Experten einig «Titanic»-Tauchboot-Crew wusste, dass sie gleich sterben

tbz/sda

9.8.2024

Implosion von Titanic-Tauchboot: 50 Millionen Entschädigung gefordert

Implosion von Titanic-Tauchboot: 50 Millionen Entschädigung gefordert

Rund ein Jahr nach der Implosion des Tiefsee-Tauchbootes «Titan» im Nordatlantik verlangt die Familie eines der fünf Toten 50 Millionen Dollar Schadenersatz.

09.08.2024

Vor einem Jahr implodierte das Tiefsee-Tauchboot «Titan» auf dem Weg zum Schiffswrack der «Titanic». Jetzt fordert die Familie des verstorbenen Wissenschaftlers Paul-Henri Nargeolet 50 Millionen Dollar Schadenersatz.

tbz/sda

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  • Rund ein Jahr nach der Implosion des Tiefsee-Tauchbootes «Titan» im Nordatlantik verlangt die Familie eines der fünf Toten 50 Millionen Dollar Schadenersatz.
  • Mängel und Unzulänglichkeiten des Tauchbootes seien von US-Betreiber «Oceangate» nicht offengelegt beziehungsweise absichtlich verschwiegen worden, heisst es in der Klage.
  • Zudem müsse sich die Besatzung ihres kurz bevorstehenden Todes bewusst gewesen sein. Sie hätten dadurch «Angst und seelische Qualen» erlebt.
  • Der Betreiber habe sich bislang nicht zu der Klage äussern wollen.

Der Betreiber habe grob fahrlässig gehandelt, heisst es in einer Klage, die nach Angaben der beauftragten Anwälte im Namen der Angehörigen des damals gestorbenen französischen Wissenschaftlers Paul-Henri Nargeolet bei einem Gericht in Seattle im US-Bundesstaat Washington eingereicht wurde.

Der 77-jährige Nargeolet war als «Monsieur Titanic» bekannt und galt als einer der führenden Experten für das Wrack des Luxusliners.

Die fünf Insassen des Tauchbootes waren im Juni 2023 auf einer Expedition zu der 1912 gesunkenen «Titanic» unterwegs, als das Unglück geschah. Bei einer Implosion bricht ein Objekt schlagartig zusammen, wenn der Aussendruck grösser ist als der Innendruck.

Das «Titan»-U-Boot des Unternehmens Oceangate Expeditions versagte bei einem Tauchgang zur «Titanic» im Jahr 2023.
Das «Titan»-U-Boot des Unternehmens Oceangate Expeditions versagte bei einem Tauchgang zur «Titanic» im Jahr 2023.
Bild: OceanGate Expeditions/AP/dpa

Weiter heisst es in dem am Donnerstag vorgelegten Dokument, es seien Mängel und Unzulänglichkeiten des Tauchbootes von US-Betreiber Oceangate nicht offengelegt beziehungsweise absichtlich verschwiegen worden.

«Angst und seelische Qualen»

US-Medien zufolge heisst es in der Klage gegen Oceangate und andere zudem, dass die Besatzung irgendwann erkannt haben müsse, dass alle Insassen sterben würden.

Experten seien sich einig, dass ein akustisches Signal die Crew davor gewarnt habe, dass die Hülle des rund sieben Meter langen Tauchbootes unter dem extremen Druck zu brechen drohte. Der Pilot habe daher versucht, Gewicht abzulassen und den Tauchgang abzubrechen.

Weil dieser Versuch scheiterte und die «Titan» weiter herabsank, müssten die Insassen des Tiefsee-Tauchboots daher «Angst und seelische Qualen» erlebt haben, heisst es in der Klage weiter. «Der gesunde Menschenverstand sagt, dass die Besatzungsmitglieder, bevor sie starben, sehr wohl wussten, dass sie sterben würden.»

An Bord der «Titan» waren neben Nargeolet der britische Abenteurer Hamish Harding (58), der britisch-pakistanische Unternehmensberater Shahzada Dawood (48) und dessen 19-jähriger Sohn Suleman sowie der Chef der US-Betreiberfirma Oceangate, Stockton Rush (61).

Fachleute sollen lange vor dem Unglück vor Mängeln gewarnt haben. (Archivbild)
Fachleute sollen lange vor dem Unglück vor Mängeln gewarnt haben. (Archivbild)
Paul Daly/The Canadian Press/AP/dpa

«Die katastrophale Implosion, die Paul-Henri Nargeolet das Leben kostete, war unmittelbar auf die anhaltende Unachtsamkeit, Rücksichtslosigkeit und Fahrlässigkeit zurückzuführen», heisst es weiter.

«Wir hoffen, dass wir mit dieser Klage Antworten für die Familie bekommen können, wie genau das passiert ist, wer alles daran beteiligt war und wie die Beteiligten so etwas zulassen konnten», sagte Tony Buzbee, einer der an der Klage beteiligten Anwälte.

Der Betreiber habe sich bislang nicht zu der Klage äussern wollen, hiess es in den Berichten.

Tauchroboter fand Trümmer des Tauchbootes

Tage nach dem Verschwinden des Tauchbootes südlich von Neufundland hatte ein Tauchroboter knapp 500 Meter vom Bug des «Titanic»-Wracks entfernt die Trümmer der «Titan» entdeckt.

Laut Fachleuten deutet alles darauf hin, dass der Rumpf des Boots dem enormen Wasserdruck nachgab und implodierte. Die «Titanic» liegt in rund 3800 Metern Tiefe auf dem Meeresgrund. Der Luxusdampfer war im Jahr 1912 untergegangen, mehr als 1500 Menschen starben damals.

Das Tauchboot «Titan» ist auf dem Weg zur «Titanic» im Jahr 2023 implodiert.
Das Tauchboot «Titan» ist auf dem Weg zur «Titanic» im Jahr 2023 implodiert.
-/OceanGate Expeditions/AP/dpa

Oceangate hatte die Tiefsee-Expeditionen zur «Titanic» für etwa 250'000 Dollar pro Person im Angebot und schon rund ein halbes Dutzend Mal gemacht, war aber von Beginn an – wie erst später öffentlich bekannt wurde – mit Sicherheitsbedenken zahlreicher Experten konfrontiert worden.

«Titan» war von keiner Behörde oder Einrichtung für bemannte Tiefseetauchgänge überprüft, zertifiziert oder offiziell zugelassen worden. Standards seien umgangen und Warnungen missachtet worden, hiess es.

Oceangate hat nach eigenen Angaben inzwischen alle Erforschungen und kommerziellen Geschäftstätigkeiten eingestellt. Untersuchungen des Vorfalls laufen unter anderem bei der US-Küstenwache und der Transportsicherheitsbehörde Kanadas.


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