Völlig verrantBrexit-Chaos: Das sind Boris Johnsons letzte Optionen
tafi/DPA
8.9.2019
Neuwahl, Rücktritt oder doch noch ein Deal mit der EU? Der britische Premierminister Boris Johnson steckt nach dem jüngsten Kabinettsrücktritt noch mehr in der Klemme. Kann er sich aus dem Brexit-Schlamassel noch einmal befreien?
Der britische Premierminister Boris Johnson hat sich mit seinem kompromisslosen Brexit-Kurs in eine schier ausweglose Lage manövriert. Der Weg zu dem von ihm angedrohten EU-Austritt ohne Abkommen ist vom Parlament per Gesetz versperrt worden. Seine ohnehin hauchdünne Unterhausmehrheit hat er durch den Rausschmiss von 21 proeuropäischen Abgeordneten vollends verspielt.
Arbeitsministerin Amber Rudd sprach von «politischem Vandalismus» und legte am Samstag ihr Amt nieder. In einem BBC-Interview beklagte sie am Sonntag, Johnson zeige zu wenig Einsatz bei den Brexit-Gesprächen mit der EU.
Die Opposition verweigert Johnson die notwendige Zweidrittelmehrheit für eine Neuwahl. Echte Verhandlungen mit Brüssel hat es bislang auch nicht gegeben. Trotzdem will Johnson «lieber tot in einem Graben» liegen, als sich dem kürzlich verabschiedeten Gesetz gegen einen No Deal zu beugen, und eine Verlängerung für die am 31. Oktober auslaufende Brexit-Frist zu beantragen. Welche Optionen hat er noch?
Johnson ignoriert das Gesetz gegen den No-Deal-Brexit
Immer wieder wurde spekuliert, ob der Premierminister das Gesetz gegen den No-Deal-Brexit einfach solange ignorieren könnte, bis Grossbritannien aus der EU herausgekracht ist. Hellhörig wurden Johnsons Gegner, als er kürzlich vor Reportern sagte, das Gesetz sehe nur «theoretisch» eine Brexit-Verschiebung vor. Berichten zufolge bereiten sie sich schon für einen Rechtsstreit vor.
«Er ist genauso an das Rechtsstaatsprinzip gebunden wie jeder andere in diesem Land», sagte ehemalige Generalstaatsanwalt Dominic Grieve der BBC am Samstag. «Wenn er sich nicht daran (an das Gesetz) hält, kann er vor Gericht verklagt werden. Das Gericht würde nötigenfalls eine Verfügung erlassen, die ihn dazu verpflichtet (...) Hält er sich nicht an die Verfügung, könnte er ins Gefängnis geschickt werden.»
Theoretisch könnte Johnson auch versuchen, ein Inkrafttreten des Gesetzes zu verhindern, indem er sich weigert, es Königin Elizabeth II. zur Billigung vorzulegen. Doch auch das dürfte vor Gericht enden.
Misstrauensantrag in eigene Regierung
Will Johnson doch noch eine Neuwahl vor dem 31. Oktober erreichen, könnte er zu einem ungewöhnlichen Mittel greifen und einen Misstrauensantrag gegen die eigene Regierung stellen. Eine Mehrheit hat Johnson ohnehin nicht mehr. Die Opposition hätte es sicherlich schwer, diesen Antrag nicht mitzutragen.
Das Problem für Johnson ist, dass damit eine 14-Tages-Frist ausgelöst wird, in der die Opposition versuchen könnte, eine Alternativregierung auf die Beine zu stellen. Das dürfte zwar schwierig werden, weil sich die Oppositionsparteien alles andere als einig sind und beispielsweise die Liberaldemokraten bereits abgelehnt haben, für Labour-Chef Jeremy Corbyn als Interimsregierungschef zu stimmen. Doch wenn die Alternative ein möglicher No-Deal-Brexit wäre, könnten sie sich vielleicht doch zusammenraufen.
Denkbar wäre auch, dass ein unabhängiger Kandidat die Rolle übernimmt, wie Ken Clarke, der kürzlich von Johnson aus der Tory-Fraktion ausgeschlossene Alterspräsident des Unterhauses.
Sollte innerhalb der zwei Wochen keine alternative Regierung gebildet werden, würde es zur Neuwahl kommen. Da aber zwischen Auflösung des Parlaments und dem Urnengang 25 Arbeitstage liegen müssen, wäre der Wahltermin frühestens wenige Tage vor dem geplanten EU-Austritt am 31. Oktober möglich.
Alternativ könnte Johnson auch versuchen, das Wahlgesetz zu ändern oder ein massgeschneidertes Gesetz zu verabschieden, das ihm eine Wahl ermöglicht. Doch dafür braucht er eine Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments – die er nicht mehr hat.
Johnson tritt als Premierminister zurück
Um sein Versprechen nicht zu brechen, könnte Johnson auch als Premierminister zurücktreten. Fraglich wäre, wer dann von Königin Elizabeth II. mit der Regierungsbildung beauftragt werden würde. Johnson Konservative könnten nicht mehr beanspruchen, eine Mehrheit im Unterhaus zu haben. Trotzdem wären sie weiter stärkste Fraktion.
