischen Streitkräfte auf der Krim dar – allesamt operationelle Entwicklungen von strategischer Bedeutung».

Mit Material von dpa und AFP