Kritik mit StilSo höflich sagt dieser Brite zu Boris Johnson: «Hau ab!»
tafi
6.9.2019
Ein freundliches Lächeln, ein Handschlag und vier höfliche Worte: In nur zwei Sekunden bekommt Boris Johnson, die ganze Wut der Briten über seinen Ego-Trip in Sachen Brexit zu spüren. Und zwar «very britsh».
Es ist eine sehr kurze Begegnung, die Boris Johnson bei einem Besuch in Nordengland gehabt hat. Aber es ist eine, die er wohl nicht vergessen dürfte.
Ein ausgesprochen höflicher Mann in den besten Jahren geht auf seinen Premierminister zu, schüttelt ihm jovial die Hand und sagt mit einem Lächeln: «Please leave my town» – «Bitte verlassen Sie meine Stadt.» Zum Abschluss gibt es noch einen freundlichen Klaps auf die Schulter.
Was diese Szene, die von BBC-Kameras in West Yorkshire festgehalten wurde, so besonders macht?
Sie zeigt, dass die Briten nicht gewillt sind, sich von einem Politrüpel wie Boris Johnson alles gefallen zu lassen. Die Wut ist gross im Land, zumindest bei den Brexit-Gegnern. Aber sie lassen sich eben nicht auf das laute, diffamierende Gepolter ein, dass Boris Johnson gerade salonfähig zu machen versucht.
Anstand und gutes Benehmen sind immer noch die besten Umgangsformen bei politischen Meinungsverschiedenheiten. Die Kritik des Mannes hallt gerade deswegen so laut nach, weil sie so leise geäussert wurde. An Schärfe hat sie dadurch freilich nicht verloren.
Will someone please make a knight of that man that just told Boris To fuck off in the most polite British way possible? pic.twitter.com/bKTcM9MO2b
Das ist auch Hunderttausenden Nutzern sozialer Netzwerke aufgefallen, die den stillen Mann mit seiner formvollendeten Kritik zum Helden erklären. Manche wollen ihn sogar zum Ritter schlagen, weil er Boris Johnson auf die «höflichste und britischste Art und Weise» gesagt hat: «Verpiss Dich!» Oder ein wenig vornehmer ausgedrückt: «Hau ab!»
Wie schwer es bisweilen ist, den richtigen Ton zu treffen, zeigt ein weiteres Video vom Besuch des britischen Premierministers in Nordengland. In der Stadt Morley konnte ein Passant seine Wut nicht verbergen und beschwerte sich lautstark bei Boris Johnson, dass er nicht mit der EU verhandele.
«Sie sollten gefälligst nach Brüssel gehen, stattdessen spielen Sie nur ihre Spielchen mit der britischen Bevölkerung und dem Parlament.»
Und Johnson? Seine Reaktionen sind in beiden Fällen ähnlich. Er scheint von der offenen, mal leisen, mal lauten Kritik der Strasse überrascht. Fast schon hilflos suchen seine Blicke die Unterstützung der Kamera.
Boris Johnson ist für sein loses Mundwerk bekannt. So sagte er einst: «Die Chancen, dass ich Premier werde, sind in etwa gleich gross wie die, Elvis auf dem Mars zu finden oder dass ich als Olive wiedergeboren werde.»
Bild: Keystone
«Meine Kuchen-Politik ist pro Kuchen und pro Kuchen essen.»
Bild: EPA
«Meine Sprechweise wurde von keiner geringeren Autorität als Arnold Schwarzenegger kritisiert. Es ist ein Tiefpunkt, Freunde, wenn die eigenen rhetorischen Fähigkeiten von einem einsilbigen österreichischen Cyborg schlechtgemacht werden.»
Bild: EPA
Über den früheren US-Präsidenten Barack Obama: «Der teils kenianische Präsident hat eine angestammte Abneigung gegen das Britische Empire – das Churchill so feurig verteidigt hatte.»
Bild: Keystone
«Der kulturelle Einfluss der Chinesen ist faktisch null, und es scheint unwahrscheinlich, dass er zunimmt.»
Bild: EPA
Über die frühere US-Aussenministerin Hillary Clinton: «Sie hat die blondgefärbten Haare und Schmolllippen, und ein stahlblaues Starren, wie eine sadistische Krankenschwester in einer Nervenheilanstalt.»
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