Rede zur Lage der NationBiden besteht Bewährungsprobe – Trump stichelt live mit
Christiane Jacke, Julia Naue und Magdalena Tröndle, dpa
8.3.2024 - 09:41
Rede zur Lage der Nation: Biden thematisiert sein Alter
US-Präsident Joe Biden hat sich bei seiner traditionellen Rede zur Lage der Nation vor den beiden Kammern des US-Kongresses geäussert. Schon als er den Raum betritt, wird er gerade von Seiten der Demokraten frenetisch gefeiert.
08.03.2024
Vor seinem wichtigen Auftritt im Kongress fragten sich manche, ob der US-Präsident eine einstündige Rede überhaupt ohne Patzer über die Bühne bringen kann. Joe Biden besteht die Bewährungsprobe.
Keystone-SDA, Christiane Jacke, Julia Naue und Magdalena Tröndle, dpa
08.03.2024, 09:41
Christiane Jacke, Julia Naue und Magdalena Tröndle, dpa
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Joe Biden hat am 7. März vor dem Repräsentantenhaus in Washington seine Rede zur Lage der Nation gehalten.
Der 81-Jährige sprach offensiv über sein Alter: «Ob jung oder alt, ich habe immer gewusst, was Bestand hat.»
Patzer leistete sich der Präsident nicht – Donald Trump lästerte online dennoch im Liveticker-Stil.
«Einwanderer nicht verteufeln»: Biden bot den Republikanern erneut eine Kooperation beim Thema Migration an.
Biden stellte Erfolge in der Wirtschaft heraus, die beim Volk aber noch nicht angekommen seien.
Die Situation in Nahost ist laut Biden «herzzerreissend»: Er kündigte weitere humanitäre Hilfen an.
Mit Blick auf die Ukraine sagte Biden Richtung Wladimir Putin: «Wir werden nicht weglaufen.»
Mit einem kämpferischen Auftritt im Kongress hat US-Präsident Joe Biden versucht, im Wahlkampf zu punkten und Zweifel an seiner mentalen Fitness zu zerstreuen. Bei der traditionellen Rede zur Lage der Nation vor beiden Parlamentskammern gab sich der Demokrat am 7. März energisch und angriffslustig.
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Der 81-Jährige inszenierte sich als Gegenstück zu seinem voraussichtlichen Herausforderer bei der Präsidentenwahl im November, Donald Trump, den er allerdings keinmal namentlich nannte, sondern lediglich als seinen «Vorgänger» bezeichnete. Dieser stehe für Wut, Rache und die Vergangenheit, er selbst für Anstand, Würde und Zukunftsideen, erklärte Biden. Mit Selbstironie reagierte er auf Skepsis wegen seines hohen Alters.
Biden will bei der Präsidentenwahl Anfang November für eine zweite Amtszeit antreten, hat aber mit schweren Imageproblemen zu kämpfen. Seine Beliebtheitswerte sind im Keller – noch unter den Werten Trumps zur gleichen Zeit in dessen Präsidentschaft. Viele Wähler sehen die Wirtschaft trotz Wachstums und geringer Arbeitslosigkeit in schlechtem Zustand.
Eine Frage des Alters
Zuletzt hat auch die Nahost-Politik der US-Regierung viele arabischstämmige und jüngere Wähler verprellt. Und viele im Land sehen Bidens weit fortgeschrittenes Alter als grosses Problem. Der versuchte, mit seinem Auftritt bei all diesen Themen zu punkten.
Mehrfach thematisierte Biden offensiv sein Alter. «Ich weiss, es sieht vielleicht nicht so aus, aber ich bin schon eine Weile dabei», scherzte er. «In meiner Laufbahn hat man mir immer wieder gesagt, ich sei zu jung und zu alt. Ob jung oder alt, ich habe immer gewusst, was Bestand hat.»
Bidens Alter ist seine grösste Bürde im Wahlkampf. Er war 2021 als ältester Präsident aller Zeiten ins Weisse Haus eingezogen und wäre am Ende einer zweiten Amtszeit 86. Biden macht regelmässig Schlagzeilen mit peinlichen Patzern und Versprechern, was Republikaner, allen voran Trump, regelmässig ausschlachten.
Trump lästert im Liveticker-Stil
Vor allem in letzter Zeit häuften sich die Negativ-Schlagzeilen über Bidens geistigen Zustand. Die viel beachtete Rede im Kongress mitten im Wahlkampf war daher auch eine Art Bewährungsprobe für Biden, um aus dem Stimmungstief zu kommen.
Der Präsident brachte die mehr als einstündige Rede ohne grössere peinliche Patzer oder Versprecher über die Bühne. Trump ätzte parallel dennoch ohne Unterlass über seinen Kontrahenten und setzte im Liveticker-Stil auf der von ihm mitbegründeten Plattform Truth Social während der Rede drei Dutzend Beiträge ab, in denen er die Performance des Demokraten verspottete.
