Internetkabel und Satelliten im VisierAsymmetrische Vergeltung gegen den Westen?
Philipp Dahm
21.11.2024
Pistorius vermutet bei Defekt von Ostsee-Kabeln Sabotage
STORY: HINWEIS: Dieser Beitrag wird ohne Sprechertext gesendet. O-Ton Boris Pistorius (SPD), Verteidigungsminister: «Heute ist der 1000 und erste Tag, wenn ich richtig rechne, des Krieges, den Putin gegen die Ukraine führt. Putin eskaliert immer weiter, am Wochenende mit unter anderem den massivsten Luftangriffen der vergangenen Monate, und zwar praktisch ausschliesslich auf die zivile Infrastruktur. Ganz klar erkennbar mit dem Ziel und mit der Absicht, die Infrastruktur so zu schwächen, dass der Winter eine besondere, noch einmal eine besondere Herausforderung für die ukrainische Zivilbevölkerung wird. Es ist so, es geht um Terror, es geht um Angst. Und es geht um Verunsicherung. (Weissblitz) Wo stehen wir heute? Bis zum Ende des Winters werden rund 75.000 Soldatinnen und Soldaten aus der Ukraine ihre Ausbildung in Europa durchlaufen haben. Ein Viertel davon alleine bei uns in Deutschland. Dann die Artillerie-Munitionsinitiative. Eine Million Schuss, die die Europäische Union zugesagt hatte, ist inzwischen fast komplett in der Ukraine angekommen. Die gute Nachricht: Noch vor einigen Monaten sprachen wir über ein Verhältnis russischer zu ukrainischer Artilleriemunition von 10 bis 12 zu 1 bis 2. Heute sind wir fast paritätisch, das heisst, die Ukraine hat fast so viel Artillerie -Munition zur Verfügung wie Russland. Das ist ein ganz wichtiger zentraler Schritt bei der Art des Krieges, wie er gerade geführt wird. Mehr als ein Drittel der Beschaffungskosten für diese Munition wurden von Deutschland übernommen. Und der Effekt ist messbar. Ich habe es gerade gesagt, die Ukraine hat bei der Feuerkraft deutlich aufgeholt gegenüber den Russen. Und jetzt? Wie geht es weiter? Wir dürfen uns nichts vormachen. Das alles wird nicht reichen. (Weissblitz) Die Verteidigungssituation in Europa ist eine, die sich natürlich an der Bedrohungslage ausrichten muss, an der durch Russland. Und die ist nicht nur eine militärische, sondern eben auch eine hybride. Und das setzt voraus, dass wir die Gesamtverteidigung, also nicht nur die militärische, in den Blick nehmen. Das zeigen übrigens gerade zuletzt auch wieder die beiden beschädigten Datenkabel in der Ostsee zwischen Helsinki und Rostock und Schweden und Litauen. Ein ganz klares Zeichen, dass hier etwas im Gange ist. Niemand glaubt, dass diese Kabel aus Versehen durchtrennt worden sind. Und ich mag auch nicht an Version glauben, dass das Anker waren, die zufällig über diesen Kabeln, wie soll ich sagen, Schaden angerichtet haben. Von daher müssen wir konstatieren, ohne konkret zu wissen, von wem es kommt, dass es sich um eine hybride Aktion handelt. Und wir müssen auch davon ausgehen, ohne es schon zu wissen, versteht sich, dass es sich um Sabotage handelt.»
19.11.2024
Nachdem zwei Internetkabel in der Ostsee beschädigt wurden, bringt die dänische Marine ein chinesisches Schiff auf. Weiter soll Russland sechs Satelliten gestört haben: Experten warnen vor asymmetrischen Krieg.
Philipp Dahm
21.11.2024, 14:01
Philipp Dahm
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Nachdem zwei Internetkabel in der Ostsee beschädigt worden sind, wird ein chinesisches Schiff als Verursacher vermutet.
Die dänische Marine hat die Yi Peng 3 aufgebracht: Sie ankert nun im Kattegat – bewacht von einem Patrouillenboot.
Russland hat seit März mindestens sechs europäische Satelliten gestört, berichtet ein niederländischer Sender.
Unter anderem habe der Sender BabyTV plötzlich russische Propaganda gezeigt.
Experten warnen, dass der Westen seine kritische Infrastruktur besser schützen muss und warnen vor Putins asymmetrischer Kriegsführung.
Erst werden zwei Internetkabel an der Ostsee beschädigt, dann werden nicht weniger als sechs europäische Satelliten gestört. Die Politik spricht offen von Sabotage – und ein Ex-General warnt, dass Moskau sich im Krieg mit dem Westen wähnt.
Doch der Reihe nach: Die Häufung ungewöhnlicher Ereignisse beginnt am Sonntag, dem 17. November 2024. Um 9 Uhr wird rund acht Kilometer vor der Insel Gotland ein Internetkabel der Firma Arelion zerrissen. «Wir haben es sofort entdeckt, als es passiert ist», sagt CEO Mattias Fridström dem schwedischen Sender SVT. «In der Sekunde, in der es passiert, wird in unserem System ein Alarm ausgelöst.»
