Keine EinsichtBiden warnt: Noch mehr Corona-Tote durch Trumps Blockade
dpa/tafi
17.11.2020
Die Corona-Krise eskaliert in den USA. Der gewählte Präsident Joe Biden will die Pandemie ab seinem Amtsantritt rasch eindämmen. Doch Donald Trump erschwert ihm die Vorbereitungen – und will lieber Stimmen nachzählen lassen. Das geht aber nur gegen Vorkasse.
Das Coronavirus macht wegen der US-Wahl keine Pause, ganz im Gegenteil. Im Schnitt wurden zuletzt täglich mehr als 140'000 bestätigte Neuinfektionen und rund 1000 Todesfälle gemeldet. Nach Daten der Universität Johns Hopkins wurden in dem Land mit 330 Millionen Einwohnern seit Beginn der Pandemie bereits 11,2 Millionen Infektionen und mehr als 247'000 Covid-Todesfälle gemeldet.
Der gewählte Präsident Joe Biden erhöht nun den Druck auf Amtsinhaber Donald Trump: Wegen dessen Weigerung, die Übergabe der Regierungsgeschäfte einzuleiten, drohen noch mehr Menschen nach einer Corona-Infektion zu sterben, warnte Biden.
Sein Team müsse zum Beispiel Zugang zu den Plänen bekommen, aus denen hervorgehe, wie mehr als 300 Millionen US-Amerikaner geimpft werden sollten, sagte er am Montag (Ortszeit) in seiner Heimatstadt Wilmington. «Das ist ein riesiges, riesiges Unterfangen», betonte er.
Ohne Abstimmung könnten mehr Menschen sterben
Der Demokrat und ehemalige Vizepräsident warnte: «Wenn wir uns nicht abstimmen, könnten mehr Menschen sterben.» Wenn sein Team mit der Vorbereitung bis zur Amtseinführung am 20. Januar warten müsse, verzögere dies alles um einen oder um eineinhalb Monate.
Deswegen sei es wichtig, dass die Abstimmung jetzt oder «so schnell wie möglich» erfolge. Normalerweise beginnt das Verfahren zur Amtsübergabe in den USA unmittelbar nach der Wahl eines neuen Präsidenten.
Der Republikaner Trump weigert sich jedoch, den Wahlsieg des Demokraten anzuerkennen. Seine Regierung hat daher die gesetzlich vorgesehene geordnete Amtsübergabe («transition») noch nicht eingeleitet. Dadurch bekämen Biden und sein Team schon vor der Amtsübernahme Zugang zu Ministerien, Behörden und vertraulichen Informationen der Regierung und Geheimdienste. Die Übergangszeit von der Wahl bis zur Vereidigung beträgt mehr als zwei Monate.
Biden hofft auf «hellsichtigen» Trump
Biden zeigte sich vorsichtig optimistisch, dass Trump früher oder später einlenken werde. «Ich hoffe, dass der Präsident etwas hellsichtiger sein wird, noch vor dem 20. Januar.» Er fügte hinzu, dass Trumps Blockadehaltung weniger seinen Start ins Amt behindere, als dass es für das Land «peinlich» sei.
Biden war am 7. November – vier Tage nach der Wahl – von US-Medien zum Sieger erklärt worden. Trump spricht jedoch von Wahlbetrug, ohne dafür irgendwelche Beweise vorzulegen. Er und die Republikaner haben mehrere Klagen angestrengt. Trumps Regierung begründet die Verzögerung bei der Amtsübergabe mit den anhängigen Verfahren. Die Klagen waren bislang weitgehend erfolglos – keine von ihnen dürfte den Wahlausgang insgesamt kippen können.
Neuauszählung in Wisconsin nur gegen Vorkasse
Trump will auch in Wisconsin eine Neuauszählung aller Stimmen. Diese müsste er wegen Bidens solidem Vorsprung dort aber selbst bezahlen: Das würde rund 7,9 Millionen Dollar (7,2 Millionen Franken) kosten, wie die Leiterin der Wahlbehörde, Meagan Wolfe, erklärte.
Bislang gebe es aber noch keinen Antrag auf eine Neuauszählung. Weitere ausstehende Endergebnisse würden bis Dienstag erwartet, die Neuauszählung müsse daher bis Mittwoch beantragt und im Voraus bezahlt werden, fügte Wolfe hinzu. In dem nördlichen Bundesstaat setzte sich Joe Biden mit einem Vorsprung von 20'470 Stimmen oder 0,62 Prozent gegen Trump durch. Die Kosten einer Neuauszählung werden nur vom Staat getragen, wenn der Vorsprung weniger als 0,25 Prozent beträgt.
Sollte Trump die Neuauszählung wie angekündigt beantragen, wären seine Chancen, den Staat doch noch zu gewinnen, wohl verschwindend gering. Eine Neuauszählung der Stimmen nach der Wahl 2016 hatte nur eine Abweichung von 131 Stimmen festgestellt.
Trumps Wahlkampfteam hatte angekündigt, eine Neuauszählung anzustreben. Die Republikaner haben seither intensiv um Spenden für die Kosten des juristischen Nachspiels der Wahl geworben. Im südlichen Bundesstaat Georgia, wo Biden sehr knapp gewann, werden derzeit noch auf Staatskosten die Stimmen neu ausgezählt.