Jury berät ab Mittwoch im SchweigegeldprozessZahlung an Pornostar laut Anklage möglicher Grund für Trumps Wahlsieg
Von Benno Schwinghammer, dpa
29.5.2024 - 05:37
Finale im Trump-Prozess: Verteidigung fordert Freispruch
New York, 28.05.2024:
Im Finale des historischen Prozesses gegen Donald Trump in Zusammenhang mit Schweigegeld für einen Pornostar hat die Verteidigung die Unschuld des ehemaligen US-Präsidenten beteuert. Trump habe kein Verbrechen begangen und die Staatsanwaltschaft habe ihre Vorwürfe nicht belegen können. Das sagt der zuständige Verteidiger bei seinem Schlussplädoyer zu den zwölf Geschworenen in New York.
Dem erneuten Präsidentschaftsbewerber droht bei einer Verurteilung eine mehrjährige Freiheitsstrafe, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, oder eine Geldstrafe. Er hat auf nicht schuldig plädiert.
29.05.2024
Die Schlussplädoyers sind vorbei. Nach sechs turbulenten Wochen vor Gericht müssen sich die Geschworenen im Trump-Prozess nun auf ein Urteil über den Ex-Präsidenten einigen. Es kann jederzeit fallen. Und: Es geht auch um die Wahl im Herbst.
29.05.2024, 05:37
29.05.2024, 14:15
dpa
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Im Schweigegeldprozess gegen Donald Trump haben Verteidigung und Anklage ihre Schlussplädoyers gehalten.
Der Wert verschleierter Zahlungen an Erotikdarstellerin Stormy Daniels und andere Personen, die vor der Wahl 2016 mit angeblichen Sexskandalen Trumps an die Öffentlichkeit gehen wollten, könne nicht hoch genug eingeschätzt werden, sagte Staatsanwalt Joshua Steinglass.
Vor dem Vortrag der Anklage hatte Trumps Verteidiger dessen Unschuld beteuert. So habe er kein Verbrechen begangen und die Staatsanwaltschaft habe ihre Vorwürfe nicht belegen können, sagte Todd Blanche.
Im historischen Schweigegeldprozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump in New York könnte ab Mittwoch jederzeit ein Urteil fallen. Verteidigung und Anklage beendeten am Dienstagabend ihre Schlussplädoyers – damit ist nun die Jury am Zug. Diese wird sich zurückziehen, um ein einstimmiges Urteil zu fällen. Normalerweise dauern diese Beratungen zwischen einigen Stunden und mehreren Tagen.
Im Falle eines Schuldspruchs im ersten Strafprozess gegen einen ehemaligen US-Präsidenten wird Richter Juan Merchan das Strafmass an einem gesonderten Termin festlegen. Trump droht bei einer Verurteilung eine mehrjährige Freiheitsstrafe, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, oder eine Geldstrafe. Der Republikaner hat auf nicht schuldig plädiert und könnte selbst im Falle eines Schuldspruchs bei der Präsidentenwahl im November antreten. Sollten die Geschworenen sich auch nach längerer Beratung nicht einigen können, wäre der Prozess geplatzt. Dann könnte er mit einer anderen Jury erneut aufgerollt werden.
Seit Mitte April wurden mehr als 20 Zeuginnen und Zeugen in dem Verfahren angehört. Die Staatsanwaltschaft wirft Trump vor, er habe seine Aussichten auf einen Erfolg bei der Präsidentschaftswahl 2016 durch die Zahlung von 130'000 Dollar Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels verbessern wollen und den Geldfluss anschliessend unrechtmässig verbucht. Obwohl die – von keiner Seite bestrittene – Zahlung selbst nicht illegal war, soll der heute 77-Jährige bei der Erstattung des Betrags an seinen damaligen persönlichen Anwalt Michael Cohen Unterlagen manipuliert haben, um den wahren Grund der Transaktion zu verschleiern. Dadurch habe er sich der illegalen Wahlkampf-Finanzierung in 34 Fällen schuldig gemacht.
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J. David Ake/AP/dpa
Vor dem Ende des Prozesses hatten Verteidigung und Anklage eine letzte Möglichkeit, die Meinung der zwölf Geschworenen in dem weltweit beachteten Fall noch einmal zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Staatsanwalt Joshua Steinglass sagte: «Dieses Komplott, das diese Männer damals ausgeheckt haben, könnte durchaus dazu geführt haben, dass Präsident Trump gewählt wurde.» Er verwies dabei auf einen mutmasslichen Plan von Trump, seinem damaligen Anwalt Michael Cohen und von David Pecker, dem Herausgeber eines Boulevard-Magazins, zum Unterdrücken unliebsamer Geschichten direkt vor der Präsidentenwahl 2016, um Trumps Chancen gegen Hillary Clinton zu wahren. Dies mündete letztendlich auch in der Zahlung an Daniels. Der Wert verschleierter Zahlungen an Daniels und andere Personen, die vor der Wahl 2016 mit angeblichen Sexskandalen Trumps an die Öffentlichkeit gehen wollten, könne nicht hoch genug eingeschätzt werden, sagte Staatsanwalt Steinglass weiter.