Keine 20 Stunden später erwischt es das nächste Kabel: Am Montagmorgen um 3 Uhr wird die Verbindung zwischen Helsinki und Rostock gekappt, das die finnische Firma Cinia durch die Ostsee nach Deutschland verlegt hat. SVT berichtet am Montag, die Behörden würden ermitteln – und hätten bereits einen Verdächtigen im Auge.
Ein Abgleich mit öffentlich zugänglichen Bewegungsdaten habe demnach ergeben, dass ein Schiff aus China zu den fraglichen Zeiten in der Nähe der Kabel gewesen sei. Der mögliche Verursacher werde von der dänischen Marine beschattet, heisst es weiter. Die Information entpuppt sich bald als richtig.
Kopenhagen beordert die Fregatte HDMS Hvidbjoernen und das Patrouillenboot P525 auf die Fährte des verdächtigen Frachters. Die Yi Peng 3 war am 15. November von ihrem Ankerplatz nahe St. Petersburg aufgebrochen und ist auf dem Weg nach Port Said in Ägypten. Am Abend des 19. November schlägt die dänische Marine zu, weiss «Defence 24».
Die Yi Peng 3 wird demnach beim Grossen Belt aufgebracht und liegt nun im Kattegat vor Anker – gleich daneben hält P525 Wache. China bestreitet laut dem norwegischen Sender NRK, in eine Sabotage verwickelt zu sein. Wie es mit dem Schiff weitergeht, ist unklar. Auch der Kreml hat eine Beteiligung weit von sich gewiesen.
«Russland sabotiert sechs europäische Satelliten»
«Es ist ziemlich absurd, kontinuierlich Anschuldigungen ohne Substanz gegen Russland vorzubringen», zitiert die staatliche Nachrichtenagentur «Tass» Wladimir Putins Sprecher Dmitri Peskow. «Denn es ist vielmehr die Ukraine, die terroristische Sabotageaktionen in der Ostsee durchführt.» Peskow spielt auf die Pipeline Nord Stream, die offenbar ein von Kiew gesteuertes Kommando gesprengt hat.
Das Misstrauen der Skandinavier hat seinen Grund: Im Oktober 2023 hat das chinesische Schiff Newnew Polar Bear mit seinem Anker die Gas-Pipeline Balticconnector beschädigt. Ein Unfall mit einem Anker kann im aktuellen Fall aber ausgeschlossen werden, weil die Internetkabel in einer Tiefe von rund 170 Metern liegen.
Doch nicht nur unter Wasser macht die kritische Infrastruktur Probleme. Auch über dem Himmel wird Technik gestört: «Russland sabotiert sechs europäische Satelliten», meldet die niederländische «Nieuwsuur». Es geht dabei um verschiedene Vorfälle, die am 16. März begonnen haben sollen.
Russische Propaganda bei BabyTV
Damals war beim Sender KPN das Kinderprogramm unterbrochen worden. Eine Stunde lang wurde ein Störbild gezeigt, ohne dass es jemand mitbekommen hat, so «Nieuwsuur». Erst Monate später sei die Sache bemerkt worden. Zur gleichen Zeit war aber auch die Übertragung des ukrainischen Fernsehsenders FreedomTV unterbrochen worden.
Statt des regulären Programms sei ein russisches Propagandavideo gezeigt worden. Russland soll das durch einen «Signal-Hijacking-Angriff» eines Eutelsat-Satelliten erreicht haben. Am 28. März wie auch am 17. April sei auf dem Kanal BabyTV russische Propaganda zu sehen gewesen.
Experten vermuten, dass der Ausfall bei BabyTV ein Kollateralschaden sei und eigentlich ein ukrainischer Sender Ziel der Attacke gewesen sei. Mindestens vier Satelliten des französischen Unternehmens Eutelsat und einer vom luxemburgischen Unternehmen SES seien betroffen. Die Störung von Satelliten sei verboten, aber es gebe keine Sanktionsmöglichkeiten.
«Die Russen denken, dass sie mit uns im Krieg sind»
«Es ist bedauerlich, dass so etwas passiert», sagt Patrick Bolder vom The Hague Center for Strategic Studies (HCSS) «Nieuwsuur». «Es zeigt, dass wir nicht resilient sind. Wir sind uns unserer Verletzlichkeit nicht ausreichend bewusst.» Ins selbe Horn stösst der finnische Verteidigungsminister.
«Nato und EU müssen viel mehr tun, um die kritische Infrastruktur zu schützen», sagt Antti Häkkänen «Politico». «Wir wissen, dass Russland Kapazität und Willen hat, Sabotage in Europa zu betreiben.» Das sieht auch der frühere Kommandeur der US-Truppen in Europa so. «Ich glaube, die Russen denken, dass sie mit uns im Krieg sind», sagt Ben Hodges der «Kyiv Post».
«Fakt ist: Sie sind im Krieg mit uns», so der frühere Generalleutnant. «Einfach nicht im traditionellen Sinn von kinetisch. Schiffe, Panzer, Flugzeuge – solche Sachen.» Der 66-Jährige spricht von asymmetrischer Kriegsführung. Der Westen müsse das einsehen und sich auf derlei Bedrohungen einstellen, mahnt Hodges.
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