Innenpolitik: «Einwanderer nicht verteufeln»
Biden konzentrierte sich in weiten Teilen der Rede auf innenpolitische Themen, die viele Amerikaner im Alltag umtreiben: Inflation, Jobs, Medikamentenpreise, Mieten, Steuern, Kriminalität – aber auch die Kosten für Chips und Schokoriegel wie Snickers. Hoch her ging es beim Thema Migration, um das im Wahlkampf besonders hart gekämpft wird.
Mehrfach unterbrachen Republikaner den Präsidenten hier mit Zwischenrufen, die Biden jedoch konterte. Der Präsident distanzierte sich klar von Trumps migrationspolitischem Kurs. «Ich werde keine Familien trennen», sagte der Demokrat. Er werde nicht die Einreise von Menschen aufgrund ihres Glaubens verbieten. Und er werde «Einwanderer nicht verteufeln und sagen, sie seien Gift im Blut unseres Landes».
Stattdessen streckte Biden erneut die Hand zu den Republikanern aus und rief diese zur Zusammenarbeit auf. Zuletzt hatten die Republikaner im Kongress auf Geheiss Trumps ein überparteilich ausgehandeltes Gesetz blockiert, das mehr Ressourcen zur Grenzsicherung und strengere Regeln vorsah.
Wirtschaft: Erfolge kommen beim Volk nicht an
Viel Zeit widmete Biden der Wirtschaftslage, denn die ökonomische Zufriedenheit der Amerikaner könnte die Wahl mit entscheiden. Und genau da hakt es. Die US-Wirtschaft steht eigentlich nicht schlecht da. Die Inflation ist deutlich zurückgegangen. Auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist gut.
Doch bei den Menschen in den USA scheint das nicht anzukommen. Umfragen zufolge sind viele frustriert über hohe Preise im Supermarkt. Biden pries die wirtschaftspolitischen Impulse, die er gesetzt habe, und argumentierte, diese machten sich nicht sofort bemerkbar. «Das braucht Zeit, aber das amerikanische Volk beginnt, es zu fühlen.»
Nahost: Situation in Gaza «herzzerreissend»
Die Aussenpolitik nahm eher weniger Raum ein. Der Präsident setzte jedoch einen besonderen Akzent zum Nahost-Konflikt, da er auch hier bei vielen Wählern zuletzt an Unterstützung eingebüsst hat. Muslime, Amerikaner mit arabischer Herkunft und viele Jüngere im Land beklagen, dass die USA zu einseitig an der Seite Israels stehen und zu wenig tun, um das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung zu lindern. Unweit des Kapitols versammelten sich am gestern Abend Demonstranten.
Biden prangerte bei seiner Rede eindringlich die dramatische humanitäre Lage im Gazastreifen an, versprach den Menschen dort weitere Hilfe und ermahnte Israels Führung, mehr für den Schutz unschuldiger Palästinenser zu tun. Die Situation sei «herzzerreissend», beklagte er. «Israel muss mehr Hilfslieferungen nach Gaza zulassen», mahnte der Demokrat. «Humanitäre Hilfe darf nicht zweitrangig sein oder als Verhandlungsmasse dienen.»
Biden verkündete, er habe das US-Militär angewiesen, einen temporären Hafen an der Küste des Gazastreifens einzurichten, um auf dem Seeweg Hilfe in das Gebiet zu bringen. Angesichts der katastrophalen Lage hatten die USA am vergangenen Wochenende mit Hilfslieferungen aus der Luft begonnen. Bemerkenswert ist, dass sich die USA zu diesen Schritten gezwungen sehen, da ihr Verbündeter Israel, den sie militärisch im Kampf gegen die islamistische Hamas unterstützen, humanitäre Hilfe beschränkt.
Ukraine: «Wir werden nicht weglaufen»
Biden forderte den Kongress auch erneut auf, weitere Hilfen für die Ukraine freizugeben, die sich seit zwei Jahren gegen eine russische Invasion zur Wehr setzt. Russlands Präsident Wladimir Putin werde sich nicht mit der Ukraine zufriedengeben, warnte Biden – und sagte direkt an den Kremlchef gerichtet: «Wir werden nicht weglaufen.»
Die USA galten in den vergangenen zwei Jahren seit dem Beginn des Krieges als wichtigster Verbündeter Kiews und lieferten in gewaltigem Umfang Waffen und Munition. Seit geraumer Zeit gibt es jedoch keinen Nachschub mehr aus den USA. Hintergrund ist eine innenpolitische Blockade im US-Kongress, wo Republikaner weitere Hilfen für Kiew bislang verweigern.
Boris Pistorius in Kiew: Der Verteidigungsminister will mit der ukrainischen Regierung über die weitere militärische Unterstützung im Abwehrkampf gegen Russland beraten. O-Ton Boris Pistorius, Verteidigungsminister
«Das sind ein paar Erwartungen und vor allem die Botschaft, aber auch jetzt, eine Woche vor der Übernahme der Amtsgeschäfte durch den amerikanischen Präsidenten Trump noch einmal das deutliche Signal zu setzen, dass wir in Europa, dass die Nato-Partner an der Seite der Ukraine stehen, gerade auch jetzt in der besonders angespannten Situation.»
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