Trumps Verteidiger beteuerte derweil dessen Unschuld: Sein Mandant habe kein Verbrechen begangen und die Staatsanwaltschaft habe ihre Vorwürfe nicht belegen können, sagte Todd Blanche. Er griff erneut die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen an: «Sie können Präsident Trump auf Grundlage der Aussagen von Michael Cohen nicht zweifelsfrei eines Verbrechens verurteilen.» Der ehemalige persönliche Anwalt Trumps habe wie so oft auch bei seiner Zeugenaussage gelogen. Cohen sei «der grösste Lügner aller Zeiten», sagte Blanche.
Richter Juan Merchan instruierte die Geschworenen: «Sie und Sie allein sind in diesem Fall die Richter der Tatsachen.» Der Richter rügte Anwalt Blanche zum Ende seines Vortrags wegen dessen Forderung an die Jury, Trump nicht ins Gefängnis zu schicken. Die Geschworenen legen das Strafmass nicht fest.
Das Urteil dürfte sich auch auf den gegenwärtigen Wahlkampf in den Vereinigten Staaten auswirken – die Frage dabei ist aber: wie stark und zu wessen Vorteil? Trump versucht die Anschuldigungen in einen persönlichen Vorteil umzumünzen und seine Anhängerschaft zu mobilisieren, indem er sich als Opfer einer politisch motivierten Justiz inszeniert. Amtsinhaber Joe Biden wiederum, der im November wiedergewählt werden möchte, scheint von der Prozessarie gegen seinen Herausforderer bislang nicht erkennbar zu profitieren.
US-Medien spekulierten angesichts der starken Spaltung der US-Gesellschaft und der polarisierenden Figur Trump, es sei wahrscheinlicher als in anderen Prozessen, dass sich die Geschworenen nicht auf ein Urteil einigen können.
Trump erschien am Dienstag wie an jedem Sitzungstag in einem dunkelblauen Anzug. Unter den mehr als einem Dutzend Personen in seiner Entourage waren auch drei seiner Kinder: Donald Trump Junior, Eric Trump und Tiffany Trump. Ehefrau Melania blieb dem Prozess, in dem es oft um Details zur angeblichen Untreue Trumps ging, stets fern.
Tatsächlich war die Aussage von Pornostar Daniels ein Höhepunkt des Prozesses, auch weil sie peinlich genau erzählte, wie sie Sex mit Trump hatte. Den ehemaligen Präsidenten liess das nicht besonders gut aussehen. Einen Prozess-Reporter veranlasste es dazu, das Verfahren mit einer Reality-Show zu vergleichen.
Staatsanwalt Steinglass und Verteidiger Blanche versuchten dabei am Dienstag, die Geschworenen mit unterschiedlichen Taktiken zu erreichen. Blanche versuchte an vielen Darstellungen der Anklage Zweifel zu säen, präsentierte den Geschworenen aber selten eine alternative Erklärung für die Ereignisse rund um das Schweigegeld. Steinglass dagegen rückte die Vorkommnisse in die Nähe einer Verschwörung, um den Ausgang der US-Präsidentenwahl illegal zu beeinflussen.
Vor allem Cohen hatte Trump bei seiner Aussage belastet: Dieser habe die Rückerstattung des – kurz vor seinem Wahlsieg bei der Präsidentenwahl 2016 gezahlten – Schweigegeldes als Anwaltshonorar an Cohen illegal verbucht. Bei einem harten Kreuzverhör durch Trump-Anwalt Blanche wurde zwar deutlich, wie oft der Kronzeuge in der Vergangenheit öffentlich gelogen hat, trotz der teils provokanten Fragen behielt der 57-Jährige aber die Contenance. Die Anklage bestritt nicht, dass Cohen eine langwährende Geschichte von Unwahrheiten hat, betonte am Dienstag jedoch auch, dass eine Reihe weiterer Zeugen und Dokumente dessen für den Fall zentrale Darstellung stützen.
Trump: Mal interessiert, mal mit geschlossenen Augen – stets grimmig
Der Prozess findet unter beispiellosem medialem Interesse und strengsten Sicherheitsvorkehrungen in Downtown Manhattan statt. Trump war bei den Sitzungen stets anwesend und variierte die Farbe seiner Krawatte von Tag zu Tag. Für den kurzen Fototermin zu Beginn der Sitzung setzte er regelmässig ein grimmiges Gesicht auf. Einige Zeugen-Befragungen schien Trump interessiert zu verfolgen, an anderen Tagen waren sich US-Medien sicher, dass er die Augen über längere Zeit geschlossen hielt, weil er eingedöst war.
Trump nutzte den Prozess und den Medienauflauf für den Wahlkampf und monologisierte vor Gerichtssaal 1530 häufig darüber, dass das Verfahren politisch motiviert sei. Dabei schaffte er es im Verlauf des Prozesses jedoch immer besser, sich an die Anweisung von Richter Merchan zu halten, sich nicht über Prozessbeteiligte zu äussern.