Sollte sich die Opposition jedoch mit vereinten Kräften auf Corbyn oder einen anderen Kandidaten einigen, könnte es einen Regierungswechsel geben. Johnson müsste darauf setzen, dass es bald zur Neuwahl kommt. Theoretisch könnte der Interimspremier aber auch erst einmal weiterregieren und beispielsweise einen weicheren Brexit mit enger Anbindung an die EU durchsetzen, bevor er eine Neuwahl in die Wege leitet.
Sollte Johnson sich bei einer Wahl später nicht durchsetzen, würde er als britischer Premierminister mit der kürzesten Amtszeit aller Zeiten in die Geschichte eingehen.
Brexit-Abkommen in letzter Sekunde
Johnson könnte versuchen, doch noch eine Einigung mit der EU zu finden. In der Kürze der Zeit wären kaum grössere Änderungen möglich. Doch eine Variante lag bereits auf dem Tisch: Die in Grossbritannien verhasste Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland (Backstop) könnte auf Nordirland beschränkt werden.
Statt Kontrollen zwischen den beiden Teilen der irischen Insel würde notfalls an den Häfen zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs kontrolliert. Johnsons Vorgängerin Theresa May hatte diesen Vorschlag Brüssels im vergangenen Jahr noch empört abgelehnt. «Kein britischer Premierminister könnte dem je zustimmen», hatte May gesagt. Der Vorschlag untergrabe den britischen Binnenmarkt und bedrohe die verfassungsmässige Integrität des Vereinigten Königreichs.
May hatte neben der Sorge um den Zusammenhalt ihres Landes aber noch einen weiteren wichtigen Grund: Ihre Regierung hing von der Unterstützung der nordirischen Protestantenpartei DUP ab, die ihre Minderheitsregierung stützte. Johnson ist nach dem Rauswurf der Brexit-Rebellen selbst mit den DUP-Abgeordneten weit entfernt von einer Mehrheit. Er könnte darauf hoffen, dass ihm Labour-Abgeordnete aushelfen.
Manch ein Beobachter sieht in dem harten Vorgehen Johnsons gegen die proeuropäischen Rebellen auch eine Warnung an die Brexit-Hardliner. Wer sich weigert, für einen Deal zu stimmen, wird aus der Fraktion geworfen und darf bei einer baldigen Neuwahl nicht mehr für die Tories antreten, könnte die Botschaft lauten. Ob das für eine Mehrheit ausreichen würde, ist fraglich. Johnson müsste zudem befürchten, dass die Geschassten zur Brexit-Partei von Nigel Farage überlaufen oder zumindest, dass Farage davon profitieren könnte.
Ablehnung durch die EU
Der britische Regierungschef könnte auch versuchen, die EU zu einer Ablehnung seines Antrags auf Brexit-Verschiebung zu bewegen. Die No-Deal-Gegner haben bereits versucht, das in ihrem Gesetz gegen den ungeregelten Brexit weitgehend auszuschliessen. Beispielsweise ist dort der genaue Wortlaut des Briefs vorgegeben, den der Premier an EU-Ratspräsidenten Donald Tusk schreiben soll. Die Dauer der Verlängerung ist auf drei Monate festgelegt, doch sollte die EU einen anderen Zeitraum vorschlagen, könnte die Regierung das nur mit Zustimmung des Parlaments ablehnen.
Als denkbar gilt auch, dass Johnson versuchen könnte, einen EU-Staat zu einem Veto zu bewegen. Infrage käme beispielsweise Ungarn, dessen Ministerpräsident Viktor Orban Johnson gewogen sein dürfte. Doch ob das gelingen wird, gilt als fraglich. Bislang war es den 27 verbliebenen EU-Staaten gelungen, in Sachen Brexit fast immer mit einer Stimme zu sprechen.
Boris Johnson ist für sein loses Mundwerk bekannt. So sagte er einst: «Die Chancen, dass ich Premier werde, sind in etwa gleich gross wie die, Elvis auf dem Mars zu finden oder dass ich als Olive wiedergeboren werde.»
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«Meine Kuchen-Politik ist pro Kuchen und pro Kuchen essen.»
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«Meine Sprechweise wurde von keiner geringeren Autorität als Arnold Schwarzenegger kritisiert. Es ist ein Tiefpunkt, Freunde, wenn die eigenen rhetorischen Fähigkeiten von einem einsilbigen österreichischen Cyborg schlechtgemacht werden.»
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Über den früheren US-Präsidenten Barack Obama: «Der teils kenianische Präsident hat eine angestammte Abneigung gegen das Britische Empire – das Churchill so feurig verteidigt hatte.»
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«Der kulturelle Einfluss der Chinesen ist faktisch null, und es scheint unwahrscheinlich, dass er zunimmt.»
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Über die frühere US-Aussenministerin Hillary Clinton: «Sie hat die blondgefärbten Haare und Schmolllippen, und ein stahlblaues Starren, wie eine sadistische Krankenschwester in einer Nervenheilanstalt.»
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