«Es ist peinlich» Berlins Mär vom Taurus-Ringtausch mit Grossbritannien

phi

8.2.2024

Ein Tornado der deutschen Luftwaffe mit einem Taurus-Marschflugkörper vor dem Start vom Fliegerhorst Büchel.
Ein Tornado der deutschen Luftwaffe mit einem Taurus-Marschflugkörper vor dem Start vom Fliegerhorst Büchel.
imago/StockTrek Images

Der frühere Nato-General Erhard Bühler zeigt auf, warum die Idee eines Taurus-Ringtauschs mit Grossbritannien eine Blendgranate ist. Der Grund: Der Marschflugkörper ist für den Eurofighter Typhoon zu schwer.

P. Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ringtausch: Es gibt die Idee, Grossbritannien die Luft-Boden-Rakete Taurus zu liefern, damit London den Marschflugkörper Storm Shadow an die Ukraine weitergeben kann.
  • Der frühere Nato-General Erhard Bühler erklärt, dass die britischen Kampfjets vom Typ Eurofighter Typhoon den Flugkörper aber gar nicht nutzen können.
  • Der Taurus ist zu schwer, belastet die Struktur des Jets.
  • Der Eurofighter-Jet kann nicht mit dem Taurus landen. Er müsste immer verschossen werden.
  • Nur der Tornado kann den Taurus tragen, der spätestens 2030 ausgemustert wird. 600 Taurus sind dann überflüssig.

Er habe auch schon gesagt, er sei es leid, über Taurus zu reden, räumt Erhard Bühler im MDR-Podcast «Was tun, Herr General?» ein. Doch es gebe mit Blick auf den Marschflugkörper «neue Entwicklungen», die für Deutschland «ein Stück weit peinlich» seien.

Es geht um die Idee eines Taurus-Ringtauschs mit Grossbritannien, erklärt der Generalleutnant a. D.: Berlin gibt den Marschflugkörper an London ab, damit deren Storm Shadow in die Ukraine geliefert werden kann. «Die Voraussetzung dafür ist, dass die Briten den Taurus am Eurofighter [Typhoon] auch nutzen können», schickt der 68-Jährige voraus.

Das Problem: Es gibt laut Bühler «erhebliche Zweifel», dass die Rakete für den Eurofighter geeignet ist. Die deutsche Luftwaffe habe entsprechende Versuche unternommen: «Die Feststellung war damals, dass der Taurus einfach zu schwer ist für den Eurofighter.» So könne der Jet mit dem Marschflugkörper zwar abheben, aber nicht auch mit ihr landen. «Man muss ihn also verschiessen», erläutert der frühere Nato-General.

«Wenn das das Ergebnis ist, ist es peinlich»

Das ist bei einer Waffe, deren Stückpreis bei rund einer Million Euro liegen soll, keine Option. «Das geht natürlich nicht», fährt Bühler fort. «Im Übrigen ist die Belastung des Flugzeugs am Boden auf den Rollwegen oder auf der Startbahn sehr gross. Die Gefahr besteht, dass die Struktur des Fahrwerks und des Flugzeugs Schaden davonträgt.»

Nicht mit dem Taurus kompatibel: ein Eurofighter Typhoon FGR.4 der Royal Air Force beim Start im türkischen Konya.
Nicht mit dem Taurus kompatibel: ein Eurofighter Typhoon FGR.4 der Royal Air Force beim Start im türkischen Konya.
Imago/Pond5 Images

Die Bundeswehr habe deshalb von einer Nutzung am Eurofighter Abstand genommen, sagt der Schwabe. Die Waffe werde daher nur am Tornado genutzt, der jedoch in die Jahre gekommen ist. «Nach und nach» werde der Jagdbomber ausser Dienst gestellt: Wenn er gänzlich aussortiert ist, habe die Bundeswehr «keinen Bedarf mehr» für den Taurus, weiss Bühler. «Es sei denn, es finden sich noch Wege, dass man den Eurofighter fit dafür macht.»

Bühler will auch Rücksprache mit Leuten gehalten, «die sich da auskennen»: Dass die britischen Eurofighter Typhoon die Waffe nutzen können, schliesst er aus. Mit Blick auf den Ringtausch wird der Deutsche deutlich: «Dann macht das Ganze auch keinen Sinn mehr. Und dann weiss ich auch nicht, warum man das den Medien steckt. Das ist nicht aus London gekommen, das ist aus Berlin. Wenn das das Ergebnis ist, ist es peinlich.»

600 Taurus sind spätestens 2030 überflüssig

Italien und Saudi-Arabien wollen den Tornado 2025 ausser Dienst stellen. Die Bundeswehr ist dann alleiniger Nutzer des Musters – und sie rechnet bereits mit Problemen bei Ersatzteilen. Dennoch sollen 85 Tornados bis Ende 2030 weiterfliegen – trotz eines nach eigener Aussage «veralteten Technologiestands».

Grosser Brocken: ein Taurus-Flugkörper vor einem Luftwaffe-Tornado im Juni 2022 bei der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung Berlin.
Grosser Brocken: ein Taurus-Flugkörper vor einem Luftwaffe-Tornado im Juni 2022 bei der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung Berlin.
Imago

Wenn keine technischen Lösungen gefunden werden und kein neuer Krieg vom Zaun bricht, kann Deutschland in sechseinhalb Jahren seine 600 Taurus verschrotten. Denn auch für die F-35, deren Auslieferung 2026 beginnen soll, ist die Waffe laut Bühler nicht geeignet, weil sie nicht intern mitgeführt werden könne. Werde sie aussen aufgehängt, verliere der Jet seine Tarneigenschaften.

Inzwischen ist der Ringtausch aber auch in Berlin kein Thema mehr, nachdem Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die FDP-Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, dem Ganzen eine Absage erteilt hat: «Da hat einer einen Ballon losgelassen und der ist schon auf dem Weg nach oben geplatzt», sagte sie im ZDF.