«Das war genauso verheerend» Drei Gründe, weshalb Donald Trump das TV-Duell verloren hat

Philipp Dahm

11.9.2024

Harris gegen Trump: So heiss ging es beim TV-Duell zu und her

Harris gegen Trump: So heiss ging es beim TV-Duell zu und her

Kamala Harris und Donald Trump zeigten sich in Angriffslaune in ihrem ersten TV-Duell. Beide sparten nicht mit Anschuldigungen und Beleidigungen.

11.09.2024

Je länger die TV-Debatte angedauert hat, desto wütender ist Donald Trump geworden: Der 78-Jährige hat im Duell mit Kamala Harris den Kürzeren gezogen. Diese drei Aspekte haben dafür den Ausschlag gegeben. 

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Kommentatoren bei CNN wie auch auf Fox News sind sich einig, dass Donald Trump das TV-Duell gegeh Kamala Harris verloren hat.
  • Kamala Harris konnte sich als Kandidatin präsentieren und ihre Politik darlegen, während Donald Trump vor allem die Gegnerin attackiert hat.
  • Drei Gründe für Trumps Niederlage: Trump konnte nicht überzeugen, weil er dieselben bekannten Standpunkte bekundet und dieselben vorhersehbaren Angriffe gefahren hat.
  • Vorteil beim Auftreten: Trump zeigt sich als wütender, alter Mann, während Harris ihn mit Gestik und Mimik abblitzen lässt. 
  • Die Inhalte: Mit klaren, präzisen Aussagen entkräftet Harris die Propaganda ihres Gegners.

Vor dem TV-Duell war das Interesse an der Debatte gross: 70 Prozent wollten laut einer Umfrage zusehen – und noch 30 Prozent glaubten, ihre Wahlentscheidung könne dabei beeinflusst werden.

Das Interesse an Kamala Harris war dabei deutlich grösser, erklärte Analyst David Montgomery «Times Radio». Kein Wunder: Obwohl Kamala Harris als Vizepräsidentin amtiert, ist sie dennoch weniger bekannt als Donald Trump.

Harris hat also das klare Ziel, sich als fähige Kandidatin zu zeigen und ihre politischen Vorhaben darzulegen. Donald Trumps Taktik ergibt sich daraus: Er will seiner Kontrahentin öffentlich die Fähigkeit absprechen, das Land zu führen.

Wenn es nach dieser Matrix geht, hat Trump das Duell klar verloren. Das sind die drei Gründe.

Die alte Leier

«Heute Abend hören wir dasselbe alte Drehbuch», sagt Kamala Harris mit Blick auf ihren Gegner gleich zu Beginn der TV-Debatte. Und egal, welcher Seite man die Daumen drückt: Es wird sich als die Wahrheit herausstellen.

Donald Trump greift vor allem seine Kontrahentin an – mit Attacken, die man von ihm kennt. Harris hingegen versucht, ihre politischen Pläne auszumalen. Natürlich geht auch sie in die Offensive – etwa, wenn sie dazu auffordert, Trumps Wahlkampf-Veranstaltungen zu besuchen. «Ich sage Ihnen: Die eine Sache, über die er nicht reden wird, sind sie.»

Das tut er auch beim TV-Duell nicht. Natürlich redet er über Themen wie Inflation, doch anstatt sich darauf zu konzentrieren, dass die Leute wenig Geld im Portemonnaie haben, greift er vor allem die Demokraten an – und lügt bei den Zahlen.

Am deutlichsten wird das in den Schlussplädoyers: Harris spricht davon, dass sie «einen Plan» habe, dass sie in die Zukunft blicken wolle und «eine Präsidentin für alle Amerikaner sein» werde. Trump redet dagegen nur über Harris. Und behauptet: «Man lacht auf der ganzen Welt über uns.»

«Wir haben so viele von den alten Beschwerden gehört, von denen wir lange dachten, dass Trump verstanden hat, dass sie uns politisch nicht gewinnen lassen», merkt sogar der Kommentator beim konservativen Sender Fox News an.

Das Auftreten

Kamala Harris ergreift noch vor Beginn des Duells die Initiative – und Trumps Hand. Der kann sich dieser Geste gar nicht erwehren: Es sind die ersten und letzten freundlichen Worte zwischen den beiden. 

Von da an geht es mit Trumps Stimmung steil bergab. Der 78-Jährige wird im Verlauf der Debatte zunehmend wütend. Etwa beim Thema Migration oder als Harris seine Justiz-Probleme anspricht. Auch wenn sein Mikrofon abgedreht ist, redet er mitunter noch. Einmal faucht er Harris an: «Ich rede jetzt!» Und schickt triumphal nach: «Klingt das bekannt?»

Der Hintergrund seines Seitenhiebs liegt vier Jahre zurück:

Als er sagt, er sei «sarkastisch gewesen» als er die Wahlniederlage eingestanden habe, kontert die Demokratin: «Donald Trump wurde von 81 Millionen Leuten gefeuert. Sie haben tatsächlich die Wahl verloren. Die Führer der Welt lachen über Donald Trump.» Trump wehrt sich mit einem Verweis auf ein Schulterklopfen von Viktor Orban, doch es gärt in ihm.

Chris Wallace bringt es auf den Punkt: Er habe nicht gedacht, er würde nochmal so eine verheerende Debatte wie die gegen Biden sehen, sagt der konservative Journalist bei CNN. «Das war genau so verheerend.» Trump habe verärgert gewirkt, sich auf die Moderatoren konzentriert und mit ihnen gestritten. «Donald Trump hat heute alt ausgesehen», so Wallace.

Harris hingegen habe ins Publikum geguckt. Sie habe gelächelt und Mimik und Gestik eingesetzt – «mit Stil». Sie habe sich als «Kandidatin des Wechsels» präsentiert, findet Wallace. Angesichts der Tatsache, dass sie als Vizepräsidentin Teil des Systems ist, ist dieser Eindruck ein grosser Erfolg.

US-Wahlen 2024 im Fokus

Amerika wählt am 05. November einen neuen Präsidenten. Aber nicht nur der Präsident, sondern auch 35 Senatssitze, das komplette Repräsentantenhaus sowie elf Gouverneure werden neu gewählt. blue News begleitet die heisse Phase des Duells um das Weisse Haus nicht nur mit dem Blick aus der Schweiz, sondern auch mit Berichten direkt aus den USA.

Im Weissen Haus wurde Kokain gefunden.
Patrick Semansky/AP/dpa

Das Inhaltliche

Es ist erstaunlich, dass Donald Trump keine Treffer landen kann. Nicht einmal, als es um das Thema Migration geht – immerhin die vermeintliche Achillesferse der Gegnerin. Harris darf zuerst zum Thema sprechen und verweist darauf, dass Trump ein breit abgestütztes Gesetz gekippt hat, das zur Sache ausgehandelt worden war. Dann spricht sie über die Grösse der Menge bei Trumps Auftritten.

Und schon ist Trump abgelenkt: Seine Antwort bezieht sich – für einmal – nicht mehr auf Einwanderer. «Wir haben die grössten Veranstaltungen», tönt er, bevor er vor dem «Dritten Weltkrieg» warnt, um sich dann wieder aufs Thema zu besinnen und in der Aussage zu versteifen: «In Springfield essen sie die Hunde.»

Auch beim Thema Nahost verpasst Trump die Chance, seiner Widersacherin eins reinzuwürgen. Er landet wieder bei sich: Wenn er am Drücker wäre, wäre der Iran pleite. Am Ende ist sie es, die ihm mit Blick auf Liebesbriefe von Kim Jong-un und seine Männerfreundschaft zu Wladimir Putin den Nackenschlag verpasst: «Deshalb sagen so viele Militärs, die mit Ihnen gearbeitet haben, dass Sie eine Schande sind.»

Harris demontiert Trump auch beim Thema Wirtschaft. Harris nagelt Trumps Ausreden fest, als es um Abtreibung geht und Trump so tut, als hätte er den Bundesstaaten einen Gefallen getan, in dem er das landesweite Recht darauf kippt. Harris sagt: «Ich war da», als ihr Gegner den Sturm aufs Kapitol herunterspielen will.

Harris grinst nur, als Trump verspricht, er werde den Ukraine-Krieg bereits als designierter Präsident beenden. Und Harris winkt ab, als Trump tönt, er werde eine bessere Krankenversicherung auf die Beine stellen, die weniger kosten werde. Und Harris weist den Republikaner darauf hin, dass er gegen sie antritt, als er mal wieder Joe Biden erwähnt.

Kamala Harris hat sich durch diese TV-Debatte profilieren können. Und Donald Trump hat nicht mal mehr provoziert, sondern vielmehr gelangweilt. Etwas Schlimmeres konnte ihm nicht passieren